Die Ponyapotheke
der Hand.
»Petra, Petra Jons, Großvater.« Fridolin schob mich nach vorn.
Der Großvater streckte mir die Hand entgegen. »Komm, mein Kind, Fridolin hat es mir schon erzählt. Er kennt dich von der Insel im Sommer. Setzt euch, da drüben.«
Ich saß auf einem kleinen Stuhl mit einer seltsam geschwungenen Lehne. Wie ein Traum. Das Pony im Garten und dieser Junge, Fridolin, der mit mir sprach, als wäre ich erwachsen, gar nicht herablassend oder frech und albern wie meine Brüder oder Jungen sonst. Der alte Apotheker! Sein Gesicht lag im Dämmer, nur die Brillengläser glänzten. Die dunklen Männer am Fenster.
Mein Herz klopfte. Fridolin stand neben mir, die Hand auf meine Schulter gelegt.
»Wir können jetzt anfangen, meine Herren. Mein Enkel soll über alles Bescheid wissen, und die junge Dame«, er wandte sich an mich - ich bekam rote Ohren -, »ist eine gute Bekannte, gehört zum Haus.« Er nickte mir zu.
Stühle rückten. Die Herren nahmen Platz an dem runden Tisch, dessen Platte glänzte. Einer der Herren, er trug eine schwarzgeränderte Brille, hüstelte.
»Herr Konitz, wir haben nun alle Ihre Einwände sorgfältig geprüft. Die Schriftstücke liegen bei den Akten. Aber nach sorgfältiger Überlegung mußte die Baukommission anders entscheiden.«
Hier machte der Brillenherr eine Pause und blickte den alten Apotheker an. Aber Fridolins Großvater verzog keine Miene.
Wieder räusperte sich der Brillenmann.
»Ihr Haus ist verehrungswürdig alt, Herr Konitz«, er verbeugte sich etwas dem Apotheker gegenüber, »trotzdem, das neue Stadtviertel ist nun einmal geplant. Wir hatten mehrere Anträge vorliegen. Die Entscheidung konnte bei Ihnen nicht anders ausfallen.«
»Meiner ist ein Sonderfall«, unterbrach die brüchige Stimme des alten Herrn Konitz. »Mein Haus ist nachweislich über zweihundert Jahre alt. Warum kann es nicht erhalten bleiben? Von mir aus, bauen Sie Ihre Hochhäuser, Ihre Brücken und Tunnel. Aber lassen Sie mir mein Haus. Als Sehenswürdigkeit kann es stehen bleiben. Ich habe Ihnen alles geschrieben.«
Die Stimme wurde klanglos und matt. Das Gesicht verschwand fast im Halbdunkel. Er hatte sich ganz zurückgelehnt.
»Zweihundert Jahre<, dachte ich. Hatte Vati mir auf der Insel nicht immer wieder erklärt, wie wichtig es sei, altes Kulturgut zu erhalten, als wir in der kleinen Schifferkirche saßen?
Und hier galt das nicht mehr?
Wußte er vielleicht gar nichts von diesem alten Haus?
Die Herren hatten höflich zugehört. Keiner hatte den Kopf geschüttelt oder das Gesicht verzogen. Ich beobachtete sie genau.
»Die Untergrundbahn führt unter Ihrem Haus entlang. Die Erschütterung, würde den alten Mauern schaden. Das Fundament hält nicht stand.«
»Dann verlegen Sie die Strecke.«
»Das ist nicht möglich. Die ersten Ausschachtungsarbeiten am Marienplatz haben bereits begonnen.«
Der Großvater schwieg.
»Herr Konitz«, fuhr jetzt der Brillenmann fort, »der Abbruch ist doch kostenlos für Sie, außerdem erhalten Sie im Hochhaus am Marienplatz eine neue, vollständig eingerichtete Apotheke.«
»Mit allen Annehmlichkeiten der Neuzeit«, mischte sich einer der anderen Herren ein.
»Ich will keine neue, vollständig eingerichtete Apotheke.« Herr Konitz stand auf. Jetzt war sein Gesicht nicht mehr blaß. Er stützte sich auf ,den Tisch. »Verstehen Sie denn nicht, meine Herren? Sie können mir gar nicht ersetzen, was ich mit den alten Mauern verliere. Zweihundert Jahre, wissen Sie, was das bedeutet?« Er schrie es fast. Fridolin machte eine Bewegung, als wollte er zu ihm.
»Das Haus bleibt stehen. Sie können mich nur mit Gewalt herausbringen, nur mit Gewalt. Guten Tag, meine Herren.«
Damit drehte er sich um und ging mit schnellen, staksigen Schritten zur Tür, die ins Nebenzimmer führte.
Die fremden Schattenmänner sahen sich an, zuckten die Schultern, murmelten etwas, was ich nicht verstand, und falteten ihre Papiere zusammen. Fridolin und mich schienen sie gar nicht zu sehen. Sie verließen das Zimmer und ließen die Tür offen.
Draußen auf dem Flur wartete eine kleine Frau und reichte ihnen die Mäntel.
»So eine Frechheit«, entfuhr es mir.
Fridolin zuckte die Achseln. »Man kann nicht viel machen, mein Großvater stellt sich alles zu einfach vor.«
»Er hat aber recht.«
»Sicher, von seinem Standpunkt aus. Und die Baukommission auch. Wie bringt man das zusammen?«
»Und der Garten und das Pony!« sagte ich. Warum gingen wir nicht zu ihm?
»Das Pony, darum
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