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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Wenn er sich einsam fühlte, fuhr er zu den Dörfern am James River, wo er sich die Gesellschaft von Frauen kaufte. In seiner Kutsche nahm er sie mit an einen ungestörten Ort. Einmal bei einer solchen Gelegenheit löschte eine Absence sein Bewusstsein aus. Etwas anderes trat an dessen Stelle …
    Als die Frau seinen glasharten Blick bemerkte, wich sie befremdet zurück. Aber er hielt sie fest.
    »Was denn, hast du Angst vor mir?«
    In seiner Stimme schwang ein lauernder Ton, der sie erschreckte. Was war auf einmal in ihn gefahren? Wieso starrte er sie an wie ein hungriges Tier? Sie wollte raus aus dieser Kutsche, nur fort von ihm! Um sich zu befreien, versetzte sie ihm einen beherzten Stoß.
    Als hätte er nur auf Gegenwehr gewartet, warf er sich auf sie und drückte sie mit seinem Gewicht nieder. Eine Weile ließ er sie kämpfen, dann schlug er zu.
    »Wärst besser nicht in meinen Wagen gestiegen!«
    Er schlug sie wieder und wieder. Als Blut aus ihrem Mundwinkel lief, hielt er inne. Witternd wie ein Hund kam er heran und fing an, das Blut von ihrem Gesicht zu lecken. Sie lag verängstigt und angewidert unter ihm und wagte kaum zu atmen. Plötzlich spürte sie, wie seine Zähne in ihr Fleisch eindrangen …
    Vielleicht trat sie ihn in die Weichteile oder ihre Faust traf ihn, als sie in Panik um sich schlug. Jedenfalls kam er zu sich. Desorientiert, verwirrt von ihren Schreien, stammelte er Entschuldigungen, beteuerte, er habe ihr nicht wehtun wollen. Schließlich gab er ihr Geld, um sie zu trösten und damit sie schwieg. Zu Hause grübelte er lange über das Geschehene nach. Er musste einen Anfall gehabt haben. Die Frau war außer sich vor Angst gewesen, offensichtlich hatte er sie brutal misshandelt. Doch er konnte sich an nichts erinnern. Was auch geschehen war, er hatte die Kontrolle verloren; das durfte nicht wieder geschehen. Von nun an ging er Frauen aus dem Weg, auch vom übrigen gesellschaftlichen Leben zog er sich zurück. Seine Bekannten, die sein Verhalten natürlich nicht verstehen konnten, kamen zu dem Schluss, der Erfolg habe ihn überheblich gemacht, und wandten sich bald von ihm ab.
    Einsam und frustriert konzentrierte er sich auf seine Arbeit. Das lenkte ihn ab, und seine Geschäfte florierten. Zu Beginn des Krieges hatte er sein Firmenvermögen annähernd verdoppelt, er war ein reicher Mann. Doch seit der Konflikt mit den Kolonien eskalierte, bekam auch er zunehmend die Restriktionen zu spüren, die England dem amerikanischen Handel auferlegte. Bei dem Gedanken, dass er durch seine Steuerzahlungen den Krieg gegen seine Heimat Amerika mitfinanzierte, fühlte er sich in seiner patriotischen Seele verletzt. Als mit dem Einmarsch englischer Truppen in Virginia der Handel zwischen den freien Provinzen und den besetzten Nordstaaten zum Erliegen kam, sperrte Reed seine Kontore zu und begab sich in den Süden zu den Rebellen.
    Im Herbst 1776 kam Reed nach Charles Town. Er war achtundzwanzig Jahre alt, vermögend und für einen Neuengländer überaus salonfähig, Er kaufte ein Haus in einer noblen Gegend, seine Umgangsformen verschafften ihm das gesellschaftliche Entree. Die verwöhnten Charlestowner überhäuften ihn bald mit mehr Einladungen, als er wahrnehmen konnte. Nachdemer die vergangenen Jahre meist allein zugebracht hatte, machten ihn die vielen Menschen in seiner Nähe nervös, vor allem die lebenshungrigen Frauen, jene Southern Belles, die so anders waren als die Mädchen in Virginia, und die selbstbewusst seinen Salon belagerten.
    Um zeitweise zur Ruhe zu kommen, verbrachte er manchen Abend der Woche in seinem Kontor am Frachthafen. Oft ging er erst, wenn die ganze Stadt schlief, zu Fuß nach Hause. Eines Nachts auf seinem Heimweg durchs Hafenviertel beobachtete er, wie ein junger Stutzer mit zwei Matrosen um eine Straßendirne stritt. Ein Wort gab das andere, auf einmal gingen die Matrosen auf den Stutzer los. Reed erwog noch, dem Mann zu Hilfe zu eilen, da zog der eine Matrose ein Stilett und stach zu. Der junge Mann ging schwer verletzt zu Boden, während die beiden Angreifer sich davonmachten.
    Die Prostituierte, die den Kampf verfolgt hatte, kniete neben dem Bewusstlosen und versuchte, seine Wunden zu versorgen. Reed stand unschlüssig abseits. Im Licht der ersten Dämmerung sah er, wie das Blut des Verletzten der Frau über die Hände rann. Er konnte den Blick nicht mehr abwenden, gebannt starrte er auf ihre blutigen Hände. Plötzlich konnte er das Blut riechen. Er atmete den erregenden

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