Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
Vom Netzwerk:
Glück von seiner bloßen Gegenwart abhing.
    Als wäre er sich ihrer Gedanken bewusst, wandte er sich um und blickte sie voller Wehmut und Bedauern an. Augenblicklich verstand sie. Es war so weit, er hatte sich entschlossen: Noch in dieser Stunde würde er fortgehen! Ihr war, als würde ihr Herz stillstehen, nur um im nächsten Moment schnell und immer schneller zu schlagen. Sie lief zu ihm, ließ sich von ihm auffangen und in die Arme schließen. So hielten sie einander umschlungen, doch ihre Gedanken, das spürte Antonia, folgten schon getrennten Wegen. Er hatte sich aus ihrem gemeinsamen Leben gelöst, war fort von ihr, fort von Legacy, schon so weit fort!
    Den Kopf an seiner Schulter, fiel ihr Blick durchs Fenster: Draußen stand reisefertig angespannt der Phaeton. Noah und Néné waren dabei, das Gepäck im Fond zu verstauen. Sie presste die Lippen zusammen, um nicht aufzuschluchzen. Seit Langem hatte sie gewusst, dass er sie verlassen würde. Sie hätte auf den Abschied vorbereitet sein müssen, aber sie war es nicht. Stumm hielt sie ihn fest, Tränen rannen über ihr Gesicht. Er fasste sie sanft an den Schultern und schob sie ein kleines Stück von sich weg, behutsam wischte er die Tränen von ihren Wangen.
    »Du hattest gesagt, ich solle nicht über die Abreise sprechen«, sagte er. »Erinnerst du dich?«
    Sie nickte.
    »Und ich habe mich daran gehalten. Nun bitte ich dich, Antonia: Stelle keine Fragen, wenn ich jetzt gehe. Keine einzige Frage, bitte!«
    Sie nickte stumm. Er umarmte sie ein letztes Mal. Dann gingen sie zusammen hinaus. Néné saß allein auf den Stufen des Portikus. Ein Wink seines Herrn, und er stieg in den Wagen.
    William küsste Antonia auf die Stirn.
    »Leb wohl, Liebste!«
    »Leb wohl, Will!«
    Er stieg in den Phaeton und nahm die Zügel. Auf seinen Zuruf zogen die Pferde an. Der Wagen beschrieb einen Bogen um die Rotunde und verschwand in der dunklen Allee.
    Charlene hatte Antonia eine ganze Weile nicht mehr gesehen und war beunruhigt; es war nicht Antonias Art, ihre Gäste zu vernachlässigen. Auf der Wiese, im Schein von Laternen, tanzten einige Paare langsam zur melancholischen Musik der Schwarzen. Andere standen dabei und sahen den Tanzenden zu. Im Näherkommen erkannte Charlene ihren Sohn. Er war nicht allein.
    »Joshua Robert!«, sagte sie, ohne Rovena neben ihm zu beachten. »Sieh nach, wo Miss Antonia bleibt. Sie kann nicht als Erste das Fest verlassen.«
    Joshua und Rovena wechselten einen Blick, dann ging er, um Antonia zu suchen. Jetzt, da sie alleine waren, taxierte Charlene die schöne Antillaise mit hochgezogenen Brauen, während Rovena ihr mit unbewegter Miene begegnete. Charlene sprach als Erste.
    »Was führt dich her, Rovena Mougadou, noch dazu an einem Freitag? Ich dachte, freitagnachts seiest du unabkömmlich?«
    »Pass auf, was du sagst, Charlene Robert!«
    »Soll das eine Drohung sein?«
    »Nimm dir einfach ein Beispiel an unseren Brüdern und Schwestern und erweise mir etwas mehr Respekt.«
    »Respekt? Vor einer Hexe?«
    »Dein Sohn denkt anders darüber.«
    »Pah, mein Sohn hat doch nur eins im Sinn!«
    »Natürlich, er ist ein Mann!« Rovena schnalzte mit der Zunge. »Joshua weiß, was er will.«
    »Weiß er auch, was du willst?«, erwiderte Charlene. »Oh, ich kenne dich und deine Machenschaften, mich täuschst du nicht! Deine Sippe hat dich nach Carolina geschickt, damit du den dunklen Kult bei uns verbreitest. Als wäre unser Leben nicht schon schwer genug! Sollen wir auch noch vor eurem Priesterklan kriechen?«
    »Niemand wird gezwungen, sich uns anzuschließen. Wieso wollt ihr das nicht verstehen?« Rovena senkte die Stimme. »Die Mougadous sind Orakelpriester, Hüter der Magie von Khoum. Wir stammen aus den roten Bergen Dahomeys, meine Großeltern Néo und Sula wurden dort geboren. Die Sklavenhalter haben ihnen nicht nur die Freiheit genommen: Als sie die ounsi Mougadou zu diesem Kontinent verschleppten, verloren sie ihre Heimat, ihre Vergangenheit, ihre Geschichte. Nur eines konnten sie ihnen nicht nehmen: Die Erinnerung an ein ungezähmtes Leben, an den Ursprung, an Afrika. Mit dem alten Kult bleibt die Erinnerung in uns allen lebendig. Voodoo ist Afrika!«
    »Sprich nicht davon!«, zischte Charlene und hob die Hand, als müsste sie drohendes Unheil abwehren. »Es ist ein übles Vermächtnis, Nénés Mutter musste dafür sterben!«
    »Die weißen Herren von Beau Séjour haben Ayala getötet«, entgegnete Rovena. »Sie haben sie hingerichtet, um uns und

Weitere Kostenlose Bücher