Die Party Queen von Manhattan - Roman
Averys ganzer Stolz aber hing im Wohnzimmer an der Wand, ein 55-Zoll-Plasmafernseher. Laut Penelope konnte Avery weder Geschirr spülen noch Socken waschen, aber seine Flachflimmerkiste brachte er jedes Wochenende mit einer besonders milden Reinigungsflüssigkeit auf Hochglanz. Bei meinem letzten Besuch hatte er Penelope angewiesen, der Putzfrau zu sagen, »dass sie die Finger von meinem Fernseher lassen soll. Mit ihrer Scheuermilch ruiniert sie mir den Bildschirm. Ich schwöre bei Gott, wenn ich sie noch einmal dabei erwische, kann sie sich einen neuen Job suchen«. Penelope hatte nur geschmunzelt, als ob sie sagen wollte: »Männer - sind und bleiben halt Spielkinder.«
Während ich mich auf dem Fußboden lümmelte, stand sie vor dem Bett und packte Averys Sachen in die Louis-Vuitton-Koffer, die sie von seinen Eltern für die Verlobungsreise nach Paris geschenkt bekommen hatten. Dabei lästerten wir genüsslich über das Essen, das später am Abend zu ihren Ehren stattfinden sollte. Die Frage, warum Avery seinen Krempel nicht selber packen konnte, behielt ich lieber für mich.
»Was weiß ich?«, gab sie zurück. »Wenn mich nicht alles täuscht, geht es ihr darum, ›den Schein zu wahren‹. So hat sie sich zumindest geäußert. Aber ich glaube, in Wahrheit hatte Mutter heute Abend einfach nichts Besseres vor, und zu Hause herumsitzen wollte sie auch nicht.«
»Da kommt natürlich Freude auf.« Die leere Tüte in meiner Hand erinnerte mich daran, dass ich soeben ein ganzes Pfund scharfe Red Hots vertilgt hatte, in sage und schreibe zwölf Minuten. Nach diesem einsamen Rekord fühlte sich mein Mund abwechselnd taub und kribbelig an, aber so was hatte mich noch nie aufgehalten. Mund auf, Mund zu und durch.
»Mir graut es jetzt schon. Ich kann bloß hoffen, dass es kein Supergau wird. Was zum Henker ist das denn hier?« Mit spitzen Fingern hielt sie ein knallblaues T-Shirt mit gelber Aufschrift hoch: LIEBER PUDELNACKT ALS BOXERSHORTS. »Igitt! Meinst du, das hat er schon mal angehabt?«
»Wahrscheinlich. Und … tschüs!«
Sie warf es in den Müll. »Aber du bist mir nicht böse, dass ich dich für heute Abend zwangsverpflichtet habe?«
»Pen! Ich bin dir böse, weil du wegziehst, aber doch nicht, weil du mich zu deinem Abschiedsessen einlädst. Ich habe nichts dagegen, mich von deinen Eltern im Four Seasons freihalten zu lassen. Wann soll ich denn aufkreuzen?«
»Wann du Lust hast. Es fängt um halb neun an. Wenn du ein paar Minuten früher kommst, können wir uns vorher auf dem Klo noch ein bisschen Mut ansaufen. Im Ernst, ich spiele echt mit dem Gedanken, einen Flachmann mitzubringen. Ist das
schlimm? Äh! Nicht so schlimm wie das hier.« Diesmal präsentierte sie mir angewidert ein Paar verschossene, verschlissene Boxershorts, mit einem nicht zu übersehenden Pfeil in Neonpink, der direkt auf den Eingriff zielte.
»Lieber ein Flachmann als ein aufgeblasener Macho. Wie soll ich bloß ohne dich auskommen?«, seufzte ich. Ich hatte mich immer noch nicht an den Gedanken gewöhnt, dass Penelope, seit zehn Jahren meine beste - und einzige - Freundin, ans andere Ende des Kontinents ziehen wollte.
»Du schaffst das schon«, sagte sie bestimmt. Bestimmter jedenfalls, als ich es mir gewünscht hätte. »Du hast Michael und Megu und deine neuen Kollegen, und jetzt hast du auch noch einen Freund.«
Es klang seltsam, dass sie Michael erwähnte, wenn man bedachte, dass wir ihn fast überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekamen.
»Ich bitte dich. Michael hat Megu. Und die Kollegen sind bloß Kollegen. Ein komischer Haufen, der vor lauter Geld und Alkohol kaum noch laufen kann. Und was meinen ›Freund‹ angeht, das will ich jetzt lieber überhört haben.«
Die Wohnungstür fiel ins Schloss. »Wo ist meine Sahneschnitte?«, tönte Avery aus der Diele. »Ich kann es kaum erwarten, dir die Kleider vom Leib zu reißen und dich ins Bett zu zerren!«
»Sei still, Avery!«, rief sie, nicht besonders verlegen. »Bette ist da.«
Aber die Warnung kam zu spät. Er stand schon in der Tür: oben ohne, die Jeans offen. Aus dem Hosenschlitz lugten giftgrüne Boxershorts.
»Ach. Hi, Bette.« Er nickte mir zu, ohne sich im mindesten zu schämen, dass ich seinen großen Auftritt als Verführer mitbekommen hatte.
»Hi, Avery«, sagte ich und sah schnell zu Boden. Wohl zum tausendsten Mal fragte ich mich, was um alles in der Welt
Penelope an ihm fand - abgesehen von seinem wirklich erstklassigen Waschbrettbauch. »Ich wollte sowieso
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