Die Plantage: Roman (German Edition)
»Sollen wir immer gehorchen und uns schlagen und umbringen lassen, wenn es ihnen gefällt?« Er stöhnte verzweifelt beim Gedanken, dass er sie bald verlieren würde.
Aber Rovena redete ihm geduldig zu: »Höre, Josh, unsere Zeit wird kommen. Noch nicht heute, auch nicht morgen. Aber sie wird kommen. Vertraue mir, Josh, und mach deine Arbeit gut, nur so kannst du uns helfen. Sei der Sohn deines Vaters!Robert Bell war mächtig, du kannst es auch sein. Sei klug, warte auf deine Chance, und höre auf Charlene. Sie kennt dich am besten.«
Joshua knurrte unwillig, er wollte keine Ratschläge, er wollte Gewissheit. »Sag mir, was am Ashley River passiert ist, Rovena. Ihr habt die Frau nicht getötet. Aber warum müsst ihr dafür sterben?«
Rovena antwortete leise: »Unsere Feinde wollen uns vernichten …«
»Mr. Hocksley und Crossbow, sein Knecht! Sie fürchten die Rache deines Bruders und wollen ihn mit dem Prozess gegen euch einschüchtern.«
»Aber wir haben auch Freunde unter den Weißen. Dem einen, der uns beschützt, darf nichts geschehen. Dafür ist kein Preis zu hoch.«
»Was können ein paar arme Sklaven schon für einen Weißen tun!«, rief Joshua erbittert.
Rovena schwieg. Noch einen Augenblick, dann verstand er. »Um Gottes willen, Rovena, wen willst du durch deinen Tod schützen? Wenn du weißt, wer die Frau getötet hat, dann musst du es sagen. Hast du nicht gehört, dass sie auf bestialische Weise abgeschlachtet wurde? Wer so etwas tut, ist gefährlich. Du darfst ihn nicht decken!«
»Sch-sch! Ich weiß, was ich tun muss.« Die Kette klirrte, als sie die Hand hob und auf seine Lippen legte. »Er ist besessen. Ich erkenne den Dämon, der in ihm lebt. Aber ich kann ihm nicht helfen, von ihm loszukommen, das kann niemand. Wenigstens lassen wir ihn nicht allein. Castor steht ihm bei, so gut er kann.« Sie machte eine Pause, es strengte sie an zu sprechen. »Wenn wir uns nachts am Fluss trafen, kam er und sah uns zu. Ich glaube, unsere Gemeinschaft hat ihm gefallen, das Ritual. Er ließ uns unseren Kult und die Zusammenkünfte und wusste zu verhindern, dass sie unseren Versammlungsplatz fanden.«
»Aber er ist ein Mörder, ein Ungeheuer!«
»Das ist nicht er, der diese Dinge tut. Es ist ein Dämon, der von ihm Besitz ergreift und durch ihn tötet. Wenn die Menschen hier von seiner Besessenheit erführen, würden sie ihn einsperren, und wir hätten dann niemanden mehr, der uns schützt. Die meisten von uns leben bei ihm …«
»Auf Hollow Park! Die Mougadous leben bei Mr. Reed, er ist es also!«
»Joshua, du darfst ihn nicht verraten. Versprich es mir.«
»Du glaubst, ich lasse zu, dass sie dich töten, und dieser Irre darf weiter frei herumlaufen?«
»Versprich es mir.«
»Niemals!«
»Josh, bitte, es geht um meine Familie. Du darfst Mass’a Reed nicht verraten.«
»Ich darf dich nicht verlieren, Rovena, alles andere ist mir gleich!«
»Es ist mein Schicksal.« Sie fasste seine Hand. »Du kannst es mir nicht abnehmen, begreif das doch, mein Liebster. Denk an Néné, er hat sich auch nicht gegen sein Los aufgelehnt.«
»Deine Familie hat ihn verstoßen!«
»Er gehörte nicht mehr zu uns. Sein Herz war vor langer Zeit gestorben, er ging wie ein Toter durchs Leben.«
»Ein Zombie, ein lebender Toter? Warum hat ihn Monsieur Raoul nicht gleich getötet, wie konnte er den eigenen Sohn zu so einem Dasein verdammen?«
»Nénés Leben war verpfändet. Er hat es eingelöst und wurde frei.«
»Wieso denn frei? Er gehört Mr. Marshall, er hat ihn mitgenommen.«
»Néné starb für seinen Herrn.«
»Was redest du da, niemand weiß …«
»Er starb für den englischen Soldaten, er starb in seinen Armen. Am Ende war er glücklich.«
Joshuas Herz krampfte sich zusammen, denn er wusste, dasssie die Wahrheit sprach. Er dachte an Néné, an den Engländer, an Rovenas nahen Tod, und Tränen liefen über sein Gesicht.
Die Junisonne hatte ihre Hitzeglocke über die Landschaft gestülpt. Den ganzen Tag lang hatte sich kein Lufthauch geregt. In der Dachkammer war es heiß, durchs offene Fenster, von den hohen Bäumen schallte das eintönig-einschläfernde Zirpen der Zikaden. Hingerissen betrachtete Quinn Zadias zarte Gestalt. Sie erschien ihm zerbrechlich und schutzbedürftig wie ein Vogel, obwohl er ihre begehrliche Kraft gut kannte. Er streichelte ihren flachen Bauch, ihre Flanken, die kleinen Brüste. Aber seine Gedanken waren abwesend.
Es gab ein Problem, der Caid war verschwunden. Nun erwartete
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