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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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andauerten, desto besorgter wurde die alte
Frau. Die Vorstellung, dass ihr Schützling in seinem angeschlagenen Zustand auf
die Stadtmauer steigen wollte, hatte sie fast in Panik versetzt. Doch
Paruschjati war nicht aufzuhalten gewesen.
    Sie legte auch die zweite Hand auf die Brüstung und stützte
sich dadurch ab. Obwohl ihr Magen inzwischen völlig leer war, fühlte er sich
schwer an wie ein Ziegelstein. Der Gestank des Asphalts, mit dem die Mauerfugen
abgedichtet waren, stieg ihr in die Nase und bescherte ihr eine neue Woge von
Übelkeit. Ischna, die sich auf Mannujas Geheiß für den Fall der Fälle mit einer
Schüssel bereithielt, rückte vorsorglich näher. Doch dann wehte eine frische
Brise vom Fluss herüber und machte Paruschjati das Leben wieder etwas leichter.
    Von der Mauer aus hatte man einen hervorragenden Blick auf
das Heerlager. Scharen von Schaulustigen drängten sich auf der Krone und
starrten zu den Zelten hinüber. Eine Gestalt fiel Paruschjati ins Auge, ein Grieche
in einem geflickten Mantel. „Der Mann dort! Er soll herüberkommen“, krächzte
sie mit vom Erbrechen rauer Kehle. Artaschura machte sich auf den Weg.
    Auf Ephippos’ Gesicht lag ein selbstzufriedenes Grinsen, das
einem Anflug von Besorgnis wich. Ich muss furchtbar aussehen, dachte
Paruschjati, als sie den Schriftsteller weiter zu sich heranwinkte. Zögernd
trat er näher, möglicherweise fürchtete er, sich anzustecken. Schließlich
siegte die Neugier, wahrscheinlich auch die Erwartung, sich wieder gekonnt in Szene
setzen zu können.
    „Hohe Dame“, flötete Ephippos pathetisch wie gewohnt, „wie
ich sehe, überzeugst du dich gerade persönlich davon, dass der Aufbruch der
Armee verschoben wurde. Offensichtlich geht es dem König schlechter, als die
Hofschranzen zugeben. Ist das nicht der beste Beweis, dass auf dem Gastmahl bei
Medios ...“
    „Kein langes Gerede“, unterbrach Paruschjati seinen
Redeschwall. „Was genau ist an dem Abend vorgefallen?“
    Ephippos hob abwehrend die Hände. „Als ich das letzte Mal
darüber sprechen wollte, hat man mir gedroht, mich in den Fluss zu werfen.“
    „Alles, was du sagst, bleibt unter uns. Faiduma, gibt dem
Mann ein Goldstück.“
    Kommentarlos ließ Ephippos die Münze in seiner Börse
verschwinden. Er setzte eine Verschwörermiene auf und rückte näher. „Inzwischen
habe ich Nachforschungen über den bewussten Abend angestellt. Die Gäste geben
sich zugeknöpft, doch die Dienerschaft ist gesprächiger. Mehrere Augenzeugen
haben mir übereinstimmend Folgendes berichtet: Der König lässt sich also den
bewussten Becher bringen und trinkt. Plötzlich stößt er einen Schrei aus. Der
Becher fällt aus seiner Hand, Alexander bricht zusammen und hält sich stöhnend
die Seite, als sei sie von einem Pfeil durchbohrt worden. Alles springt auf,
seine Freunde umringen ihn. Sie helfen ihm auf, und er verlässt den Raum, auf
ihre Arme gestützt. Und seit diesem Abend ist er krank, wird kränker und
kränker. Trotzdem beteuern alle immer wieder, dass es ihm gut geht: Nur ein
kleines Fieber, schon überstanden. Merkwürdig, das alles, findest du nicht
auch?“
    Paruschjati versuchte die in ihr aufsteigende Angst zu
unterdrücken. „Willst du damit andeuten, der König könnte vergiftet worden
sein?“
    „Diesen Eindruck könnte man gewinnen, nicht wahr? Jedenfalls
brodelt die Gerüchteküche.“
    „Sagen die Gerüchte auch, wer hinter einem möglichen
Anschlag stecken könnte?“
    Ephippos zögerte kurz. „Ich weiß nicht, wie gut du dich in
politischen Belangen auskennst. Ist dir Antipatros ein Begriff?“
    „Selbstverständlich.“ Paruschjati verstand nicht, warum
griechische Männer Frauen immer für politisch unbedarft hielten. Vielleicht
waren ihre eigenen Frauen tatsächlich so, Makedoninnen allerdings nicht, soweit
Paruschjati das bisher hatte feststellen können. Und persische Damen schon gar
nicht.
    „Antipatros ist Alexanders Statthalter in Europa“,
erläuterte Ephippos nichtsdestotrotz. „Seit elf Jahren hält er dem König den
Rücken frei, er sichert den Nachschub für die Armee in Asien und sorgt dafür,
dass die Griechen im Mutterland nicht aufmucken. Jetzt ist Krateros mit zehntausend
Veteranen unterwegs, um ihn abzulösen. Antipatros selbst wurde nach Babylon
beordert.“ Ephippos senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Was ist, wenn er es
vorzieht, Statthalter in Europa zu bleiben? Oder wenn er sich fragt, was ihn in
Babylon erwartet? Voriges Jahr hat Alexander

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