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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Erde vorangetrieben hat, ein erstaunlich einfacher, aber sinnvoller Mechanismus ob es bei uns auch mal so war?«
    »Habt ihr keinen Sex?«
    »Nein.«
    »Wie vermehrt ihr euch dann?«
    »Ganz anders. Ich kann dir das nicht erklären. Die Reproduktion geschieht völlig unpersönlich, wir haben keine Sinnlichkeit.«
    »Da seid ihr aber zu bedauern«, entfuhr es mir.
    »Ja, vielleicht.« Er schloß die Augen, strich sich über den Bart.
    »Schneewittchen«, erinnerte ich.
    »Sie war eine mitleidige Seele. Sie hat mir mal gestanden, daß es ihr längst zuviel wurde, aber sie brachte es nicht übers Herz, meine Jungens abzuwei-326
    sen. Sie war richtig froh, daß ich nicht auch noch in ihr Bett wollte. Eigentlich haben wir uns ganz gut verstanden.« Er versank wieder in seine Gedanken.
    »Was war mit der bösen Stiefmutter? Spieglein, Spieglein an der Wand.« Ich wollte nun auch noch den Rest seiner verrückten Version vom Schneewittchen hören.
    »Es gibt keine Stiefmutter. Ja, man hatte sie aus einem Schloß verjagt, aber das war keine Königin, sondern eine eifersüchtige Gräfin, deren Mann Schneewittchen nachstellte.
    Ich habe ihr geglaubt, daß sie nichts mit dem Grafen hatte, ihm nicht einmal schöne Augen gemacht hat ein Mann mußte sie ja nur ansehen, um ihr zu verfallen.«
    »Also kein vergifteter Apfel.«
    »Auch kein Kamm, kein Mieder.«
    »Schade«, sagte ich, »das war immer das Erregendste für mich, die böse Königin, die ihren Spiegel befragt, und der antwortet: ›Aber Schneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergen ist tausendmal schöner als Ihr.‹ Obwohl ich doch wußte, wie es ausging, habe ich mich jedesmal ängstlich an Großmutter geschmiegt, wenn die Stiefmutter auszog, das Schneewittchen umzubringen.«
    »Ja«, sagte er versonnen, »es ist eine schöne Geschichte, nicht wahr?«
    »Und dann der gläserne Sarg!«
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    »Ja, der Sarg.« Er seufzte tief, goß den Rest des Korns in sein Glas. Ich ging hinter den Tresen und holte uns eine neue Flasche.
    »Den gläsernen Sarg hat es gegeben.«
    »Ach ja? Erzähle!«
    »Irgendwie mußte ich meine Leute doch wieder zur Disziplin bringen. Wir hatten nur einen Bruchteil unseres Programms erledigt, kannten nur diesen Teil des Planeten, aber sie weigerten sich, länger als nur einen Tag die Station zu verlassen.
    Was sollte ich tun?« Es sah aus, als kämpfe er mit Tränen.
    »Ich«, sagte er, »ich habe sie vergiftet. Nur be-täubt. Ich hätte es nicht über mich gebracht, Schneewittchen zu töten. Ich habe sie in ein Koma versetzt, ich wollte sie heimlich wieder ausgraben und fort-bringen, aber meine Leute…«
    »›Sie legten es auf eine Bahre‹«, zitierte ich, »›und setzten sich alle sieben daran und beweinten es und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber es sah noch so frisch aus wie ein lebender Mensch und hatte noch seine schönen roten Backen.
    Sie sprachen: Das können wir nicht in die schwarze Erde versenken, und ließen einen durchsichtigen Sarg aus Glas machen…‹«
    »›Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den
    Berg‹«, fuhr der Alte fort, »›und einer von ihnen blieb immer dabei und bewachte ihn.‹ So war es. Na-328
    türlich haben wir selbst den Sarg gemacht, und es war kein Berg, sondern ein Hügel, aber das mit der Wache stimmt, ich konnte nichts unternehmen.«
    »Und, kam der Königssohn?«
    »Ein König. Es war wirklich ein König, einer der vielen kleinen Herrscher, die es damals gab, nicht mehr jung, aber ganz ansehnlich. Ich war heilfroh, als er Schneewittchen mitnehmen wollte, das kannst du dir denken. Zu einer Wunderheilerin, die sie wieder lebendig machen sollte. Ich habe die Nachtwache übernommen und Schneewittchen so präpariert, daß sie am nächsten Tag aufwachen mußte. Ich dachte, das Problem sei ich für alle Zeiten los, aber meine Leute gingen mit, ich konnte toben, wie ich wollte.«
    »Du hast doch versucht, sie zurückzuholen?«
    »Später. Zuerst habe ich mich in der Station verkrochen.
    Kannst du dir nicht vorstellen, wie wütend, wie verzweifelt ich war? Ich hatte doch als Leiter völlig versagt. Dann kam ich wieder zur Besinnung. Ich hatte kein Recht, mich von Emotionen treiben zu lassen. Es war nicht schwer, ihre Spur zu finden. Alle Welt erzählte sich von der schönen Königin und ihren sechs Zwergen. Stell dir vor: meine Leute als Hofnarren!
    Nur, um in Schneewittchens Nähe zu sein. Ich ha-be sie nie wiedergesehen. Ich kam drei Wochen zu spät.«
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    Der Alte war ein

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