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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Feinden
     fliehen mußten. Jetzt verbindet dieser Gang das päpstliche Schlafgemach mit der Privatkapelle. So kann Seine Heiligkeit Tag
     und Nacht dorthin gehen und ungestört beten. Folgt mir.« Arighis nahm eine Kerze und betrat den Geheimgang. »Auf diese Weise
     könnt Ihr dem Rudel Schakale dort draußen entrinnen … zumindest heute abend.«
    Es rührte Johanna, daß Arighis sie in das Geheimnis dieses Ganges einweihte; es war ein Zeichen wachsenden Vertrauens und
     zunehmender gegenseitiger Achtung. Die beiden stiegen eine kurze Treppe hinunter, die spiralförmig und steil in die Tiefe
     führte und vor einer Wand endete, an der sich ein Hebel aus Holz befand. Arighis betätigte diesen Hebel, und wieder glitt
     die Wand zur Seite, und ein weiterer Gang tat sich vor ihnen auf. Johanna schlüpfte hinein, und noch einmal drückte Arighis
     den Hebel. Die Öffnung verschwand; nichts ließ erkennen, daß hinter dieser Wand der Geheimgang lag.
    Johanna befand sich nun im rückwärtigen Teil der Privatkapelle des Papstes, der Sancta Sanctorum. Sie stand hinter einer der
     marmornen Säulen. In der Nähe des Altars waren Stimmen zu hören. Johanna erschrak. Wer hielt sich zu dieser Stunde in der
     päpstlichen Privatkapelle auf?
    »Es ist lange her, Anastasius«, sagte eine schroffe Stimme mit schwerem Akzent, die Johanna als die Lothars erkannte. Anastasius,
     hatte der Kaiser die andere Person angesprochen; es mußte sich um den Bischof von Castellum handeln. Bischof und Kaiser hatten
     sich offensichtlich vom Festmahl zurückgezogen, um hier, in der Privatkapelle, ungestört reden zu können. |397| Es würde ihnen ganz und gar nicht gefallen, wenn sie den Eindringling entdeckten.
    Was soll ich tun?
fragte sich Johanna. Falls sie versuchte, leise durch die Tür der Kapelle zu schlüpfen, bestand die Gefahr, von den Männern
     gesehen zu werden. Doch der Weg zurück in die Schlafkammer des Papstes war ihr ebenfalls versperrt; denn der Hebel, mit dem
     die Geheimtür betätigt wurde, befand sich auf der anderen Seite der Wand. Es blieb nur die Möglichkeit, sich versteckt zu
     halten, bis das Treffen endete und die Männer die Kapelle verließen. Anschließend konnte Johanna unbemerkt ins Freie schlüpfen.
    »Dieser Anfall, den Seine Heiligkeit heute abend erlitten hat, war höchst besorgniserregend«, sagte Lothar soeben.
    »Der Heilige Vater ist sehr krank«, erwiderte Anastasius. »Kann sein, daß er dieses Jahr nicht überlebt.«
    »Das wäre eine schlimme Tragödie für die Kirche.«
    »Sehr schlimm«, entgegnete Anastasius kühl.
    Dieser Austausch waren leere Höflichkeiten, die nur dazu dienen sollten, den Weg zu den
wirklich
bedeutsamen Angelegenheiten zu ebnen, die diese beiden Männer besprechen wollten.
    »Sergius’ Nachfolger muß ein Mann mit Stärke und Weitsicht sein«, sagte Lothar, »ein Mann, der das historisch gewachsene …
     Verständnis zwischen unseren beiden Völkern besser zu schätzen weiß.«
    »So ist es. Ihr müßt all Euren Einfluß geltend machen, Euer Gnaden, daß der nächste Papst ein solcher Mann ist.«
    »Ein Mann wie Ihr?«
    Anastasius lächelte. »Hättet Ihr Grund, an mir zu zweifeln? Ich finde, die Dienste, die ich Euch in Colmar geleistet habe,
     dürften meine Loyalität hinreichend bewiesen haben.«
    »Mag sein«, erwiderte Lothar unverbindlich. »Aber die Zeiten ändern sich, und die Menschen auch. Zuerst einmal, mein lieber
     Bischof, muß Eure Loyalität noch einmal auf die Probe gestellt werden. – Werdet Ihr den Treueid unterstützen oder nicht?«
    »In Anbetracht der Verwüstungen, die Eure Armeen auf dem Weg nach Rom angerichtet haben, Euer Gnaden, werden die Leute sich
     sträuben, Euch den Treueid zu schwören.«
    »Eure Familie hat die Macht, dies zu ändern«, entgegnete Lothar. »Wenn Ihr und Euer Vater Arsenius den Treueid ablegen, werden
     andere Euch folgen.«
    |398| »Ihr verlangt sehr viel von mir. In diesem Fall müßte ich eine entsprechende Gegenleistung verlangen.«
    »Ich weiß.«
    »Ein Eid … das sind bloß Worte. Die Menschen brauchen einen Papst, der sie davon überzeugen kann, daß die alten Zeiten die
     besseren Zeiten waren. Er müßte sie dorthin zurückführen … zurück ins fränkische Kaiserreich und zurück zu Euch, Euer Gnaden.«
    »Ich wüßte niemanden, der das besser könnte als Ihr, Anastasius. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, daß Ihr der
     nächste Papst werdet.«
    Eine Pause trat ein. Dann sagte Anastasius: »Die

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