Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
hat behauptet, dass wir Freunde sind? Ich stopfe dir deine Freundschaft gleich in den Schlund, du hässliches Milchgesicht …«
Die große Eingangshalle hatte nichts mehr von der alten Düsternis und wurde von den Bannern all jener Städte gesäumt, die sich dem neuen Reich angeschlossen hatten. Sie zu durchschreiten, glich für die beiden Orks einem Spießrutenlauf: Wachen in grünen Waffenröcken und silbernen Kettenhemden, den Farben Tirgas Lans, präsentierten grüßend ihre Waffen, als die Orks an ihnen vorbeischritten.
Dass Corwyns Bote das Zeremoniell genoss, konnte Rammar noch verstehen; Menschen fanden – so wie Elfen und Zwerge – zuweilen Gefallen an derlei Gehampel. Aber dass Balbok dabei grinste wie ein frisch kastrierter Wiesentroll, konnte er einfach nicht fassen.
»Hör auf, deine Visage so dämlich zu verziehen, umbal!«, zischte Rammar seinem Bruder zu. »Dieses Menschenpack verspottet uns, und du fühlst dich auch noch geschmeichelt?«
»Douk«, verneinte Balbok entschieden.
»Warum grinst du dann?«
»Weil ich gerade an unseren letzten Besuch hier denken musste. Weißt du noch? An dieser Stelle habe ich Graishaks Schädel mit einem orkgroßen Kerzenständer bearbeitet …«
Ja, Balbok hatte recht. Rammar hätte den Schauplatz ihres schicksalhaften Kampfes nicht wiedererkannt, hätte Balbok ihn nicht darauf aufmerksam gemacht. Der Gang lag nicht mehr in schummriger Dunkelheit – helles Sonnenlicht strahlte durch die hohen Fenster an der einen Seite. Aber es war unleugbar auf diesem Korridor gewesen, wo sie auf den Verräter getroffen und mit ihm die Klingen gekreuzt hatten – und noch manches andere.
Der Gang führte zum großen Saal unter der Kuppel – dort residierten der König und die Königin, genau wie vor tausend Jahren.
Rammar zuckte zusammen und stieß einen wüsten Fluch aus, als schmetternde Fanfaren erklangen. Seine Nackenborsten sträubten sich unter dem blechernen, scheppernden Klang.
»Shnorsh!«, maulte er. »Diese Milchgesichter haben von Musik noch weniger Ahnung als unser verdammter Barde!«
Durch die weit geöffnete Pforte betraten die drei Neuankömmlinge den Thronsaal – die beiden Brüder und der Bote, der sie laut ankündigte: »Königliche Hoheiten! Ihr habt mich ausgesandt, um jene zu finden, die Euch in der Stunde höchster Not beistanden, als es um das Schicksal dieser Stadt und der ganzen Welt ging. Berge habe ich erklommen, Täler habe ich durchwandert, Flüsse und Seen überquert, um Euren Auftrag auszuführen. Bis tief in die Modermark bin ich vorgedrungen, und dort habe ich sie gefunden. Eure Hoheiten, hier sind sie – die beiden mutigen, heldenhaften Ork-Krieger Balbok und Rammar!«
Tosender Beifall brandete auf, der von allen Seiten auf die Orks einstürzte. Balbok und Rammar zückten instinktiv ihre Waffen und verfielen in lautes Kriegsgeschrei. Augenblicklich verstummte der Applaus, und im nächsten Moment waren Balbok und Rammar von Wachen umringt, die ihnen mit Hellebarden drohten.
Die Orks tauschten einen missmutigen Blick, sahen angesichts der erdrückenden Übermacht jedoch ein, dass sie wohl etwas überreagiert hatten, und ließen die Waffen sinken. Daraufhin hoben die Wächter die Hellebarden wieder und öffneten ihren Kordon. Indem sie zurückwichen, schufen sie einen Weg zur Mitte des Saales, wo ein kreisrundes Loch im marmornen Boden klaffte. Wie Rammar und Balbok wussten, führte dieser Schacht zur Schatzkammer von Tirgas Lan, aus der sie damals den vollgeladenen Streitwagen hatten mitgehen lassen – mit Einverständnis des königlichen Paares, wie sie nachträglich erfahren hatten …
Auf der gegenüberliegenden Seite des Schachts, auf einem steinernen Podest, standen zwei mit reichen Schnitzereien und dem Wappen Tirgas Lans verzierte Throne – und auf den Thronen saßen zwei alte Bekannte.
»Sieh an«, raunte Rammar seinem Bruder zu. »Da sind ja die Herrschaften des Hauses …«
Unter den Augen des gesamten Hofstaats, der sich wohl gerade zu einer Versammlung eingefunden hatte, durchmaßen die Orks die Halle mit großen Schritten. Dabei gab sich Rammar alle Mühe, einen möglichst grimmigen Eindruck zu machen – schließlich war er nicht irgendein hergelaufener Unhold, sondern ein Häuptling der Modermark. Den goldenen Helm auf dem Kopf, stolzierte er an den vornehm gekleideten Fürsten und ihren Damen vorbei, die lange Kleider trugen und ihre kleinen blassen Nasen rümpften, als die Orks sie passierten; der
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