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Die Orangen des Präsidenten

Die Orangen des Präsidenten

Titel: Die Orangen des Präsidenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbas Khider
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den Tauschhandel. Es war wie in einer Geschichte aus
Tausendundeine Nacht
. Als hätten die Menschen das Losungswort »Sesam, öffne dich« tatsächlich gefunden und das Felsentor der Schatzkammer weit geöffnet.

    Einige Tage nach dieser Wiedergeburt nahmen die Aufständischen Kontakt mit mir auf. Sie besuchten mich zu Hause. Vier bewaffnete Männer, begleitet von Aloan. Sie beschworen mich, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Aufgrund meiner geschwächten Konstitution bekam ich eine einfache Aufgabe im Viertel und nicht an der Stadtgrenze, wie die meisten anderen Aufständischen.
    Sie gaben mir eine Pistole und einen Zettel, der als Ausweis galt, mit dem Stempel »Freie Irakische Republik« und meinem Namen neben dem Titel »Schützer der Revolution«. Meine Aufgabe war es, mit Aloan und drei weiteren Männern die Al-Habubi-Gegend zu kontrollieren. Die Leute genau zu beobachten und herauszufinden, ob nicht ein Spitzel, ein Saddamist oder gar der Teufel selbst etwas Schmähliches im Schilde führte.
    Es war eine angenehme Aufgabe. Ich bekam ständig Tee und Sandwichs von den Leuten geschenkt. Immer wieder trat eine Dame aus ihrem Haus und reichte uns eine Kostprobe ihrer kulinarischen Künste. Zudem wurden wir unaufhörlich gelobt und gepriesen, von jedem auf der Straße. »Gott schütze euch!« Oder: »Ihr seid die Zukunft des Landes.« Festgenommen habe ich keinen, weil es keinen mehr gab, der mir verdächtig erschien.
    Einmal, es war am dritten Tag meiner Wache, musste ich wieder ins Gefängnis. Nicht als Gefangener, sondern beinahe als Wärter. Aloan erzählte mir, die Kommandierenden hätten den General, der zu Beginn des Aufstands die irakischen Südtruppen geführt hatte, festgenommen. Er sei im Krankenhaus und müsse operiert werden, weil er verletzt sei. Sein Sohn, der ein Polizist gewesen sein soll, sei auch festgenommen worden, ebenso der Bürgermeister. Außerdem noch viele andere Baathisten. Als Gefängnis diene eine Schule, die Córdoba-Grundschule im Stadtzentrum, die man für die Unterbringung von Gefangenen hergerichtet habe.
    Als ich das hörte, wollte ich unbedingt hin. Eigentlich interessierte mich weder der Bürgermeister noch der General. Dessen Sohn allerdings umso mehr. Ich glaubte ihn zu kennen. »Ich vergesse die Gesichter der Polizisten im Verhör nicht. Wie könnte man seine Folterer je vergessen?«, dachte ich und folgte Aloan in die Schule.
    Wir betraten das provisorische Gefängnis. Eine Gruppe bewaffneter Männer begrüßte uns und fragte nach dem Ausweis und dem Grund unseres Besuchs. Aloan erklärte, ich sei ein ehemaliger Gefangener und könne einige Folterer identifizieren. Der Wärter erwiderte: »Es gibt nur einen ehemaligen Verhörpolizisten. Und ein paar frühere Wärter. Sie sind alle in der Klasse fünf.«
    Als der Wärter die Tür der Klasse fünf öffnete, standen neun Gefangene auf. Alle in Handschellen. Ihr Zustand war miserabel. Ich musterte sie eingehend. Von den Wärtern erkannte ich keinen. Aber ein Gesicht musste ich genauer prüfen. Es war ein recht hübsches. Ich erinnerte mich sofort. Es war der gut aussehende Verhörpolizist, der am Erziehungstag aus dem »Mafatih Al-Dschinaan« – Schlüssel des Paradieses – vorgelesen hatte. Ich flüsterte in Aloans Ohr: »Den kenne ich!« Aloan trat auf den Gefangenen zu.
    »Wie heißt du?«
    »Omer!«, antwortete er und schaute mit trüben Augen zu Boden.
    »Was ist deine Arbeit?«
    »Polizist!«
    »Was für einer?«
    »Sicherheit.«
    »Kennst du den da?«
    Seine Augen schienen in meinem Gesicht irgendetwas zu suchen. »Nein!«
    »Schau genau hin!«
    »Ich habe Nein gesagt!«
    »Ich heiße Mahdi!«, sagte ich. »Hast du mich vergessen?«
    Seine Augen zeigten keinerlei Regung. Keine Überraschung oder Verwunderung, als erkenne er mich tatsächlich nicht. »Nein!«, antwortete er einsilbig.
    »Erziehungstag? Bittgebet von Kumail? Schlüssel des Paradieses? Mahdi, der endlich nicht verborgen ist?!«
    »Keine Ahnung!«
    In mir brannte kalte Wut. Ich fühlte ein Beben in meinem Körper, das einem Vulkan glich. Ich wollte blindlings auf ihn einschlagen und ihm seine eigenen Zähne wie Münzen in die Hand legen. Mich an diesem einen für all die Grausamkeiten rächen, die alle Wärter und Verhörpolizisten mir angetan hatten. Für die Verbrechen, begangen an Ali, Abu-Saluan, Shruq, Mohamed, Ahmed und all den anderen. Doch etwas in meinem Inneren befahl mir, es nicht zu tun. Eine Hand wollte ihn greifen, aber die andere hielt sie fest.

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