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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Kopfbedeckungen in der Hand und umringten mit offenem Mund die linke Seitenkapelle. Sie standen so dicht gedrängt, dass Donna Olimpia Mühe hatte, sich einen Weg zu bahnen.
    Als die Schaulustigen sie erkannten, ging ein Raunen durch das Gotteshaus, und ehrfürchtig wich man zurück. Während sie durch die Menge schritt, betrachtete sie aufmerksam die Gesichter links und rechts. Überrascht stellte sie fest, dass die Römer Bernini offenbar das Missgeschick mit dem Glockenturm schon wieder verziehen hatten. War es vielleicht eine allzu voreilige Entscheidung gewesen, Borromini mit dem Bau des Brunnens zu beauftragen?
    Als sie den Altar endlich erblickte, wurde sie blass. Überflutet von Licht, das von allen Seiten auf die Figurengruppe einfiel, sah sie die heilige Theresa, hingesunken auf ein marmornes Wolkenbett, die Augen in Verzückung auf einen Engel über ihr gerichtet, der sie mit seiner Lanze zu bedrohen schien. Donna Olimpia brauchte keine Sekunde, um zu erkennen, wer für diese Heilige als Modell gedient hatte.
    »Du falsches Luder!«, flüsterte sie, während sie auf die Knie sank. »Du hinterhältiges Miststück …«
    Unwillkürlich tastete ihre Hand nach dem Rosenkranz. Die Sorge um Camillo, die Versöhnung mit den Barberini, die vielen Menschen um sie herum – alles war vergessen. Sie hatte nur noch Augen für diesen Altar. Was für ein widerliches Machwerk! Ausbund niedrigster Fleischeslust! In Stein verewigter Augenblick vollkommenen Lasters, getarnt als mystische Gottesschau … Von flammender Sehnsucht verzehrt, beseelt von der Hingabe an den himmlischen Bräutigam, bot der schwellende Leib sich dem lüstern lächelnden Cupido dar, begierig, seinen Speer zu empfangen, während das zerwühlte Gewand die Nacktheit des Fleisches darunter nur umso deutlicher ahnen ließ und die verzerrten, herabgezogenen Lippen sich so wollüstig öffneten, dass man das geile Stöhnen aus dem schamlosen Mund zu hören glaubte.
    »Ein Pfeil drang hin und wider in mein Herz«, murmelte Olimpia die Worte der Heiligen. Sie kannte sie auswendig, wieder und wieder hatte sie sie nachgesprochen, seit sie sie zum ersten Mal gelesen hatte. »Unendlich war die Süße dieses Schmerzes, und die Liebe erfüllte mich ganz und gar …«
    Es war ihr nicht möglich, die Augen von diesem Bild der Verderbnis zu lassen. Wie die Augen einer Ertrinkenden sich nicht von dem Anblick des unerreichbaren Ufers lösen können, so hing ihr Blick an diesem vor Leidenschaft zurückgeworfenen Haupt, an diesem Gesicht mit den vor Seligkeit verzückten Zügen, während die Eifersucht in ihr aufstieg wie eine brennende Säure. Diese Leidenschaft, diese Seligkeit – Clarissa musste sie genossen haben, in den Armen des Cavaliere! Und sie, Donna Olimpia, die mächtigste Frau Roms, verbrachte ihre Tage und Nächte an der Seite eines ewig mürrischen Greises, dessen Fleisch seit Jahren schon welk war und faul. Die Wut überkam sie mit solcher Macht, dass ihr schwindlig wurde.
    Um ihrer Erregung Herr zu werden, drückte sie den Rosenkranz fest an ihre Brust. Sie spürte nicht die Zacken des Kreuzes in ihrer Hand, die in ihr Fleisch eindrangen, so fieberhaft arbeiteten ihre Gedanken. Was sollte sie tun? Es gab nur eine Antwortauf diese Entdeckung: Sie musste die Hure aus dem Haus jagen! Mit der Peitsche, wie eine läufige Hündin! Doch war das wirklich die Lösung? Was passierte, wenn man eine Hündin auf die Straße trieb? Sie würde sich einen neuen Rüden suchen, um sich mit ihm zu paaren. Donna Olimpia umklammerte das Kreuz in ihrer Hand, als wolle sie es zerquetschen. Nein, Abtrünnige, die man bestrafen will, muss man bei sich haben, im eigenen Haus. Nur dann hat man Gewalt über sie, nur dann kann man vereiteln, dass sie sich der Bestrafung entziehen.
    Plötzlich spürte Donna Olimpia einen stechenden Schmerz. Sie wandte ihren Blick von dem Altar und sah auf ihre Hand: Blut quoll aus dem Fleisch und tropfte auf den Marmorboden hinab, wo, eingefasst in einen schwarzen Kreis, ein Totenkopf sie anlächelte, wie aus der Unterwelt emporgestiegen.

6
    Nur der Unrat auf den Straßen und Plätzen zeugte noch vom Karneval, der drei Tage und drei Nächte alle Schranken der Zucht und Selbstzucht aufgehoben hatte, damit die Menschen ihre Leidenschaften für ein Jahr in einem Gewitter der Lust und der Wut entladen konnten. Nun aber, am Aschermittwoch, kehrte wieder Ruhe in die Stadt und die Herzen ihrer Bewohner ein. Vierzig Tage der Besinnung und der Buße standen

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