Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe
geschickt.«
»Ihr seid wohl nur auf der Durchreise, was?«
»Sieht so aus. Schusterdienste scheinen in der Gegend nicht sehr gefragt zu sein.« »Herr Dothan dort drüben wäre Euch ohnehin nicht dankbar, wenn Ihr bliebet«, meinte Dringold und deutete mit dem Kopf auf einen stämmigen Mann, der über einem Tisch in der Nähe kauerte. »Er hat so schon genug Mühe, Leib und Seele zusammenzuhalten. In diesen Breiten gibt es nicht mehr viele, die sich mehr als ein Paar Schuhe leisten können, wenn überhaupt, falls Ihr versteht, was ich meine.« Nachdem er die Getränke serviert hatte, kehrte er zu ihrem Tisch zurück und begann mit Cadvan zu plaudern. Maerad saß schläfrig daneben und lauschte der Unterhaltung. Allmählich wurde es spät, und sie freute sich auf erholsamen Schlaf in einem richtigen Bett mit richtigen Laken. Der Plausch drehte sich um das Übliche: wie schwierig es war, sich den Lebensunterhalt zu verdienen; dass die Geschäfte von Jahr zu Jahr schlechter gingen, während die Preise unaufhörlich stiegen. Allerdings fiel Maerad auf, dass Dringold mit keinem Wort-Barden erwähnte. Cadvan nickte mitfühlend. Plötzlich kam die Frau des Herbergswirts mit bleichem Antlitz in den Raum gehetzt. »Ewan«, rief sie. »Es geht um Lanal! Er hat wieder den Krupp, aber wirklich schlimm.« Hastig sprang Dringold auf und entschuldigte sich.
»Vielleicht kann ich helfen«, sagte Cadvan und erhob sich. »Mein Junge litt als Kind auch schlimm am Krupp, da habe ich den einen oder anderen Kniff gelernt.« Die Frau musterte ihn zweifelnd, erhob jedoch keine Einwände, als er ihnen in ihre persönlichen Gemächer folgte. Da Maerad nicht wusste, was sie sonst tun sollte, zockelte sie hinter Cadvan drein.
Der Knabe saß in den Armen einer der Mägde in der Küche am Feuer. Er hatte unverkennbar Mühe zu atmen; jedes Mal, wenn er die Luft einsog, verursachte er dabei entsetzlich röchelnde Laute. Maerad sah, dass seine Lippen bläulich schimmerten. Sie hatte schon öfter Kinder mit solch schlimmen Anfällen gesehen. In der Regel starben sie daran.
»Wie lange ist er schon in diesem Zustand?«, fragte Cadvan, wobei Maerad leicht bestürzt auffiel, dass er nicht wie Mowther, der Schustermeister sprach. »Etwa eine halbe Stunde«, antwortete die Frau. »Aber es wird immer ärger. Ich weiß nicht, was ich machen soll.« Sie biss sich auf die Lippe und sog scharf den Atem ein, als versuchte sie, Tränen zurückzuringen.
»Habt Ihr Huflattich in der Küche? Oder Borretsch?«, wollte Cadvan wissen. »Huflattich? Ich glaube schon … und Borretsch auch, denke ich …« Sie ging zu einem mit kleinen Glasflaschen getrockneter Kräuter beladenen Regal und ergriff einige.
»Macht einen Tee, schnell«, forderte Cadvan sie auf. »Träufelt einen Löffel von jedem in einen großen Topf.«
Behutsam nahm er den Knaben aus den Armen der Magd und setzte sich mit ihm hin. Der Junge bekam zwar nicht genug Luft, um zu schreien, dennoch fürchtete er sich unverkennbar und setzte sich matt zur Wehr.
»Wie heißt er? Lanal?« Cadvan schaute zu Dringold auf. Der Herbergswirt nickte. Cadvan blickte auf den Knaben hinab und flüsterte ihm ins Ohr: »Fearnese, Lanal. Fearnese.« Sogleich atmete das Kind leichter; der Knabe hörte zu zappeln auf und entspannte sich zutraulich an Cadvans Schulter. Cadvan streichelte ihm über das Haar und über die Brust, flüsterte ohne Unterlass dabei, und nach einer Minute endeten die grausigen Laute. Der Knabe begann, richtig zu atmen, und die Furcht einflößend bläuliche Färbung wich aus den Lippen. Dann, ganz plötzlich, setzte das Kind sich auf.
»Ich bin durstig, Mama«, sagte Lanal. Schüchtern schaute er zu Cadvan und streckte die Arme nach seiner Mutter aus.
»Es geht ihm wieder besser«, erklärte Cadvan und reichte Lanal dessen Mutter. »Gebt ihm etwas Tee zu trinken, nachdem er abgekühlt ist; er wird seine Lunge reinigen. Falls er wieder einen solchen Anfall hat, lasst ihn Huflattichdämpfe einatmen, bevor es so schlimm wird wie jetzt. Und bringt ihn in eine warmes Zimmer.« In der Küche herrschte vollkommene Stille.
»Ich dachte, er müsste sterben«, brachte die Gemahlin des Herbergswirts schließlich hervor.
»Kinder kommen oft rasch über so etwas hinweg«, erwiderte Cadvan. »Ich habe das schon häufig erlebt.«
Nun, da Dringolds entsetzliche Furcht um seinen Sohn verebbte, wirkte er beinahe wütend. »Das war Bardenwerk«, sagte er ein wenig zu laut.
»Vielleicht, vielleicht auch
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