Die Plantage: Roman (German Edition)
zurückkommen.«
»Soll er … denn nicht?«, fragte Antonia verwirrt.
»Aber nein!« Charlene tätschelte ihr tröstend die Hand. »Sie möchten doch, dass er aus Liebe zu Ihnen zurückkommt, oder? Also warten Sie es ab. Wenn er Sie wirklich liebt, wird er irgendwann von ganz alleine wiederkommen.«
»Ach Charlene!« Antonia lehnte sich traurig an ihre Schulter. Wie sollte sie ihr erklären, dass William sie verlassen hatte, um sie nicht lieben zu müssen? Wie sollte sie erklären, was sie selbst nicht verstand.
VI. Algernon Reed
23.
Charles Town war das Herzstück des amerikanischen Handels gewesen, solange die englische Krone aus dem Wohlstand ihrer Kolonien den eigenen Vorteil zog. Jetzt, im Frühjahr 1782, nach den schweren Kriegsjahren, wähnte das düpierte Empire, der rebellische Süden läge wirtschaftlich vernichtet am Boden. Doch die Pflanzer und Händler Carolinas taten ihm diesen Gefallen nicht. Trotz hoher Einbußen durch die Zerstörung der Fluren und den Verlust vieler Sklaven nahmen sie die Geschäfte wieder auf, und trotz aller Repressalien und Schikanen durch die Besatzungsmacht begann der Handel wieder zu florieren.
Weil die traditionelle Börsenhalle im Exchange von der britischen Militärverwaltung als Kaserne genutzt wurde und für den Warenhandel geschlossen war, wurden die Markthallen zur Börse umfunktioniert. Die Stimmung an dem provisorisch eingerichteten Sellers Board war optimistisch. Alte Handelsbeziehungen lebten auf, Verträge wurden neu verhandelt, Prognosen für die kommende Ernte abgegeben. Endlich war man wieder im Geschäft.
Der April war ungewöhnlich warm, die Leute vom Land kamen in offenen Wagen zur Stadt. An den Toren staute sich der Verkehr, die Wachposten ließen die Farmer aus dem Umland erst nach umständlichen Kontrollen die Stadtgrenze passieren. Joshua hieß den Kutscher, an der Kreuzung Bay Street und Market Street zu halten, und stieg ohne Eile aus. Seit er die Plantage führte, besuchte er regelmäßig die Börse. Die schlichteWürde seiner Stellung als Verwalter stärkte sein Selbstvertrauen, trotzdem kostete es ihn jedes Mal Überwindung, sich unter die weißen Sklavenhalter zu begeben. Die Gelassenheit, die er in ihrer Gegenwart an den Tag legte, war nicht echt. Er blieb auf Abstand. Sie wiederum vermieden es, ihn zu beachten.
Die Erntezeit war noch fern, in der Markthalle herrschte mäßiger Betrieb. Vor den Tafeln mit den Notierungen debattierten einzelne Händler und Kommissionäre über Mengen und Preise. Joshua überblickte die Halle, er war verabredet und allem Anschein nach als Erster eingetroffen. Um die Zeit des Wartens zu nutzen, blätterte er in den ausliegenden Zeitungen und notierte sich die tagesaktuellen Kurse.
»Hallo, Mr. Robert«, ertönte es vom Eingang her. »Ich bin spät dran. Der alte Seth hat sich verfahren, ist das zu glauben!«
»Guten Tag, Mr. Shaughnessey!« Joshua verneigte sich. »Ihr Kutscher kommt allmählich in die Jahre.«
»Das kann man wohl sagen. Seth hat mich schon kutschiert, da war ich noch ein Junge in kurzen Hosen.«
Shaughnessey erkundigte sich nach Antonia und der Plantage. Er wollte Joshuas Meinung hören, wie viel Reis sie wohl in diesem Jahr produzieren würden. Als Antonias Geldgeber hatte Tyler ihn darüber informiert, dass die Bank mit Legacy wegen der kommenden Ernte in Kaufverhandlungen stünde.
»Das stimmt«, bestätigte Joshua. »Ashley & Bolton drängt darauf, dass Mrs. Lorimer schon jetzt den Vertrag unterzeichnet. Angeblich muss die Bank die gesamte Ernte aufgekauft haben, bevor das erste Reiskorn reif ist, sonst, so meint Mr. Tyler, könnte die Handelsvereinigung uns später Schwierigkeiten machen.« Er wiegte skeptisch den Kopf. »Sie kennen ja Mr. Tylers Spitzfindigkeiten.«
»Seien Sie getrost, der Mann weiß, was er tut«, antwortete Shaughnessey munter. »Die Herren vom Planters Club werden vor Wut schäumen, wenn sie merken, dass ein cleverer Yankeesie ausmanövriert hat! Gilbert Ashley hat mir erzählt, in den vergangenen Wochen habe Tyler die Plantagen im Umland aufgesucht und eine ganze Reihe Pflanzer am Cooper und Santee River davon überzeugen können, exklusiv an Ashley & Bolton zu verkaufen. Gilbert scheint sehr zufrieden, Tyler wird der Bank beachtliche Marktanteile sichern. Antonia ist also gut beraten, wenn sie ihm ihre Angelegenheiten anvertraut.« Er hatte sich unterm Reden umgesehen. »Da drüben ist mein Nachbar Grandle. Der Schlaukopf hat unter der Hand Loyalistenland
Weitere Kostenlose Bücher