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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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hast gestanden?«, fragte Johanna erschrocken.
    In fieberhaftem Stakkato hatte Lenne sich bei ihr das Elend einer freudlosen Ehe von der Seele geredet. Die Schläge, die bald nach der Hochzeit einsetzten, nachdem die Mitgift verbraucht war. Die Enttäuschung des Mannes, als sie nach Jahren ein Mädchen zur Welt brachte. Von der Dreistigkeit, mit der er wahllos Buhlschaften in der nächsten Nachbarschaft einging, bis er schließlich Gefallen am Würfeln fand und alles, was die einstmals florierende Lebzelterei abwarf, zu den Huren auf dem Berlich trug. Als die Kleine heranwuchs und er sich nachts in ihre Kammer stahl, beschloss Lenne seinen Tod. Die geliebte Tochter, die aus Scham in den Fluss gegangen war, konnte sie damit nicht mehr lebendig machen. Die Eisenhutsuppe jedoch, die sie dem Peiniger schließlich kredenzte, ließ ihn das eigene Sterben bei vollem Bewusstsein miterleben. Ihre Stimme hatte vor Genugtuung vibriert.
    Jetzt würde sie das letzte Wort behalten – wenigstens ein einziges Mal im Leben!
    » Nosch nischt, aber schie bringen disch daschu!« Weinend bäumte sie sich auf. » Schie haben einen schpeziellen Trunk. Jausche, Pische, Eschkremente – für Giftmischerinnen. Du schollscht nach mir die Näschte schein.«
    Johanna fuhr zurück, als schlage ihr der üble Geruch schon jetzt ins Gesicht.
    » Aber ich bin unschuldig!«, rief sie. » Niemals habe ich Severin auch nur ein Haar gekrümmt!«
    » Dasch ischt ihnen egal«, jaulte Lenne auf. » Schwarsche Schpinnen – scho nennen schie unsch.«
    Johanna wusste, dass Lenne recht hatte.
    Turmmeister Meigin hatte sich ihr gegenüber bislang auf Verhöre beschränkt, die allerdings von Tag zu Tag länger und bohrender wurden, was den Schreiber, der alle Fragen und Antworten aufzuzeichnen hatte, zu immer mehr abgrundtiefen Seufzern veranlasste. Meigin hatte nach Severins Tod gelegentlich Wein bei ihr gekauft. Stets war er dabei ein wenig länger geblieben als unbedingt notwendig. Vielleicht war die steife Korrektheit, die er nun an den Tag legte, auch darauf zurückzuführen.
    Doch ihre Schonfrist lief ab. Der Erzbischof erwartete Ergebnisse, das hatte Meigin ihr das letzte Mal zugeraunt. Wenn sie nicht endlich gestand, drohte die Folter.
    Schwere Schritte ertönten.
    Als könnte er Gedanken lesen, öffnete Meigin mit seinem klirrenden Schlüsselbund das Verlies, eine brennende Fackel in der Hand.
    » Die nächste Runde, Witwe Arnheim.« Er packte Johannas Arm und führte sie hinaus. » Bleibt Ihr vernünftig, so kann ich Eure Hände ungefesselt lassen. Falls nicht, muss ich Euch unterwegs binden.«
    » Wohin bringt Ihr mich?«, fragte sie bestürzt, als er sie die Treppe hinuntertrieb.
    Bisher hatten alle Verhöre im Frankenturm stattgefunden, einem länglichen Raum, einige Stockwerke höher, der zwar vergitterte Fenster hatte, wo sie aber den Rhein erspähen konnte, wenn sie günstig stand. Der Fluss war ihre Zuflucht gewesen, seit sie denken konnte. Schon als Kind war sie an sein Ufer gelaufen, obwohl der Oheim es niemals gern gesehen hatte, wenn sie sich dort herumtrieb. Doch nicht einmal strengste Verbote hatten sie davon abhalten können. Jahre später war eine Fischerhütte zwischen zwei alten Platanen ihr Zufluchtsort mit Vincent geworden. Sogar das verhasste Kloster der Magdalenerinnen hatte unweit des Rheins gestanden. Blauer war er ihr in jenen Tagen erschienen, trotz der Trübnis, die auf ihr lag, wissend und uralt, eine Lebenslinie aus Wasser, die in unbekannte Fernen führte, während ihr junges Dasein viel zu früh an einem Endpunkt angekommen schien.
    Sie hatte damals überlebt – sie würde auch jetzt überleben!
    Tonlos murmelten ihre Lippen diesen Satz, wieder und immer wieder, während ihr Herz sich standhaft weigerte, an ihn zu glauben.
    » Wohin bringt Ihr mich?«, wiederholte sie und machte sich steif.
    Moder schlug ihnen entgegen. Der Boden unter ihren nackten Füßen war glitschig. Sie mussten längst zur ebenen Erde angelangt sein, wenn nicht gar tiefer.
    Der Turmmeister bückte sich, stieß eine Falltür auf.
    » Da hinunter?« Johanna schüttelte den Kopf. » Wollt Ihr mich etwa heimlich beseitigen?«
    » Stellt Euch nicht so an! Was Euch gerade geschieht, liegt einzig und allein in Eurer eigenen Verantwortung.« Meigins Stimme klang plötzlich hart. » Beeilt Euch! Man erwartet uns.«
    Der Gang war eng und niedrig. Geröll ritzte die nackten Sohlen. Das schmutzige Kleid klebte ihr am Leib wie eine zweite Haut. Die Fußfesseln

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