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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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schon seit geraumer Zeit hatte sie das Gefühl, in ihren großzügigen Gemächern zu ersticken. Abdul und Shamir hatten vor Kurzem versucht, ein spanisches Handelsschiff zu kapern, das aber nur als Köder gedient hatte, und sie waren von den restlichen, plötzlich auftauchenden Schiffen der Flotte eingekesselt und gefangen genommen worden. Wie hatten sie nur in so eine Falle tappen können? Vielleicht besaßen sie einfach zu viel Selbstvertrauen … Einige ihrer Männer, die entkommen konnten, überbrachten verwirrende und widersprüchliche Nachrichten: Die einen sagten, sie seien tot, die anderen, sie seien nur Gefangene, und einer behauptete sogar, sie hätten sich selbst ins Meer gestürzt. Dann kam jemand mit der Nachricht, sie seien zur Galeere verurteilt worden, aber auch das konnte niemand mit Gewissheit bestätigen. Fatima beweinte das Schicksal ihres Sohnes, auch wenn sie in ihrem tiefsten Inneren längst erkannt hatte, dass seit dem Zusammentreffen der Korsaren mit Ibn Hamid in Toga etwas in ihrer Beziehung zerbrochen war.
    Shamirs Witwe hatte nicht lange gezögert und das ansehnliche Vermögen an sich gerissen, das ihr Ehemann hinterließ, und die Richter gaben ihr ohne zu zögern recht. Fatimas Beziehung zu Shamirs Familie beschränkte sich auf wenige Berührungspunkte. Für diese Leute war sie nur die Mutter des christlichen Stiefbruders, und Shamirs Schwiegereltern setzten ihr eine Frist, den Palast zu verlassen. Was sollte sie nun tun? Die Barmherzigkeit von Abduls Gattin oder einer ihrer Töchter in Anspruch nehmen?
    Doch es gab noch eine andere Möglichkeit. Der Vorschlag kam von Ephraim, als er von ihrer neuen Situation erfahren hatte. Wenn er schwieg, würde Shamirs Familie niemals von den zahlreichen Investitionen erfahren, die die beiden Korsaren im gesamten Mittelmeerraum getätigt hatten. Fatima könnte sich mit diesem Geld ein neues Leben aufbauen, und Ephraim wollte die Führung und somit den Gewinn aus den Geschäften nicht verlieren, die Shamirs Familie in Zukunft bestimmt jemand anderem anvertrauen würde. Fatima konnte auf diese Weise eine reiche Frau bleiben. Allerdings nicht in Tetuan, denn hier würde sie niemals die Herkunft ihres Vermögens offenlegen können.
    Fatima spazierte in dem Saal auf und ab. Ohne Abdul und Shamir war sie zwar allein auf sich gestellt, aber endlich auch frei! Nichts hielt sie mehr in Tetuan. Sie konnte die Stadt für immer verlassen. Zudem sollte nun Ibn Hamid aus Spanien ausgewiesen werden, und seine Gattin musste zurückbleiben. Wer, wenn nicht Gott, konnte ihr eine so eindeutige Botschaft schicken?
    Sie ging in den Patio und betrachtete den Wasserspeier. All dies würde sie schon bald nicht mehr sehen müssen. Konstantinopel! Dort könnte sie leben. Ibn Hamid musste inzwischen über fünfzig Jahre alt sein. Wie er jetzt wohl aussah? Da war sie sich plötzlich sicher. Ja! Sie musste ihn wiedersehen! Das Schicksal, das bisher so hart zu ihnen gewesen war, schenkte ihr nun die Hoffnung auf ein Wiedersehen. Und die Frau, die gelitten und getötet, die geliebt und gehasst hatte, wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
    »Lasst Ephraim kommen!«, rief sie entschlossen zu ihren Sklaven.
    Der Jude hatte gesagt, dass die Morisken von Sevilla aus deportiert werden würden. Sie musste unbedingt dort sein, bevor Hernando das Schiff bestieg, das ihn über die Meerenge bringen würde. Sie hatte von den abscheulichen Gräueltaten an Flüchtlingen aus dem Königreich Valencia gehört. Auch Tetuan hieß die Vertriebenen, die es bis in die Korsarenstadt geschafft hatten, wahrlich nicht willkommen. Fatima brauchte aber ein Schiff, mit dem sie anschließend gleich nach Konstantinopel weiterreisen konnten. Und sie benötigte Geleitbriefe, mit denen sie sich in der spanischen Stadt frei bewegen und nach ihm suchen konnte. Aber zuvor musste sie noch ihre Geschäfte regeln und sich verschiedene Gefälligkeiten erkaufen. Ephraim würde sich darum kümmern. Wie immer. Er erreichte stets, was sie wollte … um jeden Preis.
    Bis Don Gil Ulloa mit den neuen Anordnungen zurückkehrte, durften sie in dem Haus bleiben. Rafaela saß abwesend in ihrem Zimmer, während ein Notar und ein Büttel eine vollständige Liste über die Gegenstände des Hauses und ihren persönlichen Besitz erstellten.
    »Aber der Erlass …«, stammelte Rafaela, als sie sah, wie der Notar sogar in der Truhe wühlte, in der sie ihre Kleidung aufbewahrte, »der Erlass besagt, dass nur die

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