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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Vollkommenheit bestimmt war, dann du, Rogers.«
    »Ich bin nichts weniger als vollkommen, Mama.« Rogers erkannte jetzt, dass er nicht hier herausgekommen war, um die Nähe seiner Mutter zu genießen, sondern um zu beichten. Aber wie beginnen? Wie eröffnete man ein Gespräch, in dem man zugab, dass man alle betrogen hatte: das Andenken an tote Brüder, an einen verschwundenen Vater, an Mutter und Schwester, an die eigene Kultur – und die Liebe zu der Frau, die die Einzige war, die man jemals uneingeschränkt und aus vollem Herzen würde lieben können? Er öffnete den Mund, um zu gestehen, und hörte sich erstaunt dabei zu, wie er etwas ganz anderes beichtete.
    »Ich kannte Hertwig von Staleberc«, sagte er.
    »Aus dem Heiligen Land?«
    »Wir waren zusammen … Gefangene. Eine kurze Weile.« In der Rückschau schien es, als hätte Hertwigs Sterben länger gedauert als die Stunden zuvor, in denen er die unverzagte Ritterlichkeit des Deutschen gehasst und insgeheim bewundert hatte.
    »Was ist aus ihm geworden?«
    »Er hat es nicht geschafft.«
    Sariz neigte den Kopf. »Ulrich wird betrübt sein.«
    »Er wird noch betrübter sein, wenn ich ihm mitteile, was aus Staleberc geworden ist.«
    »Ich wusste, dass du nicht alles erzählt hattest.«
    Rogers schilderte, was sie in Staleberc gesehen und getan hatten. Dass er Yrmengard nachgeschlichen war – seltsam, wie es ihm nicht mehr gelang, an sie als Schwester Elsbeth zu denken; für sie waren ihr Ordensleben und ihre wahre Identität eines, doch obwohl er Schwester Elsbeth vom ersten Augenblick an geliebt hatte, war es Yrmengard, die jetzt sein Fühlen beherrschte –, verschwieg er.
    »Wer, glaubst du, war für die Vernichtung der Stalebercs verantwortlich?«
    »Ich habe keine Ahnung, Mutter. Hat dieser Knappe nichts darüber gesagt?«
    »Nein. Er hat berichtet, dass die Burg überfallen und die Besatzung nach längerer Belagerung überwältigt worden ist. Ich hielt es für eine Aktion gegen die Ketzerei, insbesondere, da Ulrich erzählte, keiner von den Verbündeten Graf Anshelms habe eingegriffen.«
    »Mama … es steckt mehr dahinter.«
    »Dann hat Ulrich von Wipfeld viel mit dir gemeinsam.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Rogers, obwohl er genau wusste, wie sie es meinte.
    »Er redet auch die ganze Zeit um den Brei herum.«
    »Mama … ich wage die meiste Zeit nicht zu denken, was das bedeuten könnte, was ich von Hertwig von Staleberc erfahren habe, und noch weniger wage ich die Bürde weiteren Menschen aufzuhalsen – am allerwenigsten dir.«
    »Mit wem sonst sollte man eine Last teilen, wenn nicht mit seiner Mutter?«
    Er betrachtete sie und sah sie in der Dämmerung lächeln. Das Licht der Sonne überhauchte ihr bleiches Gesicht mit einem warmen Schimmer. Sie begann zu summen. Rogers verzog das Gesicht. »Oh, Mama, das ist gemein!«
    »Erzähl den Blumen von deinem Glück« , sang sie leise, »und sing den Vögeln von deiner Liebe ein Stück, doch alles, was schlimm für dich war, erzähle dem Weib, das dich gebar.«
    »Ich hätte dir nicht zugetraut, mit solchen Mitteln zu arbeiten.«
    Sie lächelte erneut, als sie sein Gesicht sah. »Wie damals«, sagte sie lachend. »Gerade eben hast du ausgesehen wie der fünfjährige Knabe, den man immer erst davon überzeugen musste, dass geteiltes Leid halbes Leid ist.«
    »Das Lied hast du damals auch stets gesungen.«
    »Rogers … du bist der Erbe von Trencavel. Der Tag kommt früh genug, an dem du dieses Erbe allein tragen musst. Lass mich mittragen, solange ich noch da bin. Du hast doch schon einen Teil deiner Last abgegeben.«
    »Was?«
    »Ich habe Augen und Ohren. Wem hast du dich zu erkennen gegeben, mein Sohn?«
    »Wie meinst du das?«
    »Als du gestern sagtest, du hättest mit keinem unserer deutschen Glaubensgenossen geredet, hast du dich kurz versprochen.«
    Da. Plötzlich war er da, der Zeitpunkt seiner Beichte. Und seine Mutter baute ihm sogar noch die Brücke. »Mama, kannst du dich nach an Colnaburg erinnern?«, murmelte er.
    Sariz de Fois’ Züge wurden hart. »Adaliz hatte Wochen danach noch schlechte Träume.«
    »Da war eine Schwester. Eine Zisterzienserin. Direkt neben dir. In vorderster Reihe.«
    Sariz dachte nach. »Ich erinnere mich«, sagte sie schließlich. »Ein junges Ding. Nicht viel älter als Adaliz.«
    »Ihr Ordensname ist Elsbeth. Ihr wahrer Name lautet Yrmengard.«
    »Willst du mir sagen, das ist die Frau, der du dich zu erkennen gegeben hast? Einer katholischen

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