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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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haben mochte.
    Die Plastdose jedoch, die sie jetzt aufmachte, war pieksauber.
    Sie holte das Brot heraus, es war nur ein kleiner Kanten, aber das Brot war tatsächlich schwarz und voller Körner und hatte eine aufgeborstene Kruste wie Mutters selbstgebackenes. Sie schnitt eine Scheibe ab, sogar dicker, als sie vorhin angezeigt hatte. Es duftete verlockend, als er sich die Schnitte unter die Nase hielt. Er brach ein Stück ab, zerkrü-
    melte das Brot zwischen den Fingerspitzen, schnup-183
    perte daran, sog das Aroma tief ein, dann steckte er sich die Krümel in den Mund und ließ sie mit Spei-chel vollsaugen. O ja, das war der Geschmack seiner Kindheit. Tausend Erinnerungen fielen ihm ein. Er blickte sie dankbar und glücklich an.
    »Du ahnst nicht, was mir das bedeutet«, sagte er.
    »Willst du einen Schluck Wasser? Ich würde sogar das Bier mit dir teilen.«
    Er schüttelte den Kopf. Er würde sich doch diesen herrlichen Geschmack nicht verderben. Nicht mit labberigem Bier und schon gar nicht mit stinkigem Leitungswasser. Sie setzte sich auf ihr Lumpenbett und sah zu, wie er das Brot Krumen für Krumen im Mund zergehen ließ.
    »Wozu hast du all diesen Krempel hier?« fragte er.
    »Das ist mein Job«, sagte sie, »Lumpensammler.«
    »Und davon kann man leben?«
    »Mal schlecht, mal recht. Es gibt Wochen, da komme ich auf zwei Zehner.«
    »Tatsächlich?« Er pfiff anerkennend durch die Zähne.
    »Wenn ich Glück habe«, sagte sie, »finde ich ein paar alte Chips, die irgendein Dummkopf weggewor-fen hat.«
    »Für alte Chips gibt's doch nichts mehr«, meinte er.
    »Aber für Gold«, sagte sie. »In Chips ist Gold.
    Oder Platin.
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    Wußtest du das nicht?«
    Er schüttelte den Kopf. Er nahm sich vor, in Zukunft besser aufzupassen, was auf der Straße herum-lag.
    »Nicht viel, natürlich«, sagte sie, »aber es bringt Geld. Wie sollte ich sonst leben? Mir gibt doch niemand mehr einen Job, und von der Wohlfahrt bekomme ich nichts, ich bin zu jung.«
    Sie fing an zu weinen.
    Er wußte nicht, was er tun sollte. Er hatte seine Tüten wieder in die Hand genommen und stand an der Tür, aber es schien ihm nicht fair, einfach hi-nauszugehen.
    Sie lächelte schon wieder. »Du bist ein hübscher Junge«, sagte sie. »Habe schon lange keinen so hüb-schen Jungen mehr aus der Nähe gesehen.«
    »Du hast auch nicht immer so ausgesehen, was?«
    Er zeigte auf die Narben. »Wer war das, dein Makker? Wolltest wohl nicht auf `n Strich gehen?«
    Sie nickte. »Wie alt bist du?« fragte sie.
    »Siebzehn.«
    »Willst du dir noch was verdienen?«
    »Was?« fragte er. »Den Rest vom Kanten?«
    »Den würde ich gerne selber essen, verstehst du?«
    Sam nickte. Und ob er das verstand.
    »Sòn Brot kann ich mir doch nie leisten«, sagte sie. »Ich hab es geschenkt bekommen. Anderes Brot könnte ich dir geben, normales.«
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    Er winkte ab. »Und sonst?«
    »Was, zum Beispiel?«
    »Eine kleine Ampulle Aroin?«
    Sie schüttelte traurig den Kopf. »Muß selbst sehen, wie ich zu meinem nächsten Deal komme«, sagte sie. »Ist verdammt schwer, wenn man so weit unten angekommen ist wie ich.
    Aber sieh dich um, vielleicht findest du in dem Plunder was, das dir gefällt?«
    Er stocherte in den Kartons, schüttete ein paar Plasttüten auf den Boden aus, alles nur zerbrochenes, wertloses Zeug. Dann entdeckte er den Recorder. Ein altes, abgeschabtes Gerät. Ob es noch funktionierte?
    Es war sogar eine Kassette darin.
    »Hast du irgendwo eine Batterie?« erkundigte er sich.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Nur für `nen Moment. Nur um das Ding hier aus-zuprobieren.«
    »Das?« Sie lachte auf. »Was glaubst du, daß einer was auf den Müll schmeißt, wenn es noch funktioniert?«
    »Man kann nie wissen«, meinte er. »Wunder gibt es immer wieder. Ist schließlich ein uraltes Modell.«
    Sie zog eine abgeschabte Tasche unter ihrem
    Lumpenlager hervor, kramte darin, reichte ihm eine Batterie. Er klemmte sie in den Recorder, drückte die Taste, die mit nur einem Pfeil gekennzeichnet war; 186
    tatsächlich, der Recorder funktionierte.
    Leise Musik erklang, ein Blues, den er schon einmal gehört haben mußte, doch bevor er die Melodie erkennen konnte, verstummte das Gerät wieder. Er schüttelte es wütend.
    »Die Batterie wird leer sein«, sagte sie. »Gib mal her.« Sie prüfte die Batterie mit der Zungenspitze.
    »Ja, leer.«
    »Was soll ich tun dafür?« fragte er. Er hielt ihr den Recorder hin, aber er klammerte seine Finger fest um das Gerät.
    »Dich

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