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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Pferden auf.
    »Bleibt alle dicht bei mir. Lauft nicht davon«, sagte sie zu ihren Kindern und ging schnurstracks auf ein Fuhrwerk zu, das sie in der Nähe entdeckt hatte. Ohne um Erlaubnis zu bitten, stieg sie einfach auf den Kutschbock.
    »He! Was machst du da?«, fragte der Kutscher und zog an ihrem Rock.
    Doch Rafaela hielt dem Zerren stand, stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte über das weitläufige Gelände. Wo waren die sechzehn Pferde?
    »Das kann doch nicht so schwer sein«, murmelte Rafaela.
    Der Mann wollte nun seinerseits hinaufsteigen, doch Muqla stürzte sich auf ihn und umklammerte sein Bein. Sofort waren sie von Schaulustigen umringt, und der Kutscher versuchte, den Jungen unsanft abzuschütteln.
    »Sechzehn Pferde!«, sprach sich Rafaela Mut zu.
    Das laute Schimpfen des Mannes, den Muqla mit aller Kraft zurückzuhalten versuchte, war nicht zu überhören.
    »Dort!«, rief sie plötzlich freudig.
    Die Pferde waren unterhalb des glänzenden Turmes, der sich am anderen Ende des Geländes erhob, deutlich zu erkennen.
    Wie ein junges Mädchen hüpfte Rafaela vom Fuhrwerk. Den heftigen Schmerz in ihren Füßen, als sie am Boden aufkam, nahm sie gar nicht mehr wahr.
    »Habt tausend Dank, guter Mann«, sagte sie zu dem verdutzten Kutscher. »Muqla, komm, lass den Herrn in Frieden.« Der Junge ließ von seinem Opfer ab und brachte sich vor dessen Fußtritten in Sicherheit. »Los, Kinder, es geht weiter!«
    Rafaela bahnte sich ihren Weg durch die Menge der wartenden Morisken. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie Männern und Frauen auswich.
    »Kinder, wir haben es gleich geschafft«, sagte sie immer wieder.
    Die beiden Kleinen trug sie auf den Armen. Muqla konnte nur mit Mühe Schritt halten.
    »Ich will nie wieder ohne dich sein!«, hatte Fatima nach ihrem langen Kuss gerufen. Jetzt schmiegten sie sich aneinander, und für einige Augenblicke waren sie wieder der junge Maultiertreiber und das Mädchen aus den Alpujarras.
    »Komm mit mir nach Konstantinopel«, sagte Fatima. »Nimm deine Kinder mit. Es wird uns an nichts fehlen. Ich habe Geld, Ibn Hamid, viel Geld. Nichts und niemand kann uns aufhalten.«
    Hernando hörte, was sie sagte, und sah sie dabei unschlüssig an.
    »Deiner anderen Familie lassen wir Geld zukommen«, setzte Fatima hastig hinzu. »Ephraim wird sich darum kümmern. Auch ihnen wird es an nichts fehlen, das schwöre ich dir.« Fatima sprach, ohne nachzudenken, die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.
    Amin und Laila sahen sich staunend an. Unwillkürlich suchten sie Miguels Nähe, während sie sprachlos den Worten dieser Fremden lauschten, die soeben ihren Vater geküsst hatte.
    »Ich habe ein Schiff. Ich habe die notwendigen Genehmigungen für die Beförderung unserer Glaubensbrüder in die Barbareskenstaaten. Danach fahren wir weiter gen Osten. Und dort ziehen wir in ein großes Haus … Ach was! In einen Palast! Wir werden alles haben, was wir brauchen. Wir können wieder so glücklich sein wie früher, als wäre nichts geschehen, jeden Tag werden wir uns wiederfinden …«
    Hernando war überwältigt von seinen Gefühlen, außerstande, auch nur ein Wort hervorzubringen.
    »Niemand wird uns je wieder trennen können, niemals«, sagte Fatima immer wieder, als Hernando schließlich zu seinen Kindern blickte.
    Was sollte aus ihnen werden? Und Rafaela? Und den Kleinen, die in Córdoba zurückgeblieben waren? Amin und Laila durchbohrten ihn mit ihren Blicken, unzählige Fragen und Anschuldigungen standen ihnen ins Gesicht geschrieben. Wer war diese Frau? Was für ein Leben sollte das sein, so weit weg von ihrer Mutter? Hernando spürte ihre Ablehnung wie tausend feine Nadeln, die sich in sein Fleisch bohrten. Miguel … Miguel sah zu Boden, und seine Beine wirkten noch krummer als sonst. Fatima verstummte und machte einen Schritt zurück. Statt ihrer Freudenrufe waren auf einmal wieder der Lärm und die Klagen der Morisken zu hören, die in El Arenal eingepfercht waren. Die Wirklichkeit kehrte in ihr Bewusstsein zurück. Hernando überlegte. Nur der Allmächtige konnte seine erste Frau hierhergeleitet haben!
    Er wollte gerade antworten, da hörte er auf einmal Lailas Stimme.
    »Mutter!«, rief seine Tochter und rannte los.
    »Lai …!«, begann Hernando. Mutter? Da sah er Amin hinter seiner Schwester herrennen. Er erstarrte: Nur wenige Schritte vor ihm stand Rafaela, umarmte Amin und Laila und überhäufte sie mit Küssen. Die drei jüngeren Geschwister umringten sie.

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