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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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Fernsehapparat ab, nur den Ton, das Bild ließen sie flimmern. Und wie drollig das war, kann ich euch gar nicht sagen. Eine Sängerin machte den Mund weit auf und sang und sang, und man sah, wie sie sich anstrengte, ich mußte mich sehr zusammennehmen, daß ich nicht herausplatzte. Aber Herr und Frau Shetland nickten und waren sehr interessiert und sagten, das hätten sie auch noch nicht gewußt von den Ponys und den Shetlandinseln. Was ich ihnen nicht glaube. Es war wohl mehr aus Höflichkeit.«
    »Du gibst aber an«, staunte Trudchen.
    »Stimmt«, erwiderte ich, »aber das mußte sein. Sie müssen unbedingt kommen, die Frau Shetland und der Doktor.«
    »Hat der auch keine Piekse?« erkundigte sich Trudchen ängstlich. »Ich will nicht gepiekst werden, ich bin nicht krank.«
    »Nein«, Fridolin lachte, »das ist ein Doktor für Häuser, der kennt nur Bagger und Steinbohrer und Betonmischmaschinen. Nun müssen wir mit dem Zuschauerraum anfangen. Wir haben noch vier Tage Zeit bis Sonntag. Das mit dem Heizen klappt. Merkt ihr, es ist heute schon viel wärmer. Frau Marogis hat die Klappe am Küchenofen aufgemacht. Aber im Keller liegen Bretter, die müssen heraufgetragen werden. Daraus machen wir Sitzbänke. Ob sie reichen, weiß ich nicht. Was ihr zu Hause entbehren könnt, Stühle, Hocker, alles willkommen.«
    »Hochedle, würdige Königin, wir werden deinen Anordnungen Folge leisten und alles auf dem Kopf durch die Gegend tragen«, versicherte Tom.
    Und dann rannten wir über die Treppe durchs Haus in den Keller. Immer wieder muß ich mich wundern, daß niemand schreit: »Ruhe, das ist nicht auszuhalten, dieser Krach!« So wie bei uns im Mietshaus, wenn man mal ein bißchen schneller läuft.
    Hier schien das niemand zu stören. Hier hatten alle gesunde Nerven. Bloß meine Nerven hielten nicht durch.
    Ich bekam plötzlich Angst, nicht vor dem Keller. Erstens gab es da unten Licht genug, auch Krach. Die Jungen konnten sich anscheinend nicht über die bequemste Art, die Bretter zu tragen, einigen. Nein, diese Angst war es nicht. Ich fürchtete mich vor mir selber. Ob das Lampenfieber war?
    Fredegunde behauptete, das finge tagelang vorher an. Jedenfalls blieb ich zurück und ging hinaus in den Garten. Es war herbstlich kühl. Die warmen Septembertage waren längst vergangen.
    Mein Herz klopfte und klopfte. Ich suchte Jonni. Wurde ganz aufgeregt, als ich ihn nicht fand. Endlich hörte ich ihn schnauben. Er scharrte hinter den Büschen an der Mauer. Was er da suchte, weiß ich nicht.
    »Jonni, komm, Jonni!« lockte ich leise. Die Jungen sollten mich nicht hören. Ich wollte allein sein.
    Das kleine Pony kam angetrabt. Es kennt mich und weiß, was ich will. Dicht vor mir blieb es stehen und sah mich ruhig an. Ich legte die Arme um seinen Hals und murmelte: »Du mußt bei mir bleiben.« >Viel fehlte nicht, daß ich zu heulen anfing< fuhr es mir durch den Kopf. Weil ich nicht weinen wollte, vergrub ich die Nase immer tiefer ins Fell und kümmerte mich nicht um die Schritte, die ich auf dem Kiesweg hinter mir hörte.
    >Fridolin<, dachte ich, >oder Fredegunde oder ein anderer. Sie wollen mich holen.<
    Es war keiner von ihnen. Eine Hand legte sich leicht auf meine Schulter, ich drehte mich um. Herr Konitz! Ein bißchen verfroren, trotz des Mantels, dem karierten Schal und der dicken Wollmütze. Eine richtige Schiffermütze mit einem Püschel oben, eine Jungenmütze. Darunter das alte zerfurchte Gesicht. Er sagte: »Ja, unser Jonni, nun ist es bald soweit.«
    »Was?« fragte ich.
    »Hörst du nichts?« Der alte Herr machte eine hilflose Bewegung.
    Es quietschte und ratterte und bumste. Ich nickte. Aber das war schon nichts Besonderes mehr. Das hörte man gar nicht mehr, ich wenigstens nicht, wenn ich durch den Stadtpark in die Sabinenstraße ging. Das war der Lärm vom Ausschachten und den vielen Maschinen, wenn man Häuser abreißt. Und in der Sabinenstraße wurden sie abgerissen.
    »Noch sind wir nicht dran«, sagte Herr Konitz. Ich wurde verlegen, weil er mit mir sprach, vernünftig, wie mit einem Erwachsenen. Jonni stand zwischen uns.
    »Aber der Bagger kommt näher, jeden Tag. Merkst du? Jonni spürt es. Er wird unruhig. Drüben an der Westseite der Mauer hält er sich fast nie mehr auf.«
    Das stimmte. Mein Lampenfieber wuchs. Oder warum wurden meine Hände plötzlich so heiß?
    »Wissen Sie«, hörte ich mich sagen, »das ist der Wind, der Wind trägt den Krach stärker herüber. Es ist noch lange nicht soweit. Im Zoo

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