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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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gingen den Hügel wieder hinunter.
    »Aber das Merkwürdige ist«, sagte ich, »dass in einer anderen Version der Gottessteingeschichte behauptet wird, er habe bei religiösen Spannungen hier in den 1850ern eine Rolle gespielt.« Ich fasste Derry Costellos Erzählung zusammen, wonach der Vorwurf des Aberglaubens und der Götzenanbetung dazu geführt hatte, dass man den Stein außer Dienst stellte.
    »Ich glaube, das hängt mit der Art und Weise zusammen, wie Gemeinschaften an ihren eigenen Legenden stricken. Dabei wird oft überliefert, dass etwas Schlimmes passiert ist, aber es wird anders erzählt, sodass sie es gleichzeitig einräumen und unschädlich machen können.«
    »Nun, ich glaube, die Wahrheit wird bald ans Licht kommen. Senans Mutter sagte, sie habe das Gefühl, die Sache liege
so weit zurück, dass man sie nun kundtun könne. Und vielleicht kommt es so – dank Charlottes Brief.«
    »Ja. Arme Charlotte. Wenn man sich vorstellt, dass sie im Jahr darauf gestorben ist.«
    »Aber sie hat ihre Geschwister überlebt, nicht wahr?«
    »Ja. Anne, Emily und ihr Bruder Branwell starben alle 1848, Charlotte sieben Jahre später im Alter von neununddreißig.«
    Dasselbe Alter, in dem Kim Tyrells Leben endete. Dasselbe Alter, in dem ich jetzt war. Aber in ein paar Monaten würde ich älter sein, als sie alle wurden. Ich hatte eine dieser plötzlichen Eingebungen, einen Blick auf die Wahrheit durch einen Spalt in der Alltagsrealität. Etwas darüber, wie absurd das Leben ist, aber die durchdringende Klarheit des Augenblicks verpuffte, und der Spalt schloss sich fast im selben Moment, in dem er sich aufgetan hatte.
    Auf dem Rückweg in der Dämmerung war ich bestürzt, welch anderen Anblick die Ferienhäuser von George’s Heights von hier gesehen boten. Selbst im Zwielicht standen die weißen, scharfkantigen Blöcke in starkem Kontrast zu dem ausladenden Bogen des Landes, das hinter ihnen anstieg, und man hatte das Gefühl, als würde die ursprüngliche Wildheit der Begegnung zwischen Klippen und Meer in der Nähe wesentlich verringert. In der Ferne standen vereinzelt Bauernhöfe und Ferienhäuser; die Landschaft hier war in keiner Weise unberührt. Aber ihre Kolonialisierung durch die Ferienhausanlage ging einen Schritt zu weit.
    Aus archäologischer Sicht war eine unersetzbare Stätte des frühchristlichen Klosterwesens ausgelöscht worden, um einer Zusammenballung von Teilzeithäusern Platz zu machen, die man überall in der Gegend hätte bauen können. Und meine Entdeckung in der Meereshöhle bewies, dass es tatsächlich drei Zentren spiritueller Aktivität nahe beisammen gegeben
hatte, die vielleicht jeweils einem anderen Zweck dienten, was vorläufig aber nur Spekulation sein konnte. Auf Bishop’s Island mochten eines Tages Ausgrabungen stattfinden, die Einsiedlerhöhle mochte erkundet werden, aber die Stätte auf der Landspitze war für immer verloren.
    Jede Generation hat ihre Strandräuber.

47
    W ährend des Abendessens bei Kendrick berichtete ich von meiner Unterhaltung mit Zitaras. Das Einzige, was ich vorsätzlich ausließ, waren seine Erklärungen über die Reinheit des Heroins, das Sarah genommen hatte. Es hätte nichts mehr genutzt, es Kendrick jetzt zu sagen.
    »Glauben Sie Zitaras’ Behauptung, dass Michael Carmody das Mädchen getötet hat?«
    »Barry McGann hat es mir inzwischen bestätigt. McGann behauptet außerdem zu wissen, wo Lena begraben liegt. Er wollte aus irgendeinem Grund sogar, dass ich Michael Carmody treffe.«
    »Da wäre ich vorsichtig.«
    »Das war ich. Aber ich habe eingewilligt, McGann morgen früh zu treffen. Und einmal mehr wäre ich dankbar, wenn Sie mir den Rücken freihalten würden.«
    »Natürlich. Sagen Sie, dieser Michael Carmody – wie sieht er aus?«
    »Schwarze Locken, nicht unähnlich meinen eigenen. Rundliches, weiches Gesicht. Kleiner Schmollmund. Züge, die ich bei einem Kleinkind attraktiv finden würde, aber nicht bei einem erwachsenen Mann.«
    »Hm. Ich glaube, ich habe ihn an dem Abend, an dem ich Zitaras’ Leuten nachgeschlichen bin, in der Bar gesehen. Er hat sie begrüßt, als er zur Tür hereinkam, und einer von ihnen hat seinen Namen gesagt.«

    Das war der Abend gewesen, an dem Michael mit mir vom Crabshell in die Stadt spaziert war. Er hatte gesagt, er würde noch auf einen Drink gehen.
    »Hat er sich mit Zitaras’ Männern getroffen?«
    »Nein. Er hat sich allein an die Bar gesetzt. Und die ganze Zeit, die er dort saß, hat er mir schöne Augen

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