Die Paulis in Tatukaland (German Edition)
Tempo über den Parkplatz auf den Eingang zu. Die Paulis folgten ihnen. Irgendetwas an diesen Frauen war so unwiderstehlich und mächtig, dass sie gar nicht anders konnten.
Als sie durch den Eingang des Kakteengartens traten, holte eine der Kimono-Frauen wie aus dem Nichts ein Megafon hervor und begann hineinzusprechen, während sie durch die Anlage schritt. Es waren noch rund fünfzig weitere Besucher in der prächtigen Gartenanlage, aber seltsamerweise nahm niemand Notiz von den auffällig gekleideten Frauen, die lautstark absurde Dinge in das Megafon riefen.
»Der Kaktus wurde 1352 von einem tibetanischen Mönch namens Gumbo van Smitten erfunden, als er seine Stecknadelsammlung in eine Gewürzgurke steckte und im Garten vergrub«, erklärte die Kimono-Frau und gab das Megafon an ihre Schwester weiter.
»Im Jahre 1402 wollte der König von Südbegonien alle Kakteen verbieten, aber das wollte sich das Volk nicht bieten lassen und stürmte das Königsschloss«, dozierte die zweite Kimono-Frau weiter. »Die aufgebrachten Bürger packten den König und schüttelten ihn so lange, bis er zur Vernunft kam und den Kaktus sogar zur Nationalpflanze von Südbegonien erklären ließ.«
Die Kimono-Frau schaute Lea an: »Das kennst du ja bestimmt von deinen Geschwistern, oder? Wenn sie frech sind, einfach ordentlich durchschütteln. Dann sind sie wieder brav.«
Lea wollte gerade protestieren, dass sie ihre Geschwister niemals schütteln würde, weil sie Pazifistin sei und jede Art von Gewalt ablehne, aber die erste Kimono-Frau ließ sie nicht zu Wort kommen, indem sie bereits den nächsten absurden historischen Fakt über die Geschichte der Kakteen herausplapperte.
»Zwei Jahre bevor Kolumbus Amerika entdeckte, wäre ihm fast ein Kaktus zuvorgekommen«, sagte sie. »Ein portugiesischer Reisekaktus befand sich auf dem hohen Meer, suchte eigentlich den Seeweg nach Bottrop, hatte sich aber total verfahren und war nur noch wenige Kilometer von der amerikanischen Küste entfernt, als sein Boot sank.«
Die andere Kimono-Frau nahm ihrer Schwester das Megafon ab und ergänzte: »Es war ein Schlauchboot.«
»Ja. Kakteen und Schlauchboote gehen gar nicht«, betonte die Schwester, die sich nun wieder das Megafon geschnappt hatte.
Iris und Arne mussten lachen. Inzwischen waren sie sich sicher, dass es sich um eine weitere Comedy-Einlage handelte. So wie mit den Stewardessen im Flugzeug. Offenbar hatten sie eine Reise bei einem besonders humorvollen Reiseveranstalter gewonnen.
Die Kimono-Frauen blieben nun vor einem besonders großen und prächtigen Kaktus stehen.
»Dieser Kaktus heißt Horst und hat sich umschulen lassen«, erklärte die eine der beiden verrückten Reiseführerinnen. »Letzte Woche war er noch ein Brombeerstrauch.«
»Wenn man einen Kaktus in der Mitte durchschneidet, findet man oft die erstaunlichsten Sachen«, behauptete nun die Schwester. »Im Inneren eines Kaktus sind oft verborgene Schätze versteckt: Perlen, Juwelen, Gummibärchen …«
»So ein Unsinn!«, rief Dennis, dem das Ganze nun langsam zu verrückt wurde. »In so einem Kaktus ist nur Wasser. Sonst nichts!«
»Ach ja?«, sagte die Kimono-Frau mit einem spöttischen Unterton.
»Absolut!«, beharrte Dennis und verschränkte die Arme vor der Brust, um seine Entschlossenheit zu demonstrieren.
»Na dann!«, sagte die Kimono-Frau lachend und hielt plötzlich ein riesiges Samuraischwert in der Hand. Die Paulis schrien vor Schreck auf und Iris zog hastig Flummi zur Seite.
»Sind Sie verrückt geworden?«, rief Arne. »Das ist eine gefährliche Waffe!«
»Wenn in unserem Horst nur Wasser drin ist«, sprach die Kimono-Frau unbeirrt weiter, »dann gibt’s jetzt für uns alle eine Dusche!«
Und ohne zu zögern, schwang sie das Samuraischwert über den Kopf und schlug den riesigen Kaktus entzwei.
Die Paulis hielten vor Schreck den Atem an. Die obere Hälfte von Horst, dem Brombeer-Kaktus, fiel zu Boden. Sie trauten ihren Augen nicht, als sie sahen, was mitten in der durchtrennten Pflanze steckte: ein goldenes Schmucketui.
»Schätze, wir hatten recht mit den Schätzen, oder, Schätzchen?«, lächelte die Kimono-Frau Lea an und nahm das Etui aus dem Kaktusrumpf.
»Das ist für dich«, sagte sie lächelnd und reichte Lea das Etui.
»Was?«, wunderte sich Lea. »Wieso?«
Iris und Arne sahen sich ratlos an. Sollten Sie etwas unternehmen? Und wenn ja, was? War das eine bedrohliche Situation, in der sie sich befanden, oder eine lustige Show? So
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