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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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hatte keinen Beweis in der Hand, und darum sagte ich mir, dass ich vergessen musste, was geschehen war. Ich musste Brown Jenkin vergessen, wenn ich nicht verrückt werden wollte, so wie es beinahe meiner Mutter ergangen wäre.«
    Ich trank meinen Tee aus. »Sind Sie hergekommen, um nach ihm zu suchen?«
    »Falls Sie nichts dagegen haben.«
    »Natürlich nicht.« Ich wusste nicht, ob ich glauben sollte, dass Brown Jenkin in der Nacht Kinder raubt. Aber ich glaubte, dass da oben im Speicher des Fortyfoot House irgendetwas sehr Unangenehmes und Beunruhigendes war. Je eher wir es loswurden, desto besser.
    »Also gut«, sagte Harry und stand auf. »Dann werde ich mich mal vorstellen.«
    »Das Licht auf dem Dachboden ist leider kaputt, und ich habe keine Taschenlampe. Ich wollte gestern eine kaufen, hab's dann aber vergessen.«
    »Kein Problem. Ich habe eine in meiner Tasche, zusammen mit dem übrigen Handwerkszeug.«
    Er ging zurück ins Haus, nahm seine Ledertasche und öffnete die Verschlüsse. »Ich habe alles Notwendige dabei«, sagte er. »Fallen, Draht, vergiftete Köder. Sogar einen verdammt großen Hammer. Die beste Methode, um eine Ratte zu töten.«
    Mit Unbehagen sagte ich: »Ihre Frau hat gesagt, ich solle Sie nicht bitten, nach Brown Jenkin zu suchen. Ich glaube, ich sollte Ihnen das auch nicht gestatten.«
    Harry zog eine lange verchromte Taschenlampe hervor. »Sie haben mich nicht gebeten, mein Freund. Und was das Gestatten angeht... Sie sind nicht der Hausherr, Sie sind der Handwerker, mehr nicht. Und was ich tun will, das tue ich auch. Damit sind Sie aus dem Schneider.«
    Ich warf Liz einen Blick zu, doch sie reagierte nur mit einem Achselzucken.
    »Sie müssen das wirklich nicht machen«, sagte ich. »Im Lauf des Tages kommt jemand von Rentokil.«
    Harry legte eine Hand fest auf meine Schulter und sah mich lange an. »Rentokil, mein Freund, ist was für Ameisen und Küchenschaben und Trockenfäule. Das hier ist Arbeit für einen Rattenfänger.« Er tippte sich an seine Stirn. »Gegen eine Kreatur wie Brown Jenkin muss man Psychologie einsetzen. Man muss ihr immer einen Schritt voraus sein.«
    »Wenn Sie das sagen.«
    In diesem Moment kam Danny mit seiner leeren Schüssel herein. »Was machen Sie mit der Ratte, wenn Sie sie gefangen haben?«, fragte er Harry. »Stecken Sie sie in einen Käfig und halten Sie sie dann als Haustier?«
    »Diese Ratte nicht«, sagte Harry.
    »Ich wollte mit meiner Wasserpistole auf sie schießen, aber Daddy hat vergessen, eine Taschenlampe zu kaufen.«
    Harry bedachte mich mit einem Lächeln. Danny begab sich nach draußen, um zu spielen, während ich Harry voraus nach oben ging. Als seine ledernen alten Hände nach dem Geländer griffen, sah ich, dass an der rechten Hand die Spitzen von Zeige-und Mittelfinger fehlten. Dafür hatte eine Ratte sicherlich einen Schlag mit dem Hammer bekommen.
    »Warum sind Sie hergekommen?«
    »Ihr Junge«, knurrte er.
    »Danny?«
    »Genau. Nachdem Sie gestern bei mir gewesen sind, bin ich nach Bonchurch spaziert, um mir das Haus noch einmal anzusehen. Um meine Erinnerung aufzufrischen. Seit zwei oder drei Jahren war ich nicht mehr hier. Vielleicht sogar noch länger. Ich bin am Gartentor stehen geblieben und habe Ihren Sohn am Teich spielen sehen. Er hatte mir den Rücken zugewandt, und für eine Sekunde ...« Er machte eine Pause und schluckte heftig, während sein Adamsapfel auf und ab tanzte. »Für eine Sekunde glaubte ich, er sei mein Bruder William.«
    Er musste weiter nichts erklären. Ich öffnete die Tür zum Dachboden, er schaltete seine Taschenlampe ein. »Nach Ihnen«, sagte ich. »Aber passen Sie bloß auf.«
    Harry bemerkte den Luftzug, der uns aus der Dunkelheit entgegenschlug. »Ich kann keine Ratte riechen«, sagte er.
    »Wie riechen denn Ratten üblicherweise?«
    »Oh, das lernt man mit der Zeit. Sie riechen nach Pisse und Sägemehl und irgendetwas anderem, irgendetwas für Ratten Typischem, wie eine Mischung aus Tod und Babys.«
    »Benutzen Sie nicht Ihren Hammer?«, fragte ich.
    »Nicht jetzt. Jetzt will ich mich nur umsehen. Ich möchte abschätzen, worauf ich mich einstellen muss.«
    »Eine verdammt große Ratte, so groß wie ein Cockerspaniel, glauben Sie mir«, warnte ich ihn.
    Schwerfällig stieg er die Stufen hinauf und erkundete mit dem Strahl seiner Taschenlampe die Dunkelheit. Ich folgte dicht hinter ihm, auch wenn ich alles darum gegeben hätte, wieder nach unten und raus in den Sonnenschein gehen zu können. Was,

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