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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Bäumen verschwunden war, waren Sobahet und seine Männer aufgebrochen, und Ibrahim musste sich zu Fuß hinter ihnen herschleppen. In seinem Zustand konnte er weder allein in den Bergen bleiben noch nach Córdoba zurückkehren, also folgte er den Monfíes wie ein räudiger Hund – immer in einem gewissen Abstand. Sobahet ließ ihn schweigend gewähren, Ubaid hingegen verhöhnte ihn und warf ihm Essensreste vor die Füße. Als Ibrahim nach einigen Tagen erfuhr, dass zwei der ehemaligen Sklaven vorhatten, an die valencianische Küste zu gelangen, um zu den Barbaresken überzusetzen, schloss er sich ihnen an. Unterwegs fanden sie Unterschlupf in den Häusern anderer Morisken, und das Essen stahlen sie sich auf kleinen Märkten. Immer wieder entkamen sie nur knapp den Streifen der Santa Hermandad. Zunächst orientierten sich die drei gen Osten, Richtung Albacete, dann schlugen sie den Weg nach Xátiva ein, und von dort wollten sie im Königreich Valencia die Küstenorte zwischen Cullera und Gandía erreichen, in denen viele Morisken lebten.
    Trotz der zahlreichen Kontrollen gelang es den Morisken immer wieder, von diesem Küstenstreifen aus zu den Barbareskenstaaten überzusetzen. Die Korsaren, die im Königreich Valencia auf Kaperfahrten und Raubzügen unterwegs waren, halfen ihnen dabei. Es war absurd. Die Spanier machten den zwangsbekehrten Neuchristen das Leben auf der Iberischen Halbinsel zur Hölle, aber gleichzeitig hinderten sie sie daran, in islamische Länder zu fliehen. Die Adligen und Großgrundbesitzer wollten um keinen Preis die billigen Arbeitskräfte verlieren, und die Kirche bestand ihrerseits auf der Rettung dieser Seelen. Aber auch die Morisken hatten großes Interesse an der Rettung ihrer Seelen … und zwar dort, wo Mohammed gepriesen wurde. Also halfen die Glaubensbrüder im Königreich Valencia allen, die das Land verlassen wollten, das ihnen acht Jahrhunderte lang gehört hatte, um zu den Barbaresken zu gelangen.
    Zusammen mit einigen anderen Morisken gelang Ibrahim und seinen beiden Gefährten schließlich ihr Vorhaben. An einem frühen Septembermorgen plünderten etwa fünfzig Korsaren die Häuser der Christen um Cullera. Die Piraten hielten dabei an ihrer üblichen Vorgehensweise fest: Drei Galeoten hatten im Schutz der Nacht in einiger Entfernung von Cullera geankert, und die Besatzung war an Land gegangen. Im Morgengrauen hatten sie sich ihrem Ziel zu Fuß genähert. Anders als beim Angriff durch eine ganze Flotte von Kaperschiffen setzten diese Landüberfälle auf Überraschung und Schnelligkeit. Die Plünderungen mussten besonders zügig durchgeführt werden, noch ehe die betroffene Stadt und die umliegenden Ortschaften Sturm läuten konnten – denn die Korsaren wollten an Land keine großen Kämpfe austragen. Später sammelten die Galeoten die Korsaren und ihre Beute an einem vereinbarten Treffpunkt wieder ein.
    In der Nacht vor dem Überfall auf Cullera war eine Vorhut der Piraten an Land gegangen, um von den ortsansässigen Morisken nützliche Informationen für ihren Raubzug zu bekommen. Dabei war Ibrahim zu ihnen gestoßen und hatte sich mit den beiden Sklaven und einigen anderen Morisken den Korsaren angeschlossen. Zwei ortskundige Männer zeigten den Piraten den Weg nach Cullera.
    »Gib mir ein Schwert, ich will mitkämpfen«, bat der ehemalige Maultiertreiber den Anführer, als sie am Strand ankamen, an dem sich die Korsaren bis zum Morgengrauen verstecken wollten. Die Galeoten waren außer Sichtweite auf hoher See geblieben.
    »Du bist Moriske, und dir fehlt eine Hand!«, wehrte ihn der Korsar ab. »Lass mich bloß in Ruhe!«
    Ibrahim kochte innerlich vor Wut, riss sich jedoch zusammen und ging zu den anderen Morisken, die etwas abseits im Sand saßen.
    »Was glotzt du so dämlich?«, herrschte er einen der Sklaven aus Ubaids Trupp an und trat ihm ins Gesicht. Schließlich forderte ihn ein mürrischer Korsar auf, sich gefälligst zu den anderen zu setzen und endlich das Maul zu halten.
    Der Korsarenangriff auf Cullera dauerte nur wenige Minuten: Sie überraschten die Bauern auf den Feldern und nahmen neunzehn Gefangene. Anstatt ihre Ausbeute noch zu vergrößern, indem sie die Flüchtigen verfolgten und gefangen nahmen, eilten sie schnell zu den bereits in der Nähe von Cullera vor Anker liegenden Galeoten. Weder die Wachen und Büttel in der Stadt noch aus den umliegenden Ortschaften hatten auch nur den Hauch einer Chance: Noch bevor sie den Angriff als solchen wahrgenommen

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