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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Elsbeth war sich nicht sicher, wie viel davon der natürlichen Anlage des jüdischen Kaufmanns zur Theatralik geschuldet war. »Es geht um Ketzerei«, flüsterte er dann. »Der Burgherr war ein heimlicher Anhänger der Katharer. Wenn er zur Andacht ging, behielt er die Hostie im Mund, um sie nachher in den Abtritt spucken zu können. Seine Soldaten machten mit ihren Bogen und Armbrüsten Zielübungen auf den Heiland am Kruzifix der Burgkapelle, bis echtes Blut aus dem geschnitzten Körper des Gekreuzigten rann. An jedem katharischen Festtag gab es dunkle Messen auf der Burg, bei denen junge Burschen und Mädchen aus der Umgebung gezwungen wurden, teilzunehmen. Sie mussten Kröten küssen und sich ihrerseits von einem geheimnisvollen bleichen Mann küssen lassen, woraufhin Kälte von den Unseligen Besitz ergriff und jede Erinnerung an den rechtmäßigen katholischen Glauben schwand. Ein schwarzer Kater wurde bei diesen Messen verehrt, als wäre er ein Heiliger, und als die Lichter gelöscht wurden …« Daniel bin Daniel verdrehte die Augen und räusperte sich, »… wurde es dunkel.«
    Die beiden Schwester sahen ihn verständnislos an. Daniel bin Daniel lachte. »Natürlich hat das Gerücht auch genau beschrieben, was im Dunkeln geschah, aber erspart es mir bitte, es wiederzugeben. So etwas gehört sich nicht unter zivilisierten Menschen, wie wir es sind.«
    »Das ist Schwachsinn.«
    »Ihr werdet staunen, dieser Meinung waren die Benediktiner auch. Bis auf die Dinge, die im Dunkeln geschehen sein sollten, die hielten sie für bare Münze.«
    »Die Benediktiner kannten diese Gerüchte?«
    »Sie haben sie uns bestätigt.«
    »Und sie haben uns trotzdem losziehen lassen?«, platzte Reinhild heraus. »Diese … Arschlöcher!«
    »Dafür wird dir die Mutter Oberin zwanzig Ave Maria auferlegen«, sagte Elsbeth.
    »Ich habe nicht vor, der Mutter Oberin das zu beichten«, erklärte Reinhild trotzig. »Sie haben uns einfach ziehen lassen, diese Saufköpfe, anstatt uns zu warnen. Wahrscheinlich hatten sie Sorge, wir würden sie um einen Schluck Bier anbetteln, wenn wir weiter mit ihnen reisen würden.«
    Daniel bin Daniel spitzte amüsiert die Lippen. »Ich erinnere mich, dass einer so etwas Ähnliches gesagt hat wie: ›Wer hätte die beiden Weiber aufhalten wollen? Die sahen nicht so aus, als würden sie sich von was abbringen lassen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatten. Außerdem, die Kleinere, die hat Haare auf den Zähnen, vor der würde der Teufel selbst den Schwanz einziehen, wenn sie ihn auf der Burg fände.‹«
    »Haare auf den Zähnen« , brummte Elsbeth empört. »Ist das alles, was er gesagt hat?«
    »Ich habe die vielen Rülpser weggelassen, die seine Rede begleiteten.«
    »Ich wette, Ihr habt auch die respektlosen Anreden Euch gegenüber weggelassen.«
    »Ich kann mich an keine erinnern, Schwester Elsbeth.«
    »Reb Daniel, wie schafft Ihr es ständig, das Gute in den Menschen zu sehen?«
    »Weil es mir andauernd begegnet, Schwester Elsbeth. Seht Euch beide an, oder Eure Mutter Oberin … Menschen wie Kaiser Federico …«, er überlegte ein paar Augenblicke, »oder mein Weib … meine Kinder … meine Enkelkinder …«
    »Hört schon auf«, rief Elsbeth lachend. »Wenn man Euch zuhört, könnte man meinen, es gäbe mehr gute als schlechte Menschen.«
    »Aber das ist doch auch so!«
    Elsbeth senkte beschämt den Kopf. »Dürfen wir uns Euch anschließen auf dem Weg zurück nach Papinberc, Reb Daniel?«
    Daniel bin Daniel breitete die Arme aus. »Morgen nach der Mittagsstunde brechen wir auf.«
    5.
IN DEN HASSBERGEN
     

     
    »Hast du alles verstanden, was sie gesagt haben?«, flüsterte Godefroy.
    Rogers nickte. »Das meiste.«
    »Glaubst du, wir können diesen gastlichen Ort nun endlich verlassen?«
    Rogers sah sich um. »Was hast du gegen Schweineställe?«
    »Ich habe was dagegen, wenn die Schweine noch drin sind.«
    »Sie tun uns doch nichts.«
    »Aber der Geruch …!«
    »Ich glaube, daran haben sie sich mittlerweile gewöhnt.«
    Godefroy starrte Rogers finster an. Rogers gab ihm einen Stoß, und sie kletterten über die niedrigen Trennwände zwischen den Schweinepferchen und schlichen am hinteren Ende des Stalles hinaus. Der Wald war nur ein paar Schritte entfernt, und er war dicht genug, um sie vor allen Blicken zu verbergen. Godefroy orientierte sich, dann schlug er die Richtung ein, die sie zu den tiefer im Wald versteckten Pferden bringen würde. Rogers hatte gelernt, nicht daran zu

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