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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Techniker am Eingang der Anlage grinsend erklärt hatte. Charlie verlangsamte seine Schritte. Je mehr er sich dem Haus näherte, desto unsicherer wurde er. Als er endlich den Mut aufbrachte, zaghaft an der Tür zu klopfen, erwartete er nichts Anderes als einen ausgesprochen kratzbürstigen Empfang. Aus dem Innern drang Musik, Vivaldi, der Sommer, wenn er sich nicht täuschte. Die Melodie hatte ihn während des Studiums nächtelang im Kopfhörer begleitet, zur Verstärkung des Lerneffekts. Barockmusik als geistiger Katalysator, damit man den Stoff mühelos assimilierte. Es hatte leider nicht geklappt. Der einzig nachweisbare Effekt war die bleibende und tiefempfundene Abneigung gegen Vivaldi und seine Zeitgenossen. Er klopfte lauter. Die Musik wurde etwas leiser gedreht und die Tür öffnete sich.
    »Es liegt unterschrieben in deinem Inputfach«, rief Lauren, noch bevor sie den Kopf herausstreckte.
    »Vielen Dank, und wo finde ich mein Eingangskörbchen?«
    »Charlie! Ich dachte ...« Sie starrte ihn an wie ein Gespenst.
    »Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken«, entschuldigte er sich mit verlegenem Grinsen. Wie wunderschön sie doch war, barfuss in ihrem zitronengelben Sommerkleidchen, das Haar noch feucht vom Duschen, eine freche Strähne über dem Auge und die Wangen herrlich gerötet. Sprachlos stand sie vor ihm, als hätte er sie bei etwas Unanständigem erwischt. Nur überrascht war sie, nicht enttäuscht, gut. Seine Selbstsicherheit kehrte allmählich zurück. Linkisch streckte er ihr das Päckchen entgegen, das er auf Daisys Rat in München gekauft hatte. »Darf ich reinkommen?«
    »Klar – natürlich – komm herein«, stammelte sie. »Freut mich, dich zu sehen. Nimm doch Platz.« Plötzlich hatte sie es sehr eilig. »Ich bin gleich zurück«, rief sie und war auch schon verschwunden. Er hörte, wie sie den Föhn einschaltete. Steif saß er am Tisch in der engen, dunklen Stube. Als sie zurückkam, trug sie Schuhe und hatte ihr Haar ordentlich gekämmt.
    »Schade«, bemerkte er schmunzelnd. »Das Mädchen hat mir auch ganz gut gefallen.«
    »Bist du nicht zu alt für Mädchen?«, lachte sie. Nervös klaubte sie das Geschenkpapier vom Päckchen. »Dallmayr Birnensenfsauce!«, rief sie aus, als sie das Glas in der Hand hielt. Strahlend beugte sie sich über den Tisch und gab ihm einen herzhaften Kuss. »Du bist ein Schatz.«
    »Soll zum Käse passen, den du so gerne magst, habe ich mir sagen lassen«, murmelte er verlegen. Sie musterte ihn belustigt.
    »Renate?«
    »Daisy. Ich war bei ihr wegen der Sache mit Michael.«
    »Michael? Was ist mit ihm?«, fragte sie betroffen, alarmiert durch sein ernstes Gesicht. Diesmal ließ er die grausamen Details weg. Schlimm genug, dass er ihr vom gewaltsamen Tod ihres Schwagers berichten musste.
    »Wie hast du überhaupt sein Wohnhaus gefunden?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Francesca, ich fand zufällig ihre Visitenkarte und habe sie angerufen.«
    »Ach – so war das«, seufzte sie, als fiele ihr ein Stein vom Herzen.
    »Was meinst du?«
    »Ach, nicht so wichtig«, wehrte sie ab. Er wusste genau, wovon sie nicht reden wollte und war glücklich darüber. »Sehr anständig von dir, den weiten Weg hierher zu machen, um mich zu informieren«, sagte sie schnell, um vom Thema abzulenken.
    »Da – ist noch etwas«, antwortete er zögernd.
    »Aha, jetzt lässt der gute Charlie die Katze aus dem Sack«, spottete sie. Er verwünschte seine Unbeholfenheit, hätte sich einen wesentlich eleganteren Übergang vorgestellt, aber es war schon zu spät. Umständlich brachte er sein Anliegen vor, und wieder überraschte ihn ihre Reaktion.
    »Die UNEP will über unsere Arbeit berichten? Das ist großartig. Du wirst staunen, was hier alles läuft. Unsere Dünnschichtmodule haben sich bis jetzt von A bis Z bewährt. Klar ist es noch zu früh für gültige Schlussfolgerungen, aber wir haben allen Grund zur Freude. Ich werde dir morgen die große Anlage zeigen. 250 Hektaren haushoher Solarzellenmodule mit einer Leistung von 45 Megawatt. Das ist schon erstaunlich, aber unsere bisherigen Messungen beweisen, dass wir mit unserer neuen Technologie bei gleicher Größe 400 bis 500 Megawatt erreichen, schon fast ein halbes Atomkraftwerk. Ganz zu schweigen von den bescheidenen Herstellungskosten.« Die Begeisterung in ihren Augen steckte ihn an. Er kannte dieses seltene, für den Laien vollkommen unverständliche Gefühl des Forschers nach einem entscheidenden Durchbruch.
    »Das hört

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