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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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bemerkt.

    Als ich den Kopf wandte, sah ich das Schlauchboot aus der Bucht steuern und nach Norden, in Richtung Kilkee halten.
    Der Begleiter der Frau kam nun ins Bild – ein gelehrt aussehender Mann Mitte vierzig mit schütterem Haar und Brille, der besorgt dreinschaute. Er war angemessener gekleidet als sie, mit Jeans, einem roten Pullover und Wanderstiefeln. »Es ist unnötig, ein Risiko einzugehen, Sarah. Weiter vorn sehen wir, wie es ist.«
    Er hatte recht. Ein Stück den Pfad entlang hatte man einen guten Blick auf die Steilwand bis hinunter zum Meer. Aber es ließ ihn wie einen Schlappschwanz klingen, und die Art, wie seine Augen auf die Linsen seiner Brille gemalt zu sein schienen, wirkte diesem Eindruck nicht entgegen.
    »Ach, sei doch kein solcher Langweiler, Giles.« Sie begann, sich der Klippe zu nähern.
    Da ich sie nicht auf meinem Weg heraufkommen gesehen hatte, nahm ich an, sie waren auf der alternativen Route zur Rückseite des Lookout Cliffs gefahren – über die Straße von der Stadt zum Loop Head. Ein Blick bestätigte es: Ein roter Wagen stand mit blinkender Warnanlage am Eingang zu dem kurzen Pfad, der von der Straße heraufführte.
    Sarah klatschte in die Hände. »Wow, das ist ja sensationell.« Sie winkte ihren Begleiter heran. »Komm, Giles – wir legen uns auf den Bauch und schauen über die Klippe. Leb mal ein bisschen, um Himmels willen.« Sie wirkte ein wenig zu sehr begeistert, und einen Moment lang befürchtete ich, sie könnte betrunken sein.
    »Mach du nur, ich warte.« Er war verärgert.
    Ich beschloss, dass es Zeit war, zu gehen. Ich stand auf und lächelte ihr zu, während ich Platz für sie am Rand der Klippe machte.
    »Danke«, sagte sie und schritt forsch an mir vorbei. Sie
hatte vorzügliche, leicht vorstehende Zähne, und als sie ihre Sonnenbrille in die Stirn schob, kamen große braune Augen über scharf geschnittenen Wangenknochen zum Vorschein. Ich schätzte sie auf höchstens dreißig, auch wenn ihre altmodische Kleidung sie älter aussehen ließ.
    Ein Gefühl ließ mich innehalten und mich umdrehen, während sie sich dem Rand ein wenig zu selbstbewusst näherte. Plötzlich flog eine Seemöwe über die Steilwand herauf, doch anstatt abzudrehen, schien sie direkt auf Sarah zuzusteuern. Die Frau machte eine Seitwärtsbewegung, um ihr auszuweichen, blieb aber mit der Sandale an einem Grasbüschel hängen und geriet ins Stolpern. In dem Versuch, das Gleichgewicht zu wahren und gleichzeitig abzubremsen, drehte sie sich schließlich mit dem Rücken zur Klippe und versuchte, mit rudernden Armen irgendwo Halt zu finden.
    »Sarah!«, schrie ihr Begleiter.
    Ich sprang vor, packte sie am Riemen ihrer Tasche und riss sie vom Rand zurück.
    Giles eilte an meine Seite und half mit, Sarah zu stabilisieren.
    »Puh, das war aber knapp«, sagte sie so ruhig, als wäre es jemand anderem passiert. »Gott sei Dank waren Sie hier«, fügte sie mechanisch an und nickte mir zu, während er sie zum Pfad zurückführte.
    »Ja, danke«, sagte Giles.
    Mein Herz hämmerte.
    »Ich heiße übrigens Giles Kendrick. Und das ist Sarah Baxter.«
    »Illaun Bowe.«
    »Danke noch mal«, sagte er. Er packte Sarah an den Schultern und schimpfte: »Das wäre nicht passiert, wenn du …«
    »Oh, Giles. Nicht jetzt, bitte.«

    Er ließ ihre Schultern los und umarmte sie wieder. »Tut mir leid. Ich bin nur selbst ein wenig erschrocken.«
    Mit immer noch wild klopfendem Herzen drehte ich meine Mütze nach vorn und ging den Weg zurück, den ich gekommen war, um eine drei Kilometer weite Wanderung fortzusetzen, die mich zu einer Felssäule im Meer führen würde, die als Bishop’s Island bekannt war. Nachdem ich den Pfad nach einigen Metern verlassen hatte, ging ich über einen breiten grasbewachsenen Streifen, der am nächsten Klippenabschnitt entlangführte. Bei einem Blick zurück sah ich das Paar in verschiedene Richtungen gestikulieren. Offenbar hatten sie sich noch nicht darauf geeinigt, wohin sie als Nächstes gehen wollten.
    Zwanzig Minuten später blickte ich auf Bishops Island hinüber, das einige Steinwürfe von der Klippe entfernt war, auf der ich stand. Die Säule mit ihrer flachen Oberseite erhob sich senkrecht aus dem Meer und war geformt wie ein überdimensionaler Flugzeugträger, dessen Bug mir zugewandt war. Die von Gras bedeckte Entsprechung des Flugdecks war etwa so lang und breit wie ein Fußballplatz. Aus der ebenen Oberfläche ragte nur etwas heraus, das auf den ersten Blick wie ein Haufen

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