Die Party Queen von Manhattan - Roman
klar, dass meine Eltern Will mit seinen herzerweichenden Storys und Schwindeleien längst durchschaut hatten und wir als Familie uns ein Vergnügen daraus machten, einander sein neuestes Ammenmärchen immer wieder herunterzubeten. Er und meine Mutter standen sich nahe, obwohl sie eine nervige liberale Hippie-Veteranin war und er ein nerviger rechtskonservativer Republikaner. Dennoch telefonierten sie jede Woche miteinander und waren bei Treffen ein Herz und eine Seele, auch wenn sie mir gegenüber gern gepfefferte Bemerkungen über den jeweils anderen vom Stapel ließen.
»War es nicht irgendwas, dass Simon arbeiten musste?«, sagte Sammy zu mir. »Genau, die Philharmoniker haben Simon in letzter Minute angerufen und gebeten, für einen erkrankten Musiker einzuspringen. Eigentlich weniger gebeten als vor vollendete Tatsachen gestellt. Er hatte gar keine andere Wahl«, sprudelte er los, bevor ich ihm den Hahn abdrehen konnte. Immerhin, er hielt sich brav an den Text.
Mom lächelte erst mir, dann Dad zu. »Ach ja? Und ich dachte, er hätte irgendwas von einem dringenden Treffen mit seinem Promianwalt gesagt, in dessen Kanzlei in New Jersey.«
Sammy lief augenblicklich rot an, wohl in dem Glauben, die
Geschichte irgendwie vermurkst zu haben. Es wurde Zeit einzuschreiten.
»Sie wissen, dass Simon nicht für irgendwen einspringen muss, Sammy, und sie wissen auch, dass du es weißt. Denk dir nichts, du hast prima dichtgehalten.«
»Lieb gemeint, Sammy, aber ich kenne mein Bruderherz wirklich schon zu lange, um ihm solche Storys noch abzukaufen. Was ist es denn diesmal? Miami? Die Bahamas?«
»Key West«, sagte ich, worauf alle genervt gen Himmel blickten.
»Gewonnen«, sagte Dad zu Mom. Dann klärte er mich auf. »Deine Mutter hat mit mir gewettet, dass er in letzter Minute absagen und die Schuld auf Simon schieben würde. Ehrlich gesagt, freut es mich ungemein, dass er zumindest diesen alten Hut von wegen Redaktionsschluss an den Nagel gehängt hat.« Die zwei brachen in schallendes Gelächter aus.
»Na gut, dann mache ich mich wohl mal ans Abendessen«, kam es als Nächstes von Mom. »Ich war heute auf dem Bauernmarkt und habe alles gekauft, was sie an Saisonware da hatten.«
»Darf ich helfen?«, fragte Sammy. »Und sei es nur, um meine Schwindelei von vorhin wieder gutzumachen. Außerdem fände ich es toll, mal wieder privat bei jemandem in der Küche herumzuschnipseln - das habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht.«
Meine Eltern beäugten ihn mit fragendem Blick.
»Sammy ist gelernter Koch«, erklärte ich. »Er war am Culinary Institute of America, der renommiertesten gastronomischen Ausbildungsstätte dieses Landes, und will irgendwann sein eigenes Restaurant aufmachen.«
»Ach, das ist ja hochinteressant. Und, sind Sie derzeit irgendwo in der Stadt als Koch tätig?«, erkundigte sich mein Vater.
Sammy lächelte schüchtern und blickte zu Boden. »Ja, seit ein paar Monaten bin ich für den Sonntagsbrunch in der Gramercy
Tavern zuständig. Ein sehr kritisches Publikum. Da kann ich eine Menge lernen.«
Es durchzuckte mich förmlich. Was hatte der Typ denn noch alles auf der Pfanne?
»Na, dann folgen Sie mir unauffällig. Wissen Sie zufällig irgendwas Aufregendes, was man mit Zucchini anstellen könnte?«, erkundigte sich meine Mutter und hakte sich bei ihm unter, sobald er sich von dem Sitzkissen hochgehievt hatte.
Zwei Minuten später fand ich Sammy am Herd und Mom am Tisch vor, von wo aus sie ihn fassungslos bestaunte.
»Was soll das werden?«, fragte ich meinen Traummann, der soeben vier Portionen Nudeln abschüttete und mit einem Spritzer Olivenöl zurück in den Topf gab. Er wischte sich die Hände an der Schürze ab, die meine Mutter ihm geliehen hatte (und deren Aufdruck verkündete: IM ANNEHMEN LIEGT FRIEDEN), und ratterte die vorläufige Menüfolge herunter.
»Also, als Entree stelle ich mir Nudelsalat mit gestiftelten Möhren und Gurken vor, nur leicht angedünstet und mit gerösteten Pinienkernen bestreut, dazu vielleicht noch eine kleine Vorspeise mit Zucchini. Deine Mom hat gesagt, für den ersten Gang hätte sie gern etwas ganz Leichtes, da kämen Focaccia mit Curry-Kichererbsenpaste plus gefüllte rote Paprika mit Reis und Friseesalat in Frage. Was haltet ihr von Bratäpfeln mit Schlagsahne und dem Sorbet hier als Nachtisch? Sie haben da wirklich ganz exquisite Zutaten ausgesucht, Mrs. Robinson.«
»Mal ehrlich, Mom, was hattest du denn eigentlich geplant?«, fragte ich und
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