Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
bevor wir den Arm des Heiligen Georg überquert haben. Als einsamer Reiter in dem von den Seldschuken eroberten Land würde er sicher ermordet und das ganze Geld wäre verloren.«
»Vater, entscheidet Euch, bitte.«
Und Karl entschied sich. Früh am Morgen besprach er mit dem Grafen Otto von Baerheim die Angelegenheit, dieser zeigte sich verständnisvoll und gewogen. Martin wurde herbeigerufen, er wurde vom Grafen Otto beauftragt, auch noch ein goldenes, mit Rubinen verziertes Kreuz, das sein Sohn Bernhard in den Trümmern von Belgrad aus einer Kirche entwendet hatte, seiner Gemahlin Gertrude zu überbringen.
Stumm nahm Martin den Befehl entgegen. Für die Kreuzfahrer war es höchste Zeit, nach Nisch aufzubrechen. Gottfried von Bouillon hatte sich bereits an die Spitze seines Heeres begeben. Die Ritter saßen auf. Martin betrachtete und bewunderte sie. Jeder Mann – ein Athlet – ein Held. Die Fahnen wurden aufgerichtet, sie zeigten Drachen und Löwen und ihre Verzierungen aus Gold und Edelsteinen blinkten in der Morgensonne.
Eine freudige Bewegung ging durch das Heer.
Allmählich setzte sich auch das Fußvolk in Marsch.
Martin sah ihnen lange nach. Die letzten Pilger, Frauen und Kinder zogen davon, nur noch gefolgt von den ›soldates‹, die über Ordnung und Disziplin des Heeres zu wachen hatten.
Martin blieb allein zurück. Welch eine Demütigung, welch eine Schmach. Alle durften weiterziehen ins Gelobte Land. Nur er nicht, er musste zurück und womöglich würde er exkommuniziert, weil er seinen Eid gebrochen hatte.
Doch noch während er den im Eiltempo davonrückenden Menschen nachsah, wieherte es hinter ihm, Rab kam angetrabt und blieb neben Martin stehen. Martin streichelte das Pferd, lehnte seinen Kopf an das warme Fell und spürte die Kraft des Tieres. Auch er, Martin, hatte von klein auf seine Muskeln geübt. Auch er war stark!
Statt zu wehklagen, dachte er darüber nach, wie er möglichst unauffällig zurück nach Ungarn käme. Martin beobachtete, hinter einem Gebüsch versteckt, das gegenüberliegende Ufer. Die ungarischen Wachmannschaften machten sich daran abzurücken.
Martin suchte das Ufer nach einer Furt ab. Seine Kleider würde er ausziehen und möglichst trocken auf Rabs Rücken sichern. Mit dem aufgenähten Kreuz aber durfte er sich unmöglich in Ungarn blicken lassen. Es abzutrennen, konnte Martin sich nicht entschließen, schließlich hatte er einen Eid geleistet, mit dem Heer Jesu Christi nach Jerusalem zu ziehen. Es schien also ratsam, die wertvollere, prächtigere Kleidung anzuziehen, die ihm der Abt damals geschenkt hatte. Und während Martin über diese Fragen nachdachte, fiel ihm selber auf, dass er das Heer Gottfrieds fast vergessen hatte. Er war allein, er hatte ein Pferd, er musste entscheiden. Er hatte sogar Geld, zum ersten Mal in seinem Leben. Er war jung und gewandt und hatte Kraft. Es war aufregend und nicht zu schwierig, die Save zu durchqueren.
Mangjeloz war öde, verlassen und wirkte auf Martin widerwärtig. Nichts erinnerte an das muntere Treiben, an die vielen Händler und Waren noch vor wenigen Tagen. Martin war vom Pferd abgestiegen und führte Rab durch diesen trostlosen Ort. Er kam an dem Wirtshaus vorbei, in dem er mit Markus gegessen hatte, und es fiel ihm ein, dass Markus von seinem Auftrag überhaupt nichts wusste. Er hätte dem Abt und den Brüdern doch sicher einen Gruß ausrichten lassen. Höchstwahrscheinlich war Markus der Einzige, der ihn wirklich vermisste. Und Alice, wohl auch Alice, obwohl sie sich am Morgen sehr sonderbar verhalten und gar nicht mit ihm gesprochen hatte. Martin schüttelte die Gedanken ab. Seine Aufgabe war es, zunächst einmal den Kaufmann zu finden, bei dem Karl die Gewürze gekauft hatte.
Martin fand den Laden nicht. In Mangjeloz gab es nur wenige Straßen, zwei, drei Plätze, die Stadt war schnell durchlaufen. Nichts. Fragte er Einheimische, so lächelten sie ihn an, als verstünden sie ihn nicht. Was möglicherweise auch zutraf, denn auch er verstand gerade knapp 20 Worte Ungarisch, die er von der Wachmannschaft aufgeschnappt hatte.
Es war nutzlos und sinnlos, an diesem traurigen Ort weiterzusuchen.
Martin machte sich auf nach Mohács, der nächstgrößeren Stadt, denn Karl hatte ihm mitgeteilt, dass die Kaufleute den Weg an der Donau entlang nehmen wollten, wahrscheinlich beabsichtigten sie, die Ware, wie allgemein üblich, auf dem Fluss transportieren zu lassen.
Das aber bedeutete Eile. Befanden sie sich erst
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