Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
strenge Geruch, der die Brüder begleitete, war ihnen offenbar unangenehm.
Endlich erreichten Balbok und Rammar das Königspaar. Der Bote, der ihnen vorangeschritten war, verbeugte sich tief und brachte seine Ehrerbietung dar. Rammar sah dazu keinen Anlass, und als auch Balbok eine Verbeugung andeuten wollte, versetzte ihm sein Bruder einen so harten Rippenstoß, dass der Hagere einen erstickten Schmerzenslaut ausstieß.
Sicher, man hatte sich eine Weile nicht gesehen, und wenn Rammar ehrlich zu sich selbst war, musste er eingestehen, dass es in seinem finsteren Inneren einen kleinen Teil gab, der sich über das Wiedersehen freute. Allerdings hätte er sich lieber die Zunge herausgerissen, als dies offen zuzugeben. Er kannte die beiden zur Genüge, die dort vor ihnen saßen, und obwohl sich viel verändert hatte, sah er in ihnen immer noch einen heruntergekommenen Kopfgeldjäger und ein hochnäsiges Elfenweib …
»Guten Tag, Balbok«, begrüßte Alannah den hageren der beiden Orks, und ein freudiges Lächeln legte sich auf ihre vornehm blassen Züge. »Ich danke dir und deinem Bruder, dass ihr unserem Ruf gefolgt seid. Es ist schön, euch wiederzusehen.«
»Und ich danke dir, Königin«, erwiderte Balbok in der Sprache der Menschen, denn im Orkischen gab es kein Wort, mit dem sich Dank ausdrücken ließ, und zu Rammars größter Verärgerung verbeugte er sich nun doch.
»Dämlicher Schwachkopf! Verdammter umbal!«, raunte Rammar ihm zu. »Du brauchst vor ihr nicht zu buckeln. Du bist selbst ein Häuptling, vergiss das nicht.«
»Nicht mehr …«, brachte der Bote flüsternd in Erinnerung.
»Schnauze!«, knurrte Rammar ihn an.
»Mir ist bewusst, dass ihr beide aus freien Stücken hergekommen seid«, ergriff Corwyn das Wort, dessen Stimme Rammar weniger sonor und Respekt gebietend in Erinnerung hatte. »Dafür stehe ich in eurer Schuld.«
»Genau so ist es, Kopfgeldjä -äh-äh … König«, verbesserte sich Rammar schnell. »Vergiss das nicht gleich wieder, korr?«
»Korr«, bestätigte Corwyn und grinste – und wären da nicht der samtene, mit goldenen Borten verzierte Rock und die Elfenkrone auf seiner Stirn gewesen, Rammar hätte geschworen, es noch immer mit demselben schlitzohrigen Schurken zu tun zu haben, der Balbok und ihn beinahe skalpiert hätte. Die markanten, wettergegerbten Züge, das verwegene Grinsen, die Klappe über dem rechten Auge – all das passte mehr zu jenem Kopfgeldjäger als zu dem Regenten eines Weltreichs.
Ganz anders verhielt es sich mit Alannah. Ihre Erscheinung hatte schon etwas Hoheitliches gehabt, lange bevor Corwyn sie zu seiner Gemahlin gemacht hatte. Als Hohepriesterin hatte sie im Eistempel von Shakara das Geheimnis der Elfen bewahrt. Anmut und Würde schienen ihr in die Wiege gelegt zu sein, wie so vielen Vertretern ihrer Rasse. Und genau das war es, was Orks an Elfen nicht ausstehen konnten (auch wenn beide Rassen, wie Rammar und Balbok hatten erfahren müssen, dieselben Wurzeln hatten und voneinander abstammten – schlimmer noch: Die Orks waren Abkömmlinge dieser überheblichen Besserwisser). Alannahs zerbrechlich wirkende Gestalt und ihre sanften Züge mit den hohen Wangenknochen und den spitzen Ohren täuschten leicht darüber hinweg, dass sie ausgesprochen zäh und hart im Nehmen war. Und dazu listig wie eine Schlange, wie Rammar und Balbok damals zu spüren bekommen hatten.
»Wollt ihr beiden uns die Ehre erweisen, heute Abend beim Bankett unsere Gäste zu sein?«, erkundigte sich Corwyn.
»Korr«, antwortete Balbok, bevor Rammar etwas erwidern konnte, »wenn's was Anständiges zu futtern gibt! Der Magen hängt mir nämlich bis zu den Knien.«
»Umbal!«, rügte ihn Rammar und fletschte die Zähne. »Hast du vergessen, was für ungenießbares Zeug Menschen fressen?« Und völlig außer Acht lassend, dass er selbst Menschenfleisch verabscheute, fügte er hinzu: »Ich glaube kaum, dass Corwyns Gastfreundschaft so weit geht, seinesgleichen mit Knoblauch und Zwiebeln stopfen zu lassen, nur um uns angemessen zu verköstigen.« Er lachte grollend, worauf einige der Höflinge furchtsam zusammenzuckten oder gar einen Schritt zurückwichen.
»Das stimmt«, entgegnete Alannah, »aber wir haben den königlichen Leibkoch angewiesen, einen bru-mill zuzubereiten – so nennt ihr doch euren berühmten Eintopf, oder nicht?«
»Es gibt bru-mill?« Balbok warf den Kopf in den Nacken und schnüffelte laut, ob er sein Leibgericht schon riechen konnte.
»Da bin ich
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