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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryrose Wood
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behaupten, dass dies ein geheiligter Ort ist. Hier haben früher katholische Mönche gelebt und gebetet.«
    Er dreht sich um, und sein Mund bewegt sich, als wolle er sprechen.
    »Glocken«
, wispert er.
    Seine Stimme ist so leise, dass man es nicht einmal Flüstern nennen kann. Es ist mehr wie das Rascheln eines Blatts im Wind.
    »Ja«, sage ich ermutigend, in der Hoffnung, ihn richtig verstanden zu haben. »Vor Jahrhunderten läuteten hier Kirchenglocken. Sie riefen zur heiligen Messe und zu den Gebeten und den Mahlzeiten. Als das Kloster noch stand, haben hier wohl ständig die Glocken geläutet.«
    »Glocken.«
    Ich bin fast sicher, dass es das ist, was er sagte, aber es war erneut so leise wie ein Lufthauch. »Glocken?«, wiederhole ich sanft. »Meinst du die Glockenblumen? Es sind so hübsche Pflanzen. Sie wachsen in meinem Blumengarten.«
    Weeds Gesicht leuchtet auf. »Garten?«, fragt er, jetzt mit deutlicher Stimme.
    Seine strahlenden Augen durchbohren mich wie smaragdgrüne Dolche. »Magst du Gärten? Wir haben viele davon«, sage ich hastig. »Im Gemüsegarten wächst alles, was ich für die Küche brauche – Kräuter, Tomaten, Zwiebeln und vieles mehr. Und wir haben auch einen kleinen Obstgarten und einen Bienengarten, damit die Bienen uns süßen Honig schenken, und einen Färbergarten, damit ich Farbe für die Wolle herstellen kann. Und Vater hat seinen Apothekergarten, den er für seine Arzneien und Tränke braucht – aber den dürfen wir nicht betreten, denn Vaters Arbeit ist geheim, und viele der Pflanzen sind gif…«
    »Jessamine!« Vaters Silhouette ist oben auf der Kellertreppe zu sehen. »Was um aller Welt erzählst du diesem Jungen?«
    »Nichts …«
    »Lüg mich nicht an, Jessamine. Ich habe dich sprechen gehört. Ein Mensch kann nicht nichts sprechen.«
    »Tut mir leid, Vater. Ich hätte sagen sollen
nichts von Bedeutung
«, erwidere ich mit falscher Fröhlichkeit, um die Scham zu verbergen, die ich empfinde, weil ich vor Weed gescholten werde. »Ich habe Weed nur etwas über uns erzählt, über unser Zuhause und über die Gärten – er sollte doch wissen, wo er gelandet ist und wer wir sind, meinst du nicht auch?«
    Vater beachtet meine Erwiderung gar nicht. »Da er nun offenbar bereit ist zu sprechen, kannst du ihn in mein Arbeitszimmer bringen. Und zwar sofort, wenn ich bitten darf.« Dann geht er und lässt die Tür hinter sich zufallen. Der Lichtstrahl, der über die Treppe in den Keller gefallen war, erlischt.
    Ich hole tief Atem, um mich zu sammeln und meinen Augen Zeit zu geben, sich an die plötzliche Dunkelheit zu gewöhnen. Dann zwinge ich mich, Weed beruhigend anzulächeln. »Vater kann zwar streng sein, aber du musst keine Angst vor ihm haben. Bitte komm mit mir.«
    Ich strecke meine Hand aus, und Weed ergreift sie und erhebt sich. Mit einer einzigen, eleganten Bewegung faltet er seine langen Beine auseinander. Die spärliche Beleuchtung und die umgebende Dunkelheit verleihen seinem Gesicht eine überirdische Schönheit, die mir den Atem verschlägt – das dunkle, ungekämmte Haar, die großen, unglaublich grünen Augen, die schmale Gestalt, so zart und zerbrechlich wie ein Weidenschössling.
    »Komm«, sage ich und bemühe mich, das Zittern aus meiner Stimme zu verbannen. »Vielleicht zeigt er dir die Belladonna-Beeren. Sie sind sehr schön. Er bewahrt sie in einem Glas auf dem Regal auf.«
    »Belladonna«, sagt Weed und schaut mich so glühend an, dass seine grünen Augen fast die Dunkelheit erleuchten. »Die schöne Dame.«
    Ich weiß, dass er damit nicht mich meint, aber ich erröte trotzdem und gehe vor ihm die Treppe hinauf, damit er meine brennenden Wangen nicht bemerkt.
    ***
    Vater sitzt an seinem Schreibtisch und kritzelt etwas in eins seiner Notizbücher, aber als ich Weed ins Arbeitszimmer führe, schlägt er das Buch zu und springt auf.
    »Setz dich, mein Junge«, sagt er recht freundlich. Er zieht einen Sessel an den Tisch und bedeutet Weed, darin Platz zu nehmen. Ich kauere mich auf die mit Kissen gepolsterte Fensterbank. »Wenn du unter meinem Dach wohnen willst, muss ich ein paar Dinge über dich wissen. Wirst du dein Bestes tun, um meine Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?«
    Weed schaut erst zu mir, dann wieder zu Vater und nickt dann leicht.
    »Man nennt dich Weed. Hast du noch einen anderen Namen?«
    Weed schüttelt den Kopf.
    »Eine Familie? Eltern, Brüder, Schwestern?«
    Kopfschütteln.
    »Und was ist mit diesem Tobias Pratt? War er freundlich

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