Die Prinzen Von Irland
wickelte der Mönch das Tuch ab, in das die kleine, vom Alter
geschwärzte Holzschatulle eingeschlagen war, und stellte sie auf den Tisch.
Voll Ehrfurcht hob er den Deckel, und es zeigte sich in ihr eine weitere
Schatulle; diese war aus Silber und oben mit Edelsteinen besetzt.
»Sie
kommt aus der Kirche des Sankt Kevin in Dublin«, sagte er leise. »Sie enthält
den Fingerknochen des heiligen Kevin von Glendalough.«
Und
während sie alle voll heiliger Scheu auf die Edelsteindose blickten, hörte Eva,
wie ihr Mann leise zischend einatmete.
»Wollt
Ihr, Sean O’Byrne, nun Eure Hand auf Sankt Kevins Körper legen und schwören,
dass Ihr nie Fleischeslust mit Brennans Frau erlebt habt«, bat ihn der Mönch
ruhig. »Wollt Ihr das?«
Es
herrschte Stille. Die drei sahen ihn an. Sean schaute zuerst zum Mönch, dann
auf die kleine Schatulle. Einen Moment lang schien es, als
wolle er wahrhaftig die Hand vorstrecken.
Doch
trotz all seiner Vergehen hatte Sean noch immer eine gesunde Furcht vor Gott
und der Macht seiner Heiligen. Nach quälendem Zögern blickte er die drei
finster an und zog seine Hand zurück.
»Ihr
könnt es nicht«, sagte der Mönch. »Und Ihr solltet froh darüber sein. Denn
hättet Ihr es gekonnt, Sean O’Byrne, wäre dies eine so schreckliche Sünde
gewesen, dass Euch nichts vor dem ewigen Höllenfeuer hätte retten können. Dankt
Gott, dass Ihr es nicht getan habt.«
Falls
Sean O’Byrne Gott dankte, ließ er es sich nicht anmerken. Als der Mönch den
Deckel der kleinen dunklen Holzschatulle wieder schloss, saß Sean mit finsterem
Blick am Tisch und sagte kein Wort. Schließlich sprach Eva.
»Die
Brennans werden gehen. Seamus kann ihren Hof übernehmen.«
Sean
drehte sich zu ihr und sah ihr starr ins Gesicht.
»Ich
entscheide darüber«, sagte er.
»Du
kannst entscheiden, was du willst«, entgegnete sie ihm. »Doch wenn die Brennans
bleiben, bin ich diejenige, die morgen geht.« Es war ihr Ernst damit, und das
spürte er. Sie hatte alles überdacht. Sie würde den kleinen Fintan und die jüngste
Tochter mitnehmen; die älteren Kinder könnten bleiben. Sean würde daran nichts
ändern können. Alles wäre besser, als hier bei Sean und Brennans Frau zu
bleiben, die sie jeden Tag verhöhnten.
Es
herrschte Schweigen, das schließlich Vater Donal brach.
»Es
wäre gut für Seamus, dieses Land zu haben«, bemerkte er.
Wieder
Schweigen.
»Ich
verlöre Brennans Pachtzins.«
»Das
Land könnte dir noch mehr wert sein«, meinte der Priester.
»Die
Brennans müssen gehen«, sagte O’Byrne endlich, als gewönne er durch diese Worte
die Kontrolle über die Situation zurück. »Sie sind nur tenants–at–will ,
Pächter ohne Vertrag. Sie können jederzeit weggeschickt werden.« Er sah Eva an,
die leise nickte. »Ich werde ihnen sagen, dass wir den Hof für Seamus
brauchen.«
* * *
Am nächsten Tag
wurden die Brennans fortgeschickt. Zur Erklärung sagte man ihnen, ihr Hof würde
für den jungen Seamus benötigt. Unklar blieb, ob Brennan es glaubte oder nicht.
So
verließen die Brennans auf der Suche nach einem anderen Ort den Hof, und der
junge Seamus O’Byrne machte sich ihre Hütte zu seinem Zuhause, und Eva gewann
ihre Würde zurück.
Bevor
der Mönch aufgebrochen war, hatte er dem Paar einen guten Rat gegeben. »Ihr
habt das Richtige getan«, sagte er zu Sean. »Ihr habt eine gute Frau, und ich
hoffe, Ihr seid klug genug, das zu erkennen. Und Ihr«, sagte er zu Eva gewandt,
»habt einen guten Mann. Merkt es Euch und ehret ihn.«
In
den folgenden Wochen und Monaten hatte sie ihr Möglichstes getan, diesem Rat zu
folgen und für ihren Mann in jeder Hinsicht liebenswert und anziehend zu sein.
Es schien zu funktionieren. Er wurde ganz liebebedürftig, wenn nicht gar
liebevoll. Und Gott weiß, dachte sie, auch dafür darf man dankbar sein. Während
dieses Winters und auch danach hatte sie keinen Anlass zu bedauern, was sie
getan hatte.
Ihr kam nicht in den
Sinn, dass in Sean O’Byrnes Kopf nur der eine Gedanke herrschte: Er, Sean
O’Byrne von Rathconan, ein Fürst unter Männern, war überlistet und gedemütigt worden.
Man hatte ihm seine Position genommen. Er war nicht mehr Herr im eigenen Hause.
Das war alles, was er wusste; doch er sagte nichts.
IX
DER AUFSTAND
~ 1533 ~
C ecily hätte in den Jahren nach ihrer Hochzeit
eigentlich glücklich sein sollen; und sie war es auch auf eine Art. Sie liebte
ihren Mann. Sie hatte zwei kleine Töchter. Tidys Geschäft gedieh: Er stellte
die
Weitere Kostenlose Bücher