Die Plantage: Roman (German Edition)
ein, als die Verantwortung für ihren Besitz in die Hände eines freigelassenen Sklaven zu legen.« Er wandte sich direkt an Joshua: »Vergessen Sie nie, wo Ihr Platz ist, Mister Robert!« Und leise, dass nur Joshua es hören konnte, setzte er hinzu: »Kein Nigger bedroht mich ungestraft mit der Waffe.«
Joshua vermied es, darauf zu antworten. Schnell verabschiedete er sich von Shaughnessey und den andern und machte sich auf den Heimweg. Als er bei der Einfahrt von Lyndon House ankam, zögerte er, ging dann weiter die Straße hinauf und folgte einem Fußweg zur Rückseite des Anwesens. Durchdie Gartenpforte betrat er das Sklavendorf, ein paar armselige Hütten zwischen Hühnerhof und Wäschebleiche. Gefolgt von einer Horde Kinder ging er zum Küchenhaus und setzte sich an der Hauswand auf eine Bank. Er seufzte schwer, wischte sich den Schweiß von Stirn und Gesicht. Die Köchin hantierte drinnen laut mit Töpfen und Pfannen. Der Duft von Gumbo und frisch aufgebrühtem Kaffee stieg ihm in die Nase, aber der Appetit war ihm vergangen. Seine Gedanken kreisten ununterbrochen um Hocksleys Drohung. Eins war klar: Wenn Hocksley ihn verklagte, war er verloren.
24.
In der Nacht zum Sonntag fegte Gewitterregen über das Land. Bei Sonnenaufgang roch die Luft frisch und würzig nach nassem Laub, es war ein guter Tag für die Jagd. Auf dem Anger gegenüber der Pfarrkirche von St. James’ formierte sich die Jagdgesellschaft. Hundegebell und das unruhige Wiehern der Pferde störten den sonntäglichen Frieden, in dem Reverend Stowe seine Gemeindemitglieder an der Kirchpforte mit seinem Segen und einem persönlichen Wort verabschiedete.
Wie jeden Sonntag hatte Hocksley mit seiner Familie am Gottesdienst teilgenommen. Um seine Jagdfreunde nicht warten zu lassen, verließ er die Kirche als einer der Ersten, entrichtete die obligatorische Spende für Bedürftige und schüttelte dem Reverend unbeteiligt die Hand. Reed kam über den Kirchhof herüber, um die Hocksleys zu begrüßen. Er reichte der älteren Tochter Dora seinen Arm und geleitete sie und die jüngere Jane-Eliza, den Eltern folgend, zur Kutsche. Als der Wagen abfuhr, gingen die beiden Männer zu ihren Pferden.
Kurz darauf trafen Shaughnessey und Grandle ein, und der Jagdmeister gab das Hornsignal zum Aufbruch. Vom Gebell derMeute begleitet, setzten sich die Jäger mit ihren Reitknechten, Hundeführern und dem Tross in Bewegung. Sie folgten der Straße in östliche Richtung nach Red Bank, setzten über den Cooper River und ritten weiter nach Hartford. Dort stieß ein kleiner Reitertrupp hinzu, Mr. Ball, der Besitzer der Plantage Limerick, und Mr. Davenport, der Verwalter von Silk Hope, mit Gefolge. Die Gesellschaft war nun vollzählig und ritt in zügigem Tempo die vier Meilen nach Daniel Island, wo das erste Jagen begann. Der Tross zog schon voraus nach Barton Blure;die Jäger wollten sich dort zur Mittagszeit treffen, um vor der melancholischen Ruine des Herrenhauses einen Imbiss einzunehmen.
Von der Morgenfrische war nichts mehr zu spüren. Kein Windhauch bewegte die Rispen des mannshohen Schilfs, als die Jäger allein oder zu zweit in das von Wasserläufen durchzogene Gelände pirschten. Hocksley und Reed folgten ihren Jagdgehilfen, die einen trittsicheren Pfad zu den Nistplätzen der Wasservögel suchten. Wolken von Stechmücken schwebten über den Tümpeln, je weiter sie in die Sumpfwildnis vordrangen, desto unangenehmer wurde der feuchtwarme Brodem stehender Luft. Reed hatte schon bald genug und erklärte Hocksley, er wolle nach Barton Blure vorausgehen und dort auf das Eintreffen der übrigen Jagdgesellschaft warten.
Es war nur ein kurzer Fußmarsch nach Barton Blure. Riesige Lebenseichen bezeichneten den Verlauf einer Auffahrtsallee, von den Gebäuden der alten Plantage war jedoch nicht viel übrig geblieben, ein paar Grundmauern und die Sockel der Kaminzüge, Überreste einer Freitreppe und ein Haufen vermoderter Bretter und Bohlen, die im sumpfigen Untergrund versanken. Auf den Bruchstücken dessen, was einmal der Portikus war, bereiteten die Diener das Picknick für die Jäger vor. Reed ließ sich eine Decke und Wein bringen und machte es sich im Schatten der Alleebäume bequem.
Vom Cooper River kam ein sachter Windhauch; er fing sich in den Flechten von Spanischem Moos, die von den Ästen herabhingenund in der Brise wehten wie silbrige Schleier. Dann und wann waren Gewehrschüsse zu hören und weit entferntes Hundegebell. Reed lachte verächtlich, er fand
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