Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
auch das Parfum der Kirchenmänner nicht.
Die stritten einstweilen verbissen weiter, ein Vorschlag nach dem anderen wurde zerredet. Und als einige Kardinäle Maffeo Barberini vorschlugen, stellte sich wieder einmal Scipione Caffarelli-Borghese, ein Neffe des früheren Papstes Paul V. , quer. Doch den ohnehin schon Bettlägerigen traf am 5. August ein weiterer, heftiger Fieberschlag. Borghese wollte nach Hause, doch dazu musste erst ein neuer Papst gekürt sein. So gab der von Fieberschüben Geschüttelte schließlich auf. Nach 18 Tagen wurde Maffeo Barberini zu Papst Urban VIII . – auch der lag freilich krank danieder und konnte sein Amt erst mit etlicher Verspätung antreten.
Dann legte er gleich richtig los. Schlüsselposten im Kirchenstaat gingen an Verwandte; die rissen Grund und Boden, einträgliche Pfründen an sich, sammelten Adelstitel. Der wichtigste Mann beim päpstlichen Absahnen war stets der »Kardinalnepot«, eine Art rechte Hand des Papstes fürs Geschäftliche. Oft bekam einer von dessen Neffen (lateinisch: nepos) den wichtigen Job. »Nepotismus« wurde die päpstliche Vetternwirtschaft deshalb genannt. Dergleichen galt damals zwar als eher normal. Denn die Zeit konnte knapp bemessen sein, die man an den Futterkrippen verbringen durfte. Aber Urban trieb es weit ärger als seine Vorgänger.
Zudem steckte er gewaltige Summen aus der Kirchenstaatskasse in Bauwerke, die seinem Ruhm die Zukunft sichern sollten. Er engagierte die besten Künstler und Architekten – Bernini vor allem, aber auch Borromini, Pietro da Cortona und andere –, ließ das Innere des Petersdoms prunkvoll ausbauen, sich ein bombastisches Grabmal errichten und seiner Familie ein üppiges Eigenheim mauern, den Palazzo Barberini, mit eigenem Theater, Fußballstadion und einem Deckenfresko, das die Barberini als Günstlinge der göttlichen Vorsehung zeigt. Dem Volk knöpfte er dafür höhere Steuern ab.
Skrupel hatte er nicht: Fehlte es an Baumaterial, degradierte Urban das Kolosseum zum Steinbruch. Die Bronzedecke in der Vorhalle des Pantheons ließ er abnehmen. Das Metall werde für den Baldachin im Petersdom gebraucht, hieß es offiziell. In Wahrheit wurden Kanonen daraus gegossen. In Rom gab es bald ein geflügeltes Wort: »Was die Barbaren nicht schafften, schafften die Barberini.«
Auch politisch, als Oberhaupt des Kirchenstaates, agierte Urban VIII . unglücklich. Seit 1618 tobte in Europa der später sogenannte Dreißigjährige Krieg: Im religiös verbrämten Großmachtgerangel hielt der Papst sich eng an die Franzosen, obwohl die mit den protestantischen Schweden liiert waren. Das nahm die katholische Vormacht Spanien übel. Um die Hardliner der Inquisition zu besänftigen, opferte Urban seinen alten Freund Galileo Galilei. Mit dem hatte er gern über dessen neue Himmelstheorie diskutiert, nach der die Erde sich um die Sonne drehe. Nun kam der »Ketzer« Galileo vor Gericht, musste der dreisten Himmelslehre abschwören – kam aber mit Hausarrest in seiner toskanischen Villa glimpflich davon.
Mit Urbans Gesundheit ging es derweil zügig bergab. »Hexenmeister« Tommaso Campanella hatte ihm offenbar noch Aufschub verschafft. Aber der verlief unglücklich: Nach mehreren Schlaganfällen wurde Papst Urban VIII . zunehmend senil. Die Nachricht von seinem Tod am 29. Juli 1644 ließ, heißt es, das Volk von Rom jubeln. Die Barberini-Sippe indes floh Hals über Kopf nach Paris.
Baustelle des Apostels
Die Baugeschichte des Petersdoms ist verwickelt. Immer wieder änderten neue Architekten den Plan – und doch glänzt die Basilika durch einzigartige barocke Monumentalität.
Von Ulrike Knöfel
Was für eine Gegend, welch ein Felsen, von harmloser Höhe und doch eine einzige Zuspitzung von antiker Pracht und Düsternis. Sommervillen und Gräberstädte, heidnische Heiligtümer und der Circus des Caligula, außerdem ein Palast für Nero – all das entstand nach und nach auf und vor dem »mons vaticanus« in der Nähe des alten Roms.
Der vatikanische Berg: Anhänger des Judentums und des jungen Christentums wurden im Circus nebenan zu Tode gefoltert. Dass das Erdreich zu Füßen des Hügels stets in zerstörerischer Bewegung zu sein schien, dass dieses nervöse Terrain später manche Baumaßnahme erschweren sollte, passt zu seiner düsteren Geschichte.
Als das Römische Reich im 4. Jahrhundert christlich wurde, entstand in der Senke vor der vatikanischen Erhöhung, nicht weit vom Tiber entfernt, eine Pilgerkirche zu Ehren des
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