Die Prinzen Von Irland
jungen Frau nicht verlangen, dass sie so tiefsinnig und weise wie ein
Druide ist.«
Aber
es war mehr als das. Seit seiner frühesten Kindheit war er, sobald er allein am
Ufer der Seen saß oder zusah, wie die rote Sonne unterging, stets von dem
Gefühl einer inneren Verbundenheit überwältigt worden, von einem Gefühl, dass
die Götter ihn zu einem besonderen Ziel ausersehen hatten. Manchmal erfüllte
ihn dies mit unaussprechlicher Freude; dann wieder erschien es ihm wie eine
unerträgliche Last. Zuerst hatte er angenommen, dass jeder dasselbe empfand,
und war ziemlich überrascht gewesen, als er entdeckte, dass dies nicht der Fall
war. Er hatte nicht den geringsten Wunsch, sich von den anderen abzusondern.
Aber im Laufe der Jahre waren diese Empfindungen nicht verschwunden, sondern
sogar noch stärker geworden. Und so kam es, dass er jedes Mal, wenn er einem
wohlmeinenden Mädchen in die Augen sah, von einer inneren Stimme verunsichert
wurde, die ihm sagte, dass sie eine Ablenkung war und ihn von dem Weg seiner
Bestimmung fortlockte.
War
dieses Mädchen mit den eigenartig grünen Augen nur eine besonders große
Ablenkung? Er glaubte nicht, dass sie sich in ihrer Art von den anderen Frauen
unterschied, denen er bisher begegnet war. Und doch hatte sich die warnende
Stimme, die ihn gewöhnlich verunsicherte, diesmal nicht laut genug gemeldet, um
an sein inneres Ohr zu dringen. Er fühlte sich zu dieser jungen Frau
hingezogen. Er wollte mehr über sie erfahren. Es dürfte Finbarr sonderbar
vorgekommen sein, dass er so lange gezögert hatte, bevor er seinen Wagenlenker
zu sich befahl, ein Paar seiner schnellsten Pferde an seinen leichten
Streitwagen schirrte und ohne zu sagen, wohin er fuhr, zur Hürdenfurt und dem
»dunklen Teich«, genannt Dubh Linn, aufbrach.
Er
sah sofort, dass Fergus’ Bauernhof ein eher bescheidenes Anwesen war, und dies
schien ihm seinen Besuch zu erleichtern. Hätte er einen Häuptling besucht, so
hätte sich die Nachricht nämlich wie ein Lauffeuer über die ganze Insel
verbreitet. Nun aber überquerte er die Hürden, registrierte insgeheim, dass sie
dringend der Ausbesserung bedurften, und gelangte so auf ganz natürliche Weise
zu dem Rath des Fergus, um dort um eine Erfrischung zu bitten, bevor er weiter
seiner Wege zog.
Sie
traf ihn am Eingang des Hofs. Nachdem sie ihn höflich begrüßt und sich für die
Abwesenheit ihres Vaters entschuldigt hatte, der auf der Jagd sei, führte sie
ihn ins Haus und bot ihm die gewohnte Bewirtung für einen Reisenden an. Als man
das Bier brachte, schenkte sie ihm persönlich ein. Ganz ruhig und höflich
erwähnte sie ihre Begegnung auf dem Lughnasa–Fest, und doch schien ihm, als
hätte dabei ein Lächeln in ihren Augen aufgeleuchtet. Sie war wirklich noch
bezaubernder, als er sie in Erinnerung hatte. Er fragte sich gerade, wie lange
er seinen Besuch wohl ausdehnen durfte, als sie wissen wollte, ob er sich nach
dem Überqueren der Furt den dunklen Teich angesehen hatte, der dem Ort seinen
Namen gab.
»Nein«,
log er. Und als sie ihn fragte, ob sie ihm den Teich zeigen solle, sagte er mit
Freuden »Ja«.
Sei
es, dass die Blätter der Eiche, die über dem Teich stand, sich in ein goldenes
Braun verfärbt hatten oder dass es ein besonderes Licht an diesem Tag war,
jedenfalls befiel Conall, während er mit Deirdre so dastand und von dem steilen
Ufer hinabblickte, eine flüchtige Furcht, die dunklen Wasser des Teichs würden
ihn im nächsten Moment unausweichlich in bodenlose Tiefen hinabziehen. Natürlich
hatte jeder Teich etwas Magisches an sich. Verborgene Eingänge unter seinen
Wassern konnten hinabführen in die Anderswelt. Dies war der Grund, weshalb die
Opfergaben für die Götter in Form von Waffen, Kultkesseln oder goldenem Schmuck
so häufig in ein Wasser geworfen wurden. Aber Conall hatte in jenem Augenblick
das Gefühl, als stelle der dunkle Teich von Dubh Linn für ihn eine
rätselhaftere und namenlose Bedrohung dar. Nie zuvor hatte er ein solches
Gefühl von Angst verspürt und wusste kaum, wie er es deuten sollte.
Die
junge Frau an seiner Seite schmunzelte.
»Außerdem
haben wir hier noch drei Quellen«, bemerkte sie »Eine von ihnen ist der Göttin
Brigid geweiht. Möchtet Ihr sie sehen?«
Er
nickte.
Sie
sahen sich die Quellen an, die lieblich auf dem Hang oberhalb des Liffey
sprudelten. Dann gingen sie über die offene Wiesenfläche wieder zurück zum
Rath. Und als sie ein paar Schritte gegangen waren, wurde Conall auf
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