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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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mir leid«, sagte Alice. »Nun ist er drei Jahre bis nach Jerusalem gepilgert und ganz zum Schluss ist er für den Rest seines Lebens erblindet, ein Krüppel, ein nichtsnutzer Esser, der jedem lästig ist. Doch, widersprecht nicht, gebt es zu: Er ist Euch lästig. Aus ist es mit dem Traum vom Kampf, von Ehre und Ruhm. Er wird sich seine Blindheit als Versagen im Kampf vorwerfen und auf Dauer werden es alle so sehen und ihn verachten.«
    »Auf Dauer? Dir ist sicher klar, was passiert, wenn das ägyptische Heer uns erreicht, bevor wir Jerusalem eingenommen haben, was Gott verhüten möge.«
    »Ich weiß, natürlich, sie werden uns alle töten. Aber wir werden uns verteidigen, bevor wir sterben. Ihr Männer, ihr Ritter werdet kämpfen, im Kampf sterben und den himmlischen Lohn dafür empfangen. Ihr könnt sicher sein, wir Frauen werden uns ebenfalls erbittert verteidigen. Diese Ungläubigen sollen es am eigenen Leibe erfahren, wie christliche Frauen zu Furien werden und sie abmurksen. Auch wenn wir am Ende vergewaltigt und getötet werden, so haben wir uns doch gewehrt. Aber Olivier liegt auf seinem Lager, kann nichts sehen, nur hören, wie der Kampf immer näher kommt, wie wir verlieren – und er kann nichts tun. Er muss abwarten, bis die feindlichen Krieger in das Zelt stürmen, ihn verhöhnen und dann einfach niederstechen, wenn es gut geht und sie ihn nicht vorher foltern – so aus Spaß.«
    »So hoffnungslos zu denken, ist Sünde«, tadelte Bernhard sie leise.
    »Ich weiß.« Alice nahm ihren Rosenkranz aus ihrer Rocktasche, ließ ihn durch die Finger gleiten und fing an zu beten.
    Hanno, der bis dahin unruhig gewesen war, schlief dabei still ein.
    Bernhard wartete und sagte nichts.
    »Gut«, beendete Alice das Gebet und steckte den Rosenkranz wieder zurück.
    »Gott wird mit uns sein und wir werden Jerusalem einnehmen. Was passiert dann mit Olivier? Er wird«, so überlegte sie, »dort bleiben müssen und in einem Spital, in einem Kloster aufgenommen werden.«
    »Zurück nach Lothringen kann er jedenfalls nicht«, erklärte Bernhard entschieden. »Seine Verlobte will ihn sicher nicht mehr haben. Olivier aber schreit nach ihr. Es ist, als würden Tränen aus seinen Augen treten, aber natürlich kann er gar nicht weinen und man sieht die Augen auch gar nicht.«
    Bernhard blickte vor sich hin.
    »Ich weiß nicht«, fuhr er fort, »warum Olivier das Mädchen nicht vor Beginn unserer Pilgerreise geheiratet hat. Sie war schon 14 Jahre alt. Nun ist sie 17 und will bestimmt nichts von einem blinden Mann wissen und wird die Verlobung lösen.«
    »Der Ärmste«, sagte Alice. Olivier tat ihr mit einem Male sehr leid.
    »Alice, klagen hilft uns nichts. Wir müssen sehen, dass wir jetzt überleben. Deswegen werde ich morgen mit Balduin von Le Bourg ausreiten, um Lebensmittel zu erbeuten. Achard ist ebenfalls unterwegs, um Vieh zu organisieren. Olivier kann aber nicht allein bleiben. Ich wollte dich bitten, Martin zu fragen, ob er wie der heilige Martin zwar nicht seinen Mantel, so doch seine Zeit mit ihm teilt.«
    Alice nickte. »Wenn Olivier wehrlos im Zelt liegt, wird er bestimmt bestohlen.«
    »Wovor gerade du besondere Angst hast.«
    »Ich? Wieso?«
    »Meinst du wirklich, ich wüsste nicht, dass du seit unserer ersten Nacht in Pera einen Beutel mit Geld vor mir versteckst?«
    Alice riss erschrocken die Augen auf: »Ihr wisst es?«
    Er schüttelte lachend seinen Kopf.
    »Es war für mich häufig köstlich zu beobachten, wie du verzweifelt nach einem Versteck gesucht hast, wenn ich unerwartet hereinkam oder du nicht damit gerechnet hattest, dass wir miteinander schlafen würden. Wie du aufgepasst hast, dass ich nicht eine bestimmte Stelle an deinem Rock berühre, wo das Geld eingenäht war. Oder du hattest es in der Satteltasche oder im Topf unter den Bohnen versteckt oder unter deinem Bett vergraben wie in Antiochia.
    Ich habe mich nur die Jahre über gefragt, wer dir das Geld gegeben hat. Von deinem Vater hattest du es bestimmt nicht. Im Gegenteil, du hast es auch vor ihm verheimlicht.«
    Bernhard gähnte:
    »Ich glaube, ich nehme lieber das Bett der Bogenschützin als das der Kinderfrau, obwohl die die weicheren Kissen hatte.«
    Alice aber lag mit offenen Augen noch lange wach und quälte sich, als habe sie ihren Vater in dieser Nacht getötet.

    Es war nicht das Zähnchen, das den kleinen Hanno so quälte, oder nicht nur. Es war das Fieber, das ihn in einen unruhigen Schlaf fallen ließ, aus dem er auch am Morgen

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