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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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ohne ein Wort für ihre Leute lief sie hinaus und wanderte über die Felder ihres Anwesens, an den Bewässerungskanälen entlang zu den wilden Auwäldern am Fluss.
    Manchmal wiederum blieb sie tagelang in der Verwalterwohnung, saß am Schreibtisch in Williams Arbeitszimmer und wartete darauf, dass die Zeit verging. Wenn Joshua nach der Arbeit hereinkam, um ihr vom Tagewerk auf der Plantage zu berichten, versuchte sie, aufmerksam zuzuhören. Aber ihre Gedanken drehten sich um William, sie fragte sich, wo er jetzt sein mochte, wie es ihm ginge. Sie hatte seinen Entschluss, nach England zurückzukehren, immer für einen Fehler gehalten, aber sie war machtlos gewesen gegen die Kräfte der Vergangenheit. Vergeblich hatte sie versucht, ihm nahezubringen, dass er seine Heimat heute möglicherweise mit anderen Augen sehen würde; es waren Jahre verstrichen, er selbst war durch die Hölle des Krieges gegangen. Trotzdem schien er zu glauben, er könnte zurückkehren und einfach weitermachen, wo er aufgehört hatte. Vielleicht hoffte er, indem er an sein voriges Leben anknüpfte, würde auch seine Seele wieder heil.
    Zuweilen schlug ihre Trauer auch um in Zorn. Dann warf sie William Selbstsucht und Treulosigkeit vor und gab ihm in wütenden Selbstgesprächen die alleinige Schuld an ihremKummer. Sich selbst schalt sie, nur ihre Zeit zu vergeuden; er sei es nicht wert, dass sie sich nach ihm verzehre. Doch was sie auch tat, sie litt unter seiner Abwesenheit in jedem wachen Augenblick, so sehr, dass andere Dinge nach und nach für sie an Bedeutung verloren. Um nicht vollends den Boden unter den Füßen zu verlieren, hielt sie sich an den Rat der Indianerin: Sie stand auf, aß und schlief und stand wieder auf. So ging das Leben irgendwie weiter.
    »Tee, Miss Antonia?« Charlene goss roten Kräutertee in eine Tasse, tat zwei Löffel Zucker hinein und stellte das dampfende Getränk vor Antonia auf den Tisch. Antonia machte keine Anstalten, davon zu trinken.
    »Sie sind halb verhungert, Missy, wollen Sie auch noch verdursten?«
    »Du übertreibst«, seufzte Antonia müde.
    Charlene setzte sich mit einer Schüssel Erbsenschoten zu ihr auf die Bank und begann, die Hülsen mit einem trockenen Knacken aufzubrechen. »Dabei müssten Sie gerade jetzt regelmäßig essen«, sagte sie. »Na warten wir’s ab. Normalerweise kommt der Appetit von allein zurück.«
    »Normalerweise?«
    Charlene schälte weiter das Gemüse und sagte beiläufig: »Nach dem dritten Monat legt sich die Übelkeit meistens.« Sie fasste Antonia genau ins Auge. »Das könnte zeitlich hinkommen, nicht wahr?«
    Antonia sah sie entgeistert an. »Du meinst, ich bin …«
    »Schwanger, na klar, was haben Sie denn gedacht?« Charlene sah sie amüsiert von der Seite an. »Ganz gleich, was man von Mr. Marshall halten mag: In dieser Hinsicht war offensichtlich auf ihn Verlass.«
    Antonia überlegte kurz. »Aber das ist nicht möglich!«, rief sie. »Ich meine, Henry und ich waren über fünf Jahre verheiratet, aber ich wurde nicht schwanger.«
    »Und wenn Sie noch mal so lang mit ihm verheiratet gewesen wären, Miss Antonia, von Mr. Lorimer hätten Sie nie Kinder bekommen. Hat er etwa behauptet, es läge an Ihnen?«
    Antonia blickte ungläubig an sich herab. Seit Wochen hatte ihr Körper ihr Zeichen gegeben, doch sie hatte nicht darauf geachtet, sodass ihr das Nächstliegende entgangen war. »Ich bekomme ein Baby!«, flüsterte sie. »Und ich habe gedacht, ich sei krank. Wie konnte ich nur so dumm sein!«
    Plötzlich stiegen Tränen in ihre Augen, sie schluchzte. Charlene rückte auf der Bank zu ihr heran, legte ihr den Arm um die Schultern.
    »Na na, nicht weinen, Missy.« Sie wischte mit der Schürze ihre Tränen fort. »Sie haben sich doch immer ein Baby gewünscht.«
    »Aber verstehst du denn nicht, Charlene: Wenn William gewusst hätte, dass wir ein Kind haben würden, wäre er niemals fortgegangen!« Sie wurde ganz aufgeregt. »Er muss es erfahren! Du wirst es sehen, dann kommt er zurück. Ja, er kommt ganz bestimmt wieder zu mir zurück. Ich werde ihm sofort schreiben, über die Agentur von Norrington Steele kann ich ihm einen Brief nachsenden lassen, dann wird er es bald wissen und …«
    »Kommt nicht infrage«, bremste Charlene ihren Eifer. »Sie werden ihm nicht schreiben.«
    »Er muss es doch erfahren!«
    »Wozu? Wollen Sie ihm die Sorge für ein Kind aufhalsen?«
    »Aber es ist sein Kind!«
    »Na und? Er würde denken, er solle wegen einer lästigen Pflicht

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