Die Party Queen von Manhattan - Roman
nicht, zum Teufel? Ich muss dich doch bestimmt nicht daran erinnern, dass du seit Jahren wie eine Nonne lebst, oder? Worauf wartest du? Der Mann soll doch der reinste Wahnsinn sein!«
Ich musste lachen, zum ersten Mal an diesem vermaledeiten Vormittag. Sie hatte ja völlig Recht, warum regte ich mich auf? Wenn ich wegen meiner nicht gerade sehr diskreten Eskapaden nicht gefeuert wurde - und im Moment sah es wohl eher nach einer Beförderung aus -, warum sollte ich dann nicht wenigstens meinen Spaß haben?
»Ich kann mich nicht mehr besonders gut an gestern Abend erinnern«, flüsterte ich. »Aber nach Feierabend erzähle ich dir brühwarm alles, was mir noch einfällt.«
»Geht nicht. Avery und ich sind bei seinen Eltern zum Essen eingeladen, und es sieht nicht so aus, als ob ich ihm das noch ausreden kann. Verschieben wir es auf morgen? Sollen wir uns im Black Door treffen?«
»Das wäre toll, aber da bin ich mit dem Buchclub unterwegs, erst was essen, dann was trinken. In Little Italy, glaub ich.«
Sie seufzte. »Dann peilen wir wohl am besten das übernächste Wochenende an. In den nächsten vierzehn Tagen bin ich nämlich beruflich in St. Louis. Würde dir das passen?«
Für mich war es noch neu, mit anderen Leuten Termine zu vereinbaren als mit meinem Buchclub, Will oder Penelope, aber die Arbeit machte auch vor den Wochenenden nicht halt. Ich blätterte in meinem Terminkalender, der von Tag zu Tag voller wurde. »Doch, das würde gehen. Ich habe allerdings Kelly versprochen, dass ich mit den anderen eine neue Location für die Playboy -Party auskundschafte. Bis dahin sind es zwar noch vier Monate, aber trotzdem gerät hier schon alles in Panik. Hast du Lust mitzukommen?«
Penelope zögerte. Anscheinend fand sie den Vorschlag nicht besonders prickelnd, aber sie konnte auch nicht gut nein sagen, denn sie hatte ja schon zugegeben, dass sie an dem Wochenende Zeit hatte. »Klar, ich komme mit. Hört sich gut an. Die Einzelheiten können wir dann immer noch besprechen. Und falls dir plötzlich doch noch was von gestern Nacht einfällt, kannst du es mir gerne jederzeit anvertrauen.«
»Du Biest«, gab ich zurück.
Sie lachte.
»Na, dann viel Spaß bei deinen zukünftigen Schwiegertigern. Und pass gut auf, wenn sie dir sagen, wie viele Enkelkinder sie sich wünschen, sortiert nach Geschlecht und Augenfarbe. Du hast jetzt schließlich gewisse Verpflichtungen...«
Es tat gut, sie noch einmal lachen zu hören.
»Bettina Robinson, ich glaube kaum, dass ausgerechnet du mir in solchen Dingen Ratschläge erteilen kannst - bei deinem liederlichen Lebenswandel in den letzten vierundzwanzig Stunden … Bis die Tage.«
»Ciao.« Ich legte auf und atmete tief durch. Eine solche Nacht und ein solcher Morgen danach verlangten unbedingt nach einem zweiten Brötchen mit Speck, Ei und Käse. Ich musste zwar noch die Partyliste mit den fünfhundert Gästen und den Geschenken schreiben, aber die konnte warten. Mein Kater nicht.
9
Drei Wochen später - drei Wochen, die mit dem Schreiben von Listen, der modischen Aufrüstung meiner Garderobe und dem allmählichen Hineinfinden in die wunderbare Welt von Kelly & Company mehr als ausgefüllt gewesen waren -, stand ich mal wieder in einer endlosen Schlange und wartete, diesmal auf Penelope. Die Frauen vor dem Sanctuary strichen sich mit manikürten Fingern das nach der neuesten japanischen Methode künstliche entkrauste Haar glatt. Damit sie bei dieser Prozedur auf ihren hohen Stöckelschuhen nicht umkippten, mussten sie von ihren männlichen Begleitern festgehalten werden, die dabei so richtig schön ihre Muskeln spielen lassen konnten und sich freuten, dass sich der regelmäßige Verzehr blutiger Steaks endlich einmal auszahlte. Es war ein frostiger Abend Anfang November, aber außer mir schien keiner zu bemerken, dass der Sommer längst vorbei war. Wohin ich mich auch drehte und wendete, überall nur nackte Haut: gebräunt, geschrubbt, gecremt, geschminkt, gezupft und gewachst. Abgrundtiefe, bronzefarbene Dekolletés, schmale, leicht glitzernde Bauchstreifen, wohl geformte Beine bis in solche Höhen, wie man sie sonst höchstens am Strand oder beim Gynäkologen zu sehen bekam. Man wippte zum Rhythmus der Loungemusik, die durch die imposante Stahltür drang, vibrierend vor gespannter Erwartung auf das, was die Nacht wohl bringen würde. Den ersten Martini, der in den Adern kribbelte, den heißen Pulsschlag der Musik, den köstlich würzigen Rauch einer Zigarette, perfekte
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