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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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»Gott, hilf uns!«
    Alice wurde übel, die Sonne brannte auf sie herab, sie hörte, wie ihr kleiner Junge unruhig atmete, und da draußen in der Ebene war Bernhard, umzingelt von Feinden und dem Tode nahe. Und er war wie alle Männer ausgehungert, verzweifelt und entschlossen, nicht zu sterben.
    »Wo bleibt Kerbogha?«, hörte Alice hinter sich die Gräfin von Toulouse zu der schönen Emeline von Bouillon sagen.
    Die Frauen staunten, wunderten sich, ängstigten sich. Tatsächlich, Kerbogha war noch nicht erschienen. Eine Falle?
    Überall auf der Mauer wurde festgestellt und ausgerufen:
    »Kerboghas Banner fehlt!«
    Warum zögerte er, warum ließ er seine Hauptstreitmacht im Lager? Welchen teuflischen Plan verfolgte er?
    Doch auch so war die Überzahl der Feinde gewaltig. Und Bernhard mittendrin in der Schlacht, die dort vor ihren Augen stattfand.

    Und es überfiel Alice der Gedanke, sodass sie einen Schweißausbruch bekam:
    Wenn Bernhard nun fiele, wenn er getötet würde, dann wäre ihr Sohn Graf von Baerheim. So aber, wenn Bernhard am Leben bliebe, wäre er nichts als ein Bastard. Denn niemals, noch in keinem glücklichen Augenblick, hatte Bernhard sein Vorhaben aufgegeben, eine reiche, schöne, adelige Frau zu heiraten. Alice wusste nicht, was sie denken und hoffen sollte. Warm fühlte sie ihr Kind an der Brust. Nun lächelte ihr Sohn sie, seine Mutter, an. Heilige Mutter Gottes, hilf mir und meinem Kind.
    Sollte sie nicht mit ihrem ganzen Herzen, mit all ihren Wünschen auf der Seite ihres Sohnes stehen, statt für einen Mann zu hoffen, der nach der Eroberung Jerusalems eine andere Frau, eine Adelige, heiraten würde und unwiederbringlich für sie verloren wäre. Kaum nahm sie noch etwas vom Kampfgeschehen wahr. Kaum bemerkte sie, dass die Fußsoldaten Adhémars und des Grafen Raouls von hinten angegriffen wurden und, statt zu fliehen, kehrtmachten und mit aller Kraft zum Gegenangriff übergingen. Alice aber richtete ihren Groll, ihren Zorn auf Bernhard. Wie er sie behandelte, wie der Graf die Magd, die ihm zu Diensten stehen, die ihm willfahren musste, jederzeit zu seinen Lüsten bereit.
    Alice schüttelte den Kopf. Das war nicht wahr. So verhielt sich Bernhard nicht. Sie war es, die ihn verleugnete und verriet. Wie konnte sie wünschen, dass ihm ein Speer in den Rücken gerammt wurde, dass seine Lunge und sein Herz durchbohrt, ihm der Kopf abgeschlagen oder mit dem Schwert in die Kniekehlen gestoßen wurde. Wie konnte sie es wünschen, dass er dort unten verwundet, getötet, abgeschlachtet wurde, während er dafür kämpfte, dass Kerbogah ihr und allen Frauen und Kindern und ihrem kleinen Sohn Hanno nicht die Kehle durchschnitt.
    Alice raffte sich auf, streckte sich. Was auch immer Hanno geschah, und meistens ging es den illegitimen Söhnen von Adeligen ziemlich gut, sie würde und dürfte nicht wünschen, dass Bernhard tot auf dem Schlachtfeld liegen bliebe.
    Ein Aufschrei des Entsetzens schreckte sie aus ihren Gedanken. Die Feinde warfen aus Töpfen Feuer auf das trockene, sich sofort entzündende Gras. Es brannte lichterloh. Gräser und die Blätter des dürren Strauchwerks gingen in hochlodernden Flammen auf. Der Wind blies hinein und das Feuer breitete sich aus, ein undurchdringlicher Rauch stieg auf, sodass sich die Fußsoldaten Renauds darin verlaufen mussten. Wenn aber einer der Männer es geschafft hatte, sich aus den Flammen zu befreien, so wurde er von den Kriegern Kilidj Arslans niedergemacht oder zurück in den brennenden Glutofen gehetzt. Der Rauch stieg bis zu Alice, stieg bis in das Näschen ihres Sohnes, der Kleine wachte auf und hustete heftig.
    Neue Streitmächte nahten. Der Fürst von Damaskus, Alice kannte sein Banner, galoppierte von den Bergen herab, umzingelte mit seinen Kriegern Bohemunds Ritter und Fußsoldaten und griff mit aller Gewalt an. Alice konnte nichts von dem erkennen, was auf dem Schlachtfeld geschah. Nur einen einzelnen Mann mit dem Banner Bohemunds sah sie am Flussufer entlanglaufen, vermutlich, um Herzog Gottfried um Hilfe zu bitten.
    An ihm vorbei jagten Türken, aufgelöst, auf der Flucht, galoppierten sie auf ihren windesschnellen Pferden nach Osten. Sie beachteten den Mann nicht, der ihnen entgegenlief. Alice verlor ihn aus den Augen. Überhaupt konnte sie nichts Genaues von Herzog Gottfrieds Heer erkennen. Tote lagen auf dem Schlachtfeld, sie hörte die Schreie der Männer, Ritter liefen umher, herrenlose Pferde waren dazwischen und überall die verendenden

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