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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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aus den Zelten, fesselten sie aneinander und schleppten sie fort. Nie mischten sich die englischen Soldaten ein; die Befreiung von Sklaven war nicht Ziel dieses Krieges, also genossen sie auch keinen Schutz.
    Wenn Henry die Schwarzen an Hocksleys Gewährsleute übergab, bekam er sofort das vereinbarte Kopfgeld ausgezahlt. Nach mehreren erfolgreichen Razzien nahm er regelmäßig Urlaub vom Dienst in seinem Regiment und kehrte nach Hause zurück.
    Jedes Mal nahm er sich vor, sein Doppelleben zu beenden und Antonia alles zu erzählen, doch dann verließ ihn wieder der Mut. Wie hätte er ihr erklären sollen, was mit ihm geschehenwar? Er wusste selbst nicht mehr, wann er seinen Idealismus verloren hatte, wann er begriffen hatte, dass seine Gesellschaftsvisionen in der materialistischen Wirklichkeit South Carolinas keinen Bestand hatten. Der Süden hatte ihn verändert, das feuchte, heiße Klima, die Menschenverachtung der weißen Pflanzer. Würde Antonia das verstehen? Vermutlich nicht, aber vielleicht würde sie ihm irgendwann verzeihen.
    Nach außen wahrte er den Schein, gab sich beschäftigt und kümmerte sich mehr schlecht als recht um die Plantage. Doch vor Antonia konnte er seine Befangenheit nicht verbergen, darum ging er ihr aus dem Weg. Er fand neue Freunde und neue Vorlieben, die ihn von Legacy entfernten, und so entfernte er sich auch immer mehr von ihr.
    Der Sommer verging, dann der Herbst. Die Fronten verlagerten sich, aber die Kämpfe nahmen kein Ende. Das Land musste die riesigen Heere ernähren, Tausende Menschen, die nichts produzierten, sondern immer mehr fruchtbaren Boden verwüsteten und diejenigen vertrieben oder töteten, die noch hätten säen und ernten können.
    Kalte Regenböen kündeten den Winter an. Henry war auf dem Weg nach Hause, über schlammige Straßen trottete sein Pferd durch den Lowcountry. Der Mantel hing ihm durchnässt von den Schultern, die Kälte drang durch den Stoff bis auf seine Haut. Er würde nicht mehr zu den englischen Regimentern zurückkehren. Familiäre Verpflichtungen hinderten ihn daran, mit den königlichen Truppen nach Norden zu ziehen, hatte er Cornwallis seine Demission erklärt. Der General versuchte nicht, ihn zu halten.
    Auf Legacy angekommen, zog Henry sich in sein Arbeitszimmer zurück. Er notierte in den Geschäftsbüchern die Summen seines Soldes und der Kopfgeldzahlungen; damit waren die Kreditzinsen der Bank gedeckt. Auch einen Großteil der aufgelaufenen Händlerrechnungen und seine Spielschuldenkonnte er zurückzahlen. Doch die Hypothekenlast blieb erdrückend. Um das Kernstück der Plantage zu erhalten, würden sie sich von einigen Pflanzungen trennen müssen.
    Er strich sich abwesend durchs Haar, das von ersten grauen Fäden durchzogen war, und blickte nachdenklich an den vielen Reihen von Geschäftsbüchern entlang, in denen die Geschichte der Plantage niedergeschrieben war. Obwohl ihm von Rechts wegen die Verfügungsgewalt über Antonias gesamten Besitz zustand, betrachtete er Legacy nach wie vor als ihr Eigentum. Darum sollte sie entscheiden, welchen Teil ihres Landes sie verkaufen würden.
    Weil er vorhatte, noch am selben Tag nach Charles Town zu fahren, wollte er gleich mit ihr sprechen. Er öffnete die Tür zur Halle und sah sich unvermittelt der Indianerin gegenüber. Ohne seine Zustimmung abzuwarten, trat sie ein und setzte sich in einen der schweren Ledersessel.
    »Schließ die Tür«, sagte sie. »Wir müssen reden.«
    Er zuckte die Schultern, schloss die Tür und nahm ebenfalls Platz. Vier Federn ließ sich nur selten auf der Plantage sehen, mit ihm hatte sie kaum je geredet. Ihr Gesicht verriet nicht, was in ihr vorging, während sie ihn unter schweren Lidern eine Weile ruhig betrachtete. Endlich sagte sie: »Kennst du eine Schwarze mit Namen Oulah?«
    Henry schüttelte den Kopf. Was konnte die Indianerin von ihm wollen? »Hören Sie, bestimmt möchten Sie mit meiner Frau …«
    »Oulah hat dich erkannt, Major Lorimer.«
    »Was …?«
    »Ihr habt sie mit anderen Flüchtlingen aus Fort Wilson verschleppt. Hinter euren Pferden angebunden mussten sie über die High Hills bis hierher laufen. Am Plains River ließ Oulah sich ins Wasser gleiten. Lieber wollte sie ertrinken als zurück nach Prospero Hill. Sie ist aber nicht ertrunken. Seit einer Woche versteckt sie sich in meiner Kate.«
    Henry hatte das Gefühl, als ob sich ein kalter Ring eng um sein Herz legte. »Was hat sie Ihnen sonst noch erzählt?«
    »Sie sagte, die Schwarzen in Fort

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