Die Plantage: Roman (German Edition)
angenehmen Stimmung, genoss die Freude der anderen wie ihre eigene. Sie nahm sich Zeit, mit den Kindern am Teich bei der Siedlung die flaumigen Entenküken anzusehen.
Als sie zur Wiese zurückging, sah sie in einiger Entfernung unter den Alleebäumen ein verliebtes Paar. Der Mann stand mit dem Rücken zu ihr, eine Hand gegen den mächtigen Stamm einer Sykomore gestützt; an seiner lässigen Haltung erkannte sie Joshua. Die Frau hatte sich auf einem tiefen Ast niedergelassen. Unter dem schwarzen Turban blickte ihr schönes Gesicht zu ihm auf. Rovena Mougadou lachte dunkel, während sie mit dem ganzen Körper ihre Bewunderung für Joshua zum Ausdruck brachte. Antonia stand reglos, verblüfft vom Anblick einer Vertrautheit, die ihr bis heute entgangen war. Was hatte sie überhaupt noch bemerkt in den letzten Monaten? Ihre ganze Aufmerksamkeit galt nur noch einem einzigen Menschen. Was immer sie dachte oder tat, es geschah für William, aus Liebe zu ihm. Was mache ich nur, wenn er fort ist?, dachte sie bestürzt. Sie wandte sich ab und ging unbemerkt auf einem anderen Weg zurück.
Die Laternen waren entzündet worden. Ein Fiedler und ein Flötenspieler aus der Pächtersiedlung brachten ihre Instrumente, ein schwarzer Banjospieler und zwei junge Männer mit ihren Trommeln kamen dazu. Musik erklang, und die ersten Paare fingen an zu tanzen. Die Musiker spielten einfache Giques und Lieder, die jeder mitsingen konnte. Antonia stellte sich dazu und klatschte im Takt der Musik mit. Plötzlich ergriff Farell ihre Hand und zog sie mit unter die Tanzenden. Erst führte er sie noch gesittet zu einem Riverdance. Beim nächsten Tanz fasste er sie um die Taille und drehte sich mit ihr zum schnellen, anregenden Rhythmus der Musik. Antonia sah die anderen Paare in raschen Kreiseln an ihnen vorüberfliegen.Als der Tanz zu Ende ging, wurde sie von einem anderen Soldaten aufgefordert und dann der Reihe nach von den übrigen jungen Männern. Als Farell wieder an die Reihe kam, tanzte er noch ausgelassener als zu Anfang mit ihr, bis er sie aus einer Drehung heraus auffing und zum Kreis der Zuschauer führte.
»Hier bringe ich Ihnen Ihre Dame, Sir!«, sagte er zu William, der ihnen zugesehen hatte.
Antonias Atem ging rasch, ihre Wangen waren rosig erhitzt. Mit einem Blick, der schwer zu deuten war, betrachtete William ihre glückliche Aufgelöstheit. Farell, verunsichert, nahm Haltung an.
»Sir! Ich habe mir erlaubt, stellvertretend mit Mrs. Lorimer den Tanz zu eröffnen.«
»Schon gut, Lieutenant.« William lächelte und legte Farell freundschaftlich die Hand auf die Schulter. »Nun muss ich Ihnen Mrs. Lorimer für eine Weile entführen. Doch keine Sorge, im Laufe des Abends werden Sie noch Gelegenheit bekommen, mit ihr zu tanzen. Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen würden.«
Er reichte Antonia den Arm und schlug den Weg zum Haus ein. »Lass uns in die Bibliothek gehen«, sagte er, als sie die dunkle Halle betraten. Drinnen entzündete er die Kerzen in den Wandleuchtern. Antonia ließ sich erschöpft auf den Diwan sinken. Durch die Festvorbereitungen war sie den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, und mit Farell war sie zuletzt so ausgelassen gewesen wie schon lange nicht mehr. In die Kissen zurückgelehnt, beobachtete sie William, der bei einer Fenstertüre stand und schweigend zur Rotunde hinaussah.
Sie hatte gelernt zu akzeptieren, dass er sich in einer ständigen Auseinandersetzung mit sich selbst befand. Auch wenn sie die Gründe seiner plötzlichen Abkehr nicht immer nachvollziehen konnte, überließ sie ihn seinen Reflexionen, um ihm Zeit zu geben, die Ordnung seiner inneren Welt wiederherzustellen.
Weniger aus dem Bedürfnis, sich mitzuteilen, als vielmehr, um Klarheit in ihre Gedanken zu bringen, schilderte sie ihm ihre Begegnung mit Joshua und der Antillaise. »Es hat mich sonderbar berührt, als ich sie zusammen sah. Sie schienen völlig hingerissen voneinander, als ob die übrige Welt gar nicht mehr für sie existierte.« Nachdenklich zeichnete sie mit dem Finger die verschlungenen Blumenmuster auf ihrem Kleid nach. »Erstaunlich, dass zwei Menschen, deren Charaktere so unterschiedlich sind, sich so unwiderstehlich anziehen.«
Ja, es war erstaunlich, auch sie konnte Williams Wesen kaum begreifen, dennoch liebte sie ihn. Seine zynische Weltsicht war ihrer Lebensanschauung fremd, und wie oft fühlte sie sich seinem kalten Pragmatismus hoffnungslos unterlegen. Und doch spürte sie in jedem Augenblick, wie sehr ihr
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