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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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plötzlich eine hässliche, zerlumpte Hexe da und verfluchte den Ritter wegen seiner Sünde, und mit ihm all die, die mit ihm getrunken und gegessen hatten. Waren die beiden Gestalten in ihren zerrissenen Gewändern und ihrer Umhüllung aus Not und Verzweiflung so etwas Ähnliches? Waren Constantia und die Hochzeitsgesellschaft verflucht? Nur, dass es bei ihr keine versäumte Frage war, sondern eine versäumte Antwort.
    Hast du noch etwas zu beichten, mein Kind?
    Ja! Ich habe drei Menschen in den Ruin getrieben!
    Wann hatte ihre Hochzeitsfeier angefangen, unheimlich zu werden? Sie sah sich die Klostergasse entlangschreiten, begleitet von ihren Eltern und dem Gesinde des Hauses Wilt; ihr Vater hielt sie an der Hand. Das war heute nach dem Mittagläuten gewesen. Sie sah den Buchskranz in ihrem Haar, das sie heute zum letzten Mal offen tragen würde. Sie sah das lange, kermesfarbene Gewand mit dem weißen Kaninchenfellkragen, das von weitem wirkte wie Purpur mit Hermelin. Johannes Wilt liebte es zu protzen, aber seine Tochter mit einem purpur gefärbten Kleid und echtem Hermelinbesatz auszustatten, hatten weder seine Knauserigkeit zugelassen noch sein Instinkt, nicht auch noch den letzten Neider der Stadt gegen sich aufzubringen. Als wäre sie ein Gespenst, das bei der vor kurzem erfolgten Hochzeitszeremonie unsichtbar anwesend gewesen war, beobachtete sie sich selbst dabei, wie sie an Rudegers Seite trat, der vor dem Kirchenportal stand und auf sie wartete. Ihr Vater stellte sie ihm in aller Form vor; Rudeger streifte ihr den Ehering über; das Kirchenportal öffnete sich, der Pfarrer trat heraus, und die Trauung begann. Alles war ihr so … natürlich vorgekommen! Doch jetzt, in der Erinnerung, sah sie das überdrehte Funkeln in Rudegers Augen, als er sie in Empfang genommen hatte.
    Sie legte Rudeger eine Hand auf den Arm. »Ich finde es ungehörig, dass Meffridus selbst an der Hochzeitstafel Geschäfte macht!«, zischte sie ihrem Mann zu.
    Rudeger glotzte sie an. »Was?«
    »Sieh ihn dir doch an. Warum hast du ihn überhaupt eingeladen? Ich weiß, dass ich ihn nicht eingeladen habe.«
    »Meffridus Chastelose nicht einzuladen wäre … äh … falsch gewesen«, brummte Rudeger.
    »Ist es die Strafe dafür, dass du ihn nicht gleich um Erlaubnis gefragt hast? Dass wir ihn dafür verköstigen müssen?« Es war heraus, bevor sie es hatte aufhalten können. Rudeger blinzelte, dann wich die Farbe langsam aus seinem Gesicht. Constantia schnaubte. »Ich habe zufällig gehört, wie mein Vater und Everwin darüber sprachen«, sagte sie unwillig.
    Für einen Augenblick spannte sich Rudegers Gesicht, und Constantia wich unwillkürlich zurück. Er sah aus, als wolle er sie schlagen. Doch dann schüttelte er sich und brachte ein Lächeln zustande, das in seinem immer noch bleichen Gesicht wirkte wie aufgemalt. Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Meffridus ist ein Geschäftspartner und Freund, und solche lädt man zu seiner Hochzeit ein. Du musst das nicht verstehen. Lass mich nur machen, ich weiß, was gut für uns ist.«
    »Aber …«
    »Komm, Täubchen, trink!«, rief Rudeger laut. »Hör auf mit dem Denken. Denken ist uns nur im Weg, wenn es nachher unter die Laken geht! Hahahaha!«
    Die Umsitzenden, die mitgehört hatten, lachten erneut. Einer der Gäste stand auf und rief etwas verschliffen: »Aufdieweiba, die am Tag denkn un’ bei Nacht … hicks … äh … nich’!« Er plumpste auf seinen Platz und erhielt Beifall.
    Constantia schlug die Augen nieder. Ihr war zum Weinen zumute. Rudeger zog sie an sich.
    »He«, murmelte er. »Was ist denn, Täubchen?« Er umklammerte Constantias Finger und drückte sie zärtlich. »Du liebe Güte, ganz kalt. Freu dich doch, Täubchen, das ist unsere Hochzeit!«
    Sie lehnte sich an ihn. Die Erleichterung, den Rudeger zu erleben, den sie eigentlich kannte und dessentwillen sie der Idee ihres Vaters zu dieser Heirat zugestimmt hatte, vertrieb die Kälte in ihrem Inneren ein wenig.
    »Ich weiß nicht«, flüsterte sie und ließ sich einen Moment lang in die Gewissheit fallen, dass sie einen fähigen, liebevollen Mann geheiratet hatte, dem ihr Wohlergehen am Herzen lag.
    »Du bist nur aufgeregt wegen der Hochzeitsnacht«, sagte Rudeger und zerstörte damit das zarte Gefühl der Sicherheit, das sich in Constantia geregt hatte. Heute Nacht! Heilige Maria, daran hatte sie gar nicht mehr gedacht! Heute Nacht! Wie sollte sie Rudeger erklären, das er nicht finden würde, wonach er

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