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Die Orks

Titel: Die Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stan Nicholls
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zuvor.
    »Es wird schon gehen. Und in der Zwischenzeit gibt es Arbeit. Und dann müssen wir von hier verschwinden. Jennesta kommt.«
    Kimball Hobrow beobachtete, wie die Nachzügler im Biwak eintrafen. Er wusste, was passiert war. Eilboten aus seinem Aufseher-Regiment, blutig geschlagen und mutlos, hatten über das Debakel am Drogawald Bericht erstattet. Die Demütigung, von Untermenschen besiegt worden zu sein, setzte ihm sehr zu, und sein Zorn war immer stärker geworden. Dann hatte er über Rache gebrütet und seinen nächsten Zug geplant. Schließlich wandte er sich von dem Anblick ab und marschierte zu dem Zelt, das als Kommandostand im Feld diente. Niedergedrückt von der Mission, die er auf sich genommen hatte, und vom bitteren Geschmack der Niederlage, war sein Rücken etwas weniger gerade als sonst, und seinen Augen fehlte es ein wenig an ihrem üblichen Stahl. Trotzdem konnte er gar nicht anders, als eine bemerkenswerte Gestalt zu sein. Er war eindrucksvoll groß und geradezu widernatürlich dünn. Schwarze Kleidung und eine Angströhre auf dem Kopf trugen zu seinem imposanten Erscheinungsbild bei. Sein Gesicht war wettergegerbt und ledrig wie das eines Bauern, obwohl ihm die jüngsten Strapazen eine gewisse Blässe verliehen hatten. Der Mund war ein Schlitz und das spitz zulaufende Kinn mit angegrauten Barthaaren geschmückt. Es war eine Miene, die weder von Lachen noch irgendeinem der sanfteren Gefühle erwärmt wurde. Doch Aussehen und Kleidung waren in seinem Fall oberflächliche Dinge. Hobrow war ein Mann, bei dem, wäre er nackt gegangen und in ein Lächeln gehüllt, immer noch die kalte Leidenschaft in seinem Herzen herausgestochen hätte.
    »Vater! Vater!« Der Anblick seiner Tochter, die im Zelteingang stand, erweichte ihn ein wenig. Er ging zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    »Was ist denn los, Vater?«, fragte sie.
    »Kommen die Wilden?«
    »Nein«, versicherte er ihr,
    »die Heiden kommen nicht. Du brauchst keine Angst zu haben, Milde. Ich bin ja bei dir.« Er steuerte sie zurück ins Zelt und zu einem Sitz. Milde Hobrow ähnelte mehr der Mutter, über die sie nicht sprachen, als ihm. Sie hatte nichts von seiner Hagerkeit an sich. Sie hatte die Trennlinie zwischen Kindheit und Erwachsensein noch nicht ganz überschritten und auch ihren Babyspeck noch nicht abgelegt. Mit ihren honigblonden Haaren, dem Porzellan-Teint und den klaren blauen Augen wirkte sie ein wenig puppenhaft, aber das wurde durch eine gewisse Boshaftigkeit in ihrem Gesicht und einen gemeinen Mund wettgemacht. Im Vergleich zu allen anderen, mit denen ihr Vater sich umgab, war ihre Kleidung beinahe extravagant. Das Schwarze scheuend, trug sie zurückhaltend gemusterte Stoffe und sogar eine Andeutung von schlichtem Schmuck. Das kündete von seiner Nachsichtigkeit ihr gegenüber im Gegensatz zur Art und Weise, wie er mit dem Rest der Welt verfuhr.
    »Haben sie uns besiegt, Vater?«, fragte sie mit weit aufgerissenen Augen.
    »Haben die Ungeheuer uns besiegt?«
    »Nein, mein Schatz, das haben sie nicht. Der Herr hat uns bestraft, nicht die Untermenschen. Er hat sie benutzt, um uns eine Warnung zukommen zu lassen.«
    »Warum warnt Gott uns? Waren wir böse?«
    »Nicht böse, nein. Aber auch nicht gut genug. Er hat uns für zu zögerlich bei der Ausführung seiner Werke befunden, das wird mir jetzt klar. Wir müssen mehr tun.«
    »Wie denn, Vati?«
    »Wir sollen die Orks und ihresgleichen für immer in den Staub stampfen, und zwar gemeinsam mit den entarteten Menschen, die sich mit ihnen verbündet haben. Ich habe nach Verstärkung aus Dreieinigkeit schicken lassen, und Boten sind nach Sechster, Dauerheim, Riffeln, Schersteinfurt, Räucherheim und allen anderen anständigen, gottesfürchtigen Siedlungen in Zentrasien unterwegs. Wenn sie dem Ruf des Herrn folgen, werden wir mehr sein als eine Armee, wir werden ein Kreuzzug sein.« Mildes Gesicht hatte sich bei der Erwähnung der Orks verfinstert.
    »Ich hasse diese Vielfraße«, zischte sie.
    »Und das mit Recht, mein Kind. Diese Bestien haben Gottes Zorn ganz besonders auf sich gezogen. Sie haben meinen Plan durchkreuzt, dieses Land im Namen des Herrn zu säubern, und sie haben die Reliquie gestohlen.«
    »Und diese Missgeburt, dieser Zwerg, hat mir ein Messer an die Kehle gehalten.«
    »Ich weiß.« Er drückte ihre Schulter. Die Geste war liebevoll und distanziert zugleich.
    »Sie haben sich für eine Menge zu verantworten.«
    »Mach, dass sie sterben, Vati.«

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