Die Orks
Haskeer, dem kreischenden Mann die Klinge zu entreißen und ihm den Bauch aufzuschlitzen. Sofort nahm ein anderer Mensch den Platz des Gefallenen ein. Haskeer kämpfte weiter. Alfray zog im Nahkampf das Beil der Lanze vor, das er mit tödlicher Exaktheit schwang. Doch in Wahrheit hatte er alle Hände voll damit zu tun, sich des Ansturms zu erwehren. Zwar war er noch vom orkischen Blutdurst erfüllt, aber sein Alter machte sich langsam bemerkbar. Doch trotz seiner nachlassenden Vitalität konnte er sich noch mit jedem im Metzeln messen. Einstweilen. Er ließ den Blick über das Gemenge wandern und sah, dass er nicht der Einzige in Schwierigkeiten war. Der ganze Trupp stand kurz davor, überwältigt zu werden, und in den Flanken waren die Kämpfe besonders brutal, da der Feind sie zu überflügeln und zu umzingeln versuchte. Die Vielfraße mochten kaum eine andere Möglichkeit gehabt haben, als sich zum Kampf zu stellen, aber dieser Schachzug erwies sich als zu kühn. Sie erlitten Wunden, obwohl bis jetzt noch keiner von ihnen gefallen war. Das würde sich bald ändern. Wenngleich nur Gefreiter, war er drauf und dran, die Vorschriften zu ignorieren und den Befehl selbst zu geben. Jup kam ihm zuvor und brüllte Worte, die einem Ork normalerweise im Hals stecken blieben.
»Zieht euch zurück! Zieht euch zurück!« Die Anweisung breitete sich entlang der bedrängten Linie aus. Gemeine lösten sich hastig von ihrem Gegner und wichen zurück. Aus der Kraftprobe wurde ein Rückzugsgefecht. Aber den Aufsehern, die eine Finte witterten, widerstrebte es, ihren Gegnern mit zu viel Eifer nachzusetzen. Der Trupp wusste, dass dieses Widerstreben nur vorübergehend war. Mit von der Anstrengung des Schlagabtauschs schmerzenden Armen zog Coilla sich mit den Übrigen zurück, sodass die Kluft zwischen den Fronten größer wurde. Die Vielfraße rückten dichter zusammen. Sie ging zu Jup.
»Was nun? Wieder fliehen?«
»Aussichtslos«, keuchte der Zwerg. Coilla fuhr sich mit der Hand über die Wange und wischte sich Blut ab.
»Das dachte ich mir.« Ihre Gegner steigerten sich in die Wut hinein, die sie für den letzten Ansturm brauchten. Neben Coilla sagte Alfray:
»Wir haben ziemlich viele erwischt.«
»Aber nicht genug«, erwiderte Haskeer schroff. Einige der Gemeinen riefen mit gedämpfter Stimme OrkGötter an und baten darum, ihre Klinge zu führen. Oder um einen heldenhaften und raschen Tod. Coilla vermutete, dass die Menschen in ähnlicher Weise an ihren einen Gott appellierten. Die Aufseher setzten sich in Bewegung. Ein Pfeifen lag plötzlich in der Luft. Ein rasch dahineilender Schatten fegte über die Vielfraße hinweg. Sie schauten nach oben und sahen so etwas wie einen Schwarm länglicher Insekten über den Himmel fegen. Die dunkle Wolke hatte bereits ihren Zenit erreicht und senkte sich jetzt dem Feind entgegen. Sie stürzte sich mit großer Wut auf sie. Die vorderste Linie der Aufseher war plötzlich mit tödlichen Geschossen gespickt. Sie bohrten sich in hochgereckte Gesichter, in Brustkörbe, Arme und Oberschenkel. Ihre Geschwindigkeit trug sie durch den schwachen Schutz von Helmen und Visieren. Die Schilde hätten auch aus Papier sein können, so viel nützten sie. Von unzähligen Pfeilen eingedeckt, verwandelten sich Mensch und Tier unterschiedslos in eine sich windende blutige Masse. Eine große Streitmacht kam in vollem Galopp aus dem Wald geritten, und kaum hatte der Trupp sie erspäht, als sie auch schon die nächste tödliche Wolke abfeuerten. Die Flugkurve der Pfeile führte hoch über die Vielfraße hinweg, aber sie duckten sich dennoch instinktiv. Wieder regnete gnadenlos Tod auf die Köpfe der Menschen nieder und brachte mehr Chaos und Tumult. Als ihre Verbündeten näher kamen, konnten die Orks sie erkennen. Die Augen mit einer Hand abgeschirmt und ihrer Verstärkung entgegenblinzelnd, rief Alfray:
»Das ist Keppatawns Klan!« Jup nickte:
»Und zur rechten Zeit.« Die kleine Armee der Zentauren war den Menschen zahlenmäßig mindestens ebenbürtig. Und sie würde das Schlachtfeld in wenigen Augenblicken erreichen.
»Wer führt sie an?«, wunderte sich Alfray. Im Trupp wusste man, dass Keppatawn selbst lahmte, und rechnete nicht damit, dass er den Angriff führte.
»Sieht nach Gelorak aus«, meldete Jup. Die muskulöse Statur des Zentauren und seine unverkennbare kastanienfarbene Mähne waren jetzt deutlich zu sehen.
Haskeer hatte sich mittlerweile ein schmutziges Tuch um seine Wunde
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