Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour
daß ich nicht Norman Mailerbin«, sagte ich zu Carl. Am liebsten hätte ich mich im Flughafen lang hingelegt und alles sausen lassen. Ich kannte eine Menge Leute, die Reisen so schön fanden. Und andere gingen durch dunkle Gassen wegen des Nervenkitzels, daß man sie vielleicht umbringen würde.
»Wir fahren mit dem Zug nach Paris, ganz einfach«, sagte ich.
»Laß uns was essen gehen«, sagte Linda.
Wir schoben unseren Wagen mit dem Gepäck ins Restaurant und fanden einen freien Tisch. Als wir uns da hingesetzt hatten, kam ein Ober vorbei, rutschte auf was aus; er fiel hin und mit ihm sein großes Tablett; Geschirr zerbrach, Essen rutschte und rollte stinkend auf dem Boden herum. Es war eine ganze Menge, und es hatte mich nur knapp verfehlt. Es herrschte Totenstille, und der Ober rappelte sich wieder auf und fing an, das Verschüttete und Zerbrochene zusammenzukratzen, und jeder beobachtete ihn dabei. Nun, er konnte jetzt wenigstens nach Hause gehen und sich einen zupfen und dann die Stellenangebote durchgehen. Es kam jemand vorbei und half ihm. Das meiste kriegten sie weg, und dann kam ein Gehilfe oder der Tellerwäscher raus mit einem Wischtuch und wischte den Boden über; ein- oder zweimal fühlte ich die nassen, dreckigen Fetzen des Wischtuchs gegen meine Knöchel schlagen. Es stimmte doch, daß das Leben nicht zum Aushalten war, nur den meisten Leuten hatte man beigebracht, so zu tun, als wenn das nicht so wäre. Dann und wann kam es mal zu einem Selbstmord, oder es wurde jemand ins Irrenhaus gesteckt, aber im großen und ganzen taten die Massen weiterhin so, als sei alles wie üblich schön.
Nach kurzer Zeit bestellten wir. Bei einem anderen Ober. Der, der ausgerutscht war, war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich zupfte er sich schon einen auf dem Klo und rief seine Mutter an. Ich fing an, die Anarchie zu begreifen: ich bestellte zwei Bier. Die anderen bestellten verschiedene Gerichte mit Tee, Limonaden, Eisbecher und Kirsch törtchen.
»Das Bier wird dir nicht bekommen«, sagte Linda Lee.
Carl saß da und kuckte durch seine i cm dicken Brillengläser, als Mikey sich daranmachte, die Papierservietten in Brand zu setzen. »Was für eine Scheiße!« sagte Carl.
Dann kam auch schon das Essen und es war wie Flughafenessen überall - keiner kriegte es runter. Mikey stand sich mit seinem Teller Pommes frites noch am besten, nach einem Drittel der Portion hatte auch er die Nase voll und versuchte den Rest anzustecken; es ging nicht, sie waren schon verbrannt. Wir machten dort also Schluß, und dann ging es zurück zum Auto mit all dem Gepäck und dem Fotoapparat, und wir verstauten alles und stiegen selbst ein und fuhren los in Richtung Bahnhof. Carl fuhr uns die ganze Zeit herum, was ihn ganz schön Zeit kostete, Waltraut sympathisch wie eh und jeh, und Mikey wartete auf seinen Einsatz, das Universum zu testen. Solche Freunde zu haben bedeutet vor dem Maul des Hais fiir immer sicher zu sein und macht die kleinen menschlichen Belange bei weitem wundersamer als die toten Dome.
Auf dem Bahnsteig hatten wir also D-Mark, Francs und Dollars, wir warteten, und Carl sagte:
»Ich werde Barbet anrufen und ihm sagen, wann ihr in Paris ankommt. Und wenn ich ihn nicht erreiche, versuche ich es bei Rodin oder Jardin.«
»Danke, Carl...«
Wir machten ein paar Trickaufnahmen mit dem Fotoapparat, während wir warteten, und dann sagten wir auf Wiedersehen, stiegen in den Zug ein, hinzu kommt noch das Abschiedswinken durchs Zugfenster, als wir abfuhren. Wenn man das ernst nimmt, dann ist das eins der traurigsten Erlebnisse im ganzen Leben, und am besten wendet man den Trick an, man sei gelangweilt, sonst kann einem das an die Nieren gehen, und außerdem hält der Zug nicht an oder fährt rückwärts, da wenigstens nicht, und so ist das also ein bißchen langsames Sterben, gar nicht gut, am besten geht man ins Abteil und setzt sich hin und sucht nach Eisenbahnkarten und Zigaretten, kontrolliert das Gepäck, so daß einem später nichts auf den Kopf fällt, kuckt nach, ob sich die Armstützen verstellen und versenken lassen, so daß man sich hinlegen kann, kontrolliert den Paß und die Verstopfung, überlegt anschließend, wie und wann man was zu trinken holt.
23
Linda erklärte mir, daß der Zug keinen Speisewagen und keinen Ausschank habe, daß aber in Kürze der Mann mit dem Getränkewagen durchgehen würde.
»Och, das sagen die nur, damit man nicht auf den Gängen rumrennt. «
»Nein, das steht hier im
Weitere Kostenlose Bücher