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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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geschaffen, den sie nicht mehr entwirren kann.«
    »Die …«
    »Erzähl uns von den Mönchen«, sagte Elsbeth und drückte die Frau sanft an sich, um das Pendeln aufzuhalten. Der zahnlose Mund arbeitet erneut.
    »Der Fluss«, sagte die Kranke plötzlich dumpf. »Der Fluss unter der Erde … die armen Seelen haben keinen Ausgang gefunden. Jetzt bewachen die Toten den Fluss und den Schatz …«
    »Was soll das …?«, begann Lucardis, doch Elsbeth winkte ab.
    »Der Fluss … und was ist weiter? Was ist mit den Mönchen? Erzähl uns von ihnen.«
    »Sie singen nicht mehr. Ich habe sie singen gehört. Ich habe sie immer singen gehört. Aber sie singen nicht mehr.« Die Frau begann zu summen. Diesmal konnte man eine Melodie heraushören.
    Lucardis machte schmale Augen. »Das ist der Lobgesang des Zacharias!«
    »Aus dem Evangelium des Lukas«, bestätigte Elsbeth. »Es ist das canticum , das bei der Laudes gesungen wird. Ich nehme an, sie hat in der Nähe gewohnt und es im Morgengrauen immer vernommen.«
    »In der Nähe von was?«, fragte Lucardis.
    Elsbeth ignorierte sie. »Haben die Mönche gesungen?«
    »Die armen Seelen sind unter die Erde. Dort ist auch der Fluss. Sie bewachen den Fluss.«
    Lucardis und Elsbeth wechselten einen Blick. Elsbeth zuckte mit den Schultern.
    »Einmal war da eine Frau …«, sagte die Kranke. »Sie ist unter die Erde gegangen. Sie hat den Fluss gesehen und das Gold, das die Toten hüten. Die Toten haben gesagt: Wir haben dich herbeigesehnt, Weib. Sie haben gesagt: Wärest du eher gekommen, Weib. Und die Frau blieb dort. Sie blieb dort, und dort ist sie immer noch, beim Fluss unter der Erde.«
    »Ich denke, es ist irgendeine alte heidnische Geschichte von Erdgeistern und was weiß ich nicht alles«, flüsterte Elsbeth.
    »Hört sich in der Tat heidnisch an«, brummte Lucardis.
    »Und was ist mit den Mönchen?«, fragte Elsbeth und streichelte der Kranken über das Haar.
    »Die Mönche sind weg«, sagte die Kranke langsam. »Das Kloster ist leer. Es war so schön … der Obstgarten … der Fischteich … die Glocke hat die Stundengebete geschlagen, und der Klang war rein … ganz anders als das Gebimmel von Sankt Mauritius … es klang selbst durch den Nebel des Steygerewalts … und das Singen … sie haben so schön gesungen …«
    »Aus diesen Angaben habe ich zusammengereimt, dass es um die Stadt Wizinsten geht«, sagte Elsbeth hastig. »Es gibt nur eine einzige Kirche im ganzen Steygerewalt, die dem heiligen Mauritius geweiht ist.«
    »Hm«, machte Lucardis und musterte die Kranke, die wieder in Schweigen verfallen war. »Du nimmst also an, sie hat in der Nähe eines Mönchsklosters gelebt, und dieses Mönchskloster befindet sich in Wizinsten tief im Steygerewalt. Hast du dir auch zusammengereimt, welcher Ord…«
    »Benediktiner«, unterbrach Elsbeth. »Ich war bei unseren Brüdern in benedicto auf dem Michelsberg. Sie haben mir bestätigt, dass es in Wizinsten eine benediktinische Klostergründung geben soll. Allerdings gehört Wizinsten nicht zur selben Kongregation wie Kloster Michelsberg, deshalb wussten sie sonst nichts darüber und konnten mir auch nicht sagen, ob das Kloster wirklich leersteht.«
    »Was du annimmst, weil diese Unglückliche hier es gesagt hat. Du meinst zwar selbst, dass ihr Geist ein wirrer Knoten ist, aber die Angaben zu den Mönchen und zu ihrem Kloster mit den Obstgärten und den Türmen und dem Fischteich nimmst du ihr ohne weiteres ab.«
    »Es hört sich sinnvoller an als all das andere«, entgegnete Elsbeth mit einem Anflug von Trotz. Im Stillen gestand sie sich ein, dass sie die Sachlage noch nicht von dieser Warte aus betrachtet hatte.
    »Und was hat das Ganze mit dir und Hedwig und unserer Plage von einem Bischof zu tun?«
    »Ehrwürdige Mutter … ich möchte dich bitten, mir eine Tochtergründung unseres Klosters anzuvertrauen«, sagte Elsbeth förmlich. Sie räusperte sich. »Muss ich dazu aufstehen oder vor dir niederknien?«
    »Was redest du da für einen Unsinn!?«
    Elsbeth konnte erkennen, dass Lucardis ehrlich wütend war.
    »Bitte, Schwesterherz … hör mir zu. Du kannst Hedwig nicht einfach aus dem Kloster verstoßen, selbst wenn nicht die Gefahr bestünde, dass Bischof Heinrich sie sofort vor das nächste Inquisitionsgericht bringt. Mein Plan ist ganz einfach: Ich gehe nach Wizinsten und nehme Hedwig mit. Dann ist sie aus Papinberc verschwunden, der Bischof wird sich wieder beruhigen, und was immer sie noch an Visionen hat

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