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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sehr fürchten – Lungenschwäche, Kurzatmigkeit, Bluthusten. Er wusste, dass er sterben muss. Und er wusste auch, woran. Unser Handwerk hat ihn getötet.«
    Für einen Moment war es so still im Raum, als hätten alle den Atem angehalten. Johannas Blicke flogen zu Vincent, der plötzlich so erschöpft wirkte, als hätte er einen hohen Berg erklommen. Dann räusperte sich der Grewe mehrmals.
    » Das alles mag ja durchaus zutreffen«, sagte er. » Doch die Unschuld der Arnheimerin ist für mich damit noch lange nicht erwiesen.«
    » Ihre Schuld aber auch nicht«, schrie Vincent und machte einen Satz nach vorn. » Ihr habt nichts gegen sie in der Hand – außer diesem verdammten Topf.«
    » Vergesst nicht die Anschuldigung eines ehrbaren Bürgers …«
    » Ein Schwager, der auf das Lilienhaus scharf ist, das ihr gehört. Und das er bereits bezogen hat, so eilig war es ihm damit. Wie ehrbar ist das?« Nur mit Mühe gewann Vincent seine Fassung zurück.
    Der Grewe zuckte die Schultern.
    Johannas Knöchel wurden weiß, so fest schob sie ihre Hände ineinander. Ihre Lippen bewegten sich stumm, als spräche sie zu sich selbst.
    » Warum lasst Ihr nicht ein Gottesurteil entscheiden?«, sagte Vincent plötzlich. » Soll doch eine höhere Macht über ihre Schuld oder Unschuld bestimmen!«
    Er lief zu Johanna, die ihn erschrocken anstarrte, griff nach ihrem Band und riss es mit einem Ruck herunter.
    » Seht Ihr das?«, rief er. » Jene Narben, die sie versteckt? Die Pest hat sie gezeichnet, jene Seuche, die derzeit auch in Köln wütet. Zu Hunderten sterben die Menschen, vielleicht bald schon zu Tausenden. Steckt sie ins Pesthaus und lasst sie dort den Dienst an den Kranken tun, zu dem sich sonst kaum jemand bereit erklärt. Ist Johanna Arnheim unschuldig, wird sie überleben, denn dann ist Gottes Gnade mit ihr. Ist sie aber schuldig und wird infiziert, erleidet sie den grausamen Tod, den sie verdient.«
    Der Grewe begann schief zu lächeln.
    » Ein Vorschlag, der Seiner Exzellenz durchaus gefallen könnte«, sagte er, » obwohl der Erzbischof sonst vielerlei Neuerungen zugeneigt ist. Ein Vorschlag, dem auch ich kraft meines Amtes zustimmen könnte. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen: Ihr persönlich seid dafür verantwortlich, dass sie dort ankommt. Zudem hat sie jegliches Recht auf ihren einstigen Besitz verwirkt. Und sie darf das Pesthaus unter Androhung der Todesstrafe nicht verlassen, solange die Seuche wütet.«
    Plötzlich schien Pech auf Johannas Schultern zu tropfen, schweres, heißes, stinkendes Pech, das sie versengte und immer weiter zusammenschrumpfen ließ. Es war, als ob etwas sie in den Boden drückte. Machtvoll. Unbarmherzig. Wie lebendig begraben zu werden, so fühlte es sich an.
    Und nichts anderes war es ja auch.
    x
    Kein Wort hatte sie mit ihm gewechselt auf dem Weg von der Hacht in die Marzellenstraße, und selbst als sie im Haus angekommen waren, blieb Johanna stumm wie ein Fisch. Die Büttel, die sie begleitet hatten, warteten vor der Tür. Der Grewe wollte sichergehen, dass seine Anordnungen auch befolgt wurden.
    Vincent führte Johanna in den kleinen Raum neben der Küche, wo der Bottich stand. Auf einem Stuhl lagen Tücher, Strümpfe, mehrere Hemden und zwei einfache graue Kleider. Ein Topf mit Seifenschaum stand daneben. Ebenso ein Paar neue Holzpantinen.
    » Das Wasser ist jetzt heiß genug«, sagte er. » Ich lasse es dir gleich bringen.«
    » Wozu?« Johanna fuhr zu ihm herum. » Damit ich sauber gewaschen zur Hölle fahre? Du schickst mich ins Pesthaus – lieber wäre ich auf der Stelle tot!«
    » Du wirst nicht sterben. Die Pest, die du überlebt hast, hat dich immun gegen eine neue Ansteckung gemacht.« Er war schon an der Tür.
    » Du weißt gar nichts!« Sie packte die Pantinen, warf sie ihm hinterher. » Ich hasse dich. Verschwinde! Ich wünschte, ich wäre dir niemals begegnet.«
    Sie sank neben dem Bottich zusammen. Da hörte sie ein leises Tapsen, das immer näher kam. Dann ertönte ein zartes Gurren.
    » Mieze!« Johanna hob die Katze hoch und begrub ihre Nase in dem weichen Fell. » Was machst du denn hier?«
    » Er hat sie gerettet«, sagte eine kratzige Frauenstimme. » Aber sie sucht dich. Immer.« Zwei Eimer wurden abgestellt. » Bin schon viel zu alt zum Schleppen.«
    » Sabeth!« Johanna schubste die Katze weg und stand auf. » Du bist auch hier!«
    Sie drückte die alte Frau so fest, dass diese aufschrie und sie wegschob.
    » Brichst mir ja alle Knochen!«, sagte

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