Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
Vom Netzwerk:
geschäftige Richtung.
    Alice erfasste nicht unbedingt so etwas wie Vorfreude, aber doch eine mächtige Spannung und Aufregung. Was müsste sie alles mitnehmen? Was alles auf den Planwagen bringen, der nun schon im Hof stand? Kochtöpfe, Geschirr, Ölschalen und Krüge, vor allem aber warme Kleidung und Decken, denn sie fuhren dem Winter entgegen. Dann natürlich auch leichte Schleier gegen den heißen Sommerwind im Heiligen Land und selbstverständlich Pilgerstab und Beutel.
    Eben war Alice mit den Einkäufen zurückgekommen, einen neuen Doppelkamm mit feinen und gröberen Zinken sowie Zahnbürste, Zahnstocher und Ohrlöffel hatte sie sich in einem kleinen Laden unter den Arkaden am Inn gekauft, Schnürschuhe und Trippen für sich und ihren Vater vom Schuster abgeholt. Besonders gefiel Alice ein breiter Ledergürtel mit Messingbeschlägen, den sie auf die Schnelle noch beim Gürtler in Auftrag gegeben hatte und den sie nun in ihrer Kammer aus dem Weidenkorb nahm. Sie betrachtete stolz ihre Habseligkeiten und merkte doch, wie die ausgelassene Stimmung umkippte. Sie war allein. Der Jubel, die Freude, dass sie mitziehen durfte, stellten sich nicht wieder ein. Alice war erleichtert, ja, aber sie war vor allem bedrückt, dass ihr Vaterhaus ihnen eigentlich nicht mehr gehörte, dass sie wohl für Jahre fort müsste und vielleicht niemals wieder zurückkäme.
    Klamm, kalt und dunkel war es in ihrer Kammer. Draußen prasselte der Regen.
    Gedankenverloren stellte Alice sich ans offene Fenster.
    Sie sah eine Magd mit frisch gebackenen Broten vom Backhaus über den Hof rennen. Was sollte aus den Mägden und Knechten werden, wenn der Herr und sie fortgingen? Es wurde ihr schwer ums Herz, sie musste sich unbedingt bei ihrem Vater erkundigen, wie er und der Abt die Versorgung der Bediensteten geregelt hatten. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass niemand, der zum Hause ihres Vaters gehörte, jemals Hunger leiden musste, selbst in Zeiten der Missernte nicht. Im November wurde geschlachtet und jeder bekam Schinken und Würste zusätzlich zum Brot und zum täglichen Brei. Es war selbstverständlich, dass für Kranke gesorgt wurde, und niemand wurde wegen des Alters und Arbeitsunfähigkeit davongejagt.
    Wie auch immer die Schuld des Vaters beschaffen sein mochte und wenn er auch gelegentlich entsetzlich viel trank, so hatte er stets gut für sein ganzes Haus gesorgt.
    Alice schob den mit Pergament bespannten Rahmen in die Fensterhöhle. Es wurde noch dunkler. Traurig zuckte sie die Schultern. Nun würde sie also niemals ein Fenster mit Scheiben aus Glas bekommen.
    Alice gab sich einen Ruck.
    Sie dachte an Martin, der jetzt noch auf bekannten Wegen seine Heimat verließ. Sicher hatten sie schon längst den Wald bei dem Haugstein durchquert. Wie es ihm wohl erging? Wenn auch sein breiter Pilgerhut ihn vor Regen schützte, er sogar einen Pilgermantel aus gutem Tuch trug und sein Bündel in Schafshäuten fest verschlossen war, so würden doch in kürzester Zeit seine Sachen feucht, klamm, wenn nicht durchnässt sein. Es dürfte schwierig werden, die Kleidung wieder zu trocknen, sofern der Regen anhielt.
    Irrsinnig war es, eine so weite Pilgerfahrt am Ende des Sommers zu beginnen.
    Aber natürlich, die Ernte hatte noch eingebracht werden müssen. Wer würde denn nur die Felder im nächsten Jahr bestellen, wenn keiner der Männer wieder zurück wäre? Davon gingen wohl auch die Adeligen aus, dass Jerusalem nicht so schnell zu erobern sei – schon gar nicht in einem Jahr. Deswegen brauchten alle so viel Geld. Sogar Graf Otto von Baerheim hatte Ländereien verpfänden müssen. Dabei fiel Alice ein, dass sein Sohn Bernhard sie überhaupt nicht beachtet hatte. Aber wahrscheinlich war er nur zu adeligen Frauen höflich.
    Was denke ich da? Ich muss mir jetzt überlegen, was ich noch für die lange Reise mitnehmen will und muss.
    Ein wohl bekanntes Ziehen im Unterleib erinnerte sie an Wichtiges. Tücher müsste sie einpacken, genug Tücher. Überhaupt, wie war es mit der Möglichkeit, Wäsche zu waschen und vor allem, sich selbst zu waschen. Alice war es gewohnt, immer, wenn es ihr nach Frauenart erging, ein Bad zu nehmen. Sie wusch sich jeden Sonnabend die Haare und war auch sonst sehr reinlich. Und dann, es wurde ihr wirklich schwer ums Herz, wo und wie sollte sie ihre Bedürfnisse erledigen? Wenn allein zum Heer Gottfrieds, wie man sich erzählte, mehr als tausend Ritter und noch viel mehr Fußsoldaten gehören sollten und dazu noch die

Weitere Kostenlose Bücher