Die Probe (German Edition)
benutzen. Ich bin praktisch nur hier zum Schlafen, und Renate ist schon wieder auf Geschäftsreise in Übersee. Du glaubst nicht, wie der Laden brummt. Wir werden unsere Schulden schon bald vorzeitig zurückzahlen können. Aber du bist sicher nicht hier, um die Wohnung zu bewundern.« Er schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck wurde ernst, als er schleppend antwortete:
»Das – könnte Probleme geben.«
»Was?«
»Zurückzahlen. Michael ist tot, und niemand weiß, was mit seiner Firma geschieht.« Sie hörte ihm stumm und mit versteinerter Miene zu, als er ihr ungeschminkt schilderte, was in der Schweiz geschehen war. Eine Weile war es still, als er geendet hatte, dann stand sie auf und ging zur Hausbar. Mit zwei Gläsern und einer Flasche Penderyn kehrte sie zurück. Während sie den walisischen Single Malt Whisky eingoss, murmelte sie tonlos:
»Das hat er nicht verdient. Niemand hat so etwas verdient.« Sie trank ihren Shot in einem Zug. »Vidal! Du glaubst dieser Vidal steckt dahinter?«
»Ich bin sicher, obwohl ich keine Beweise habe.« Sie füllte nach.
»Und jetzt? Was heißt das nun für uns?«
»Es liegt alles in den Händen seines Anwalts. Ihr müsst mit ihm Kontakt aufnehmen.« Er zog den Zettel mit der Anschrift aus der Tasche, den er auf dem Polizeiposten in Pfäffikon eingesteckt hatte. Beide saßen in Gedanken versunken vor ihren Gläsern, bis er sich einen Ruck gab und den wahren Grund seines Besuchs andeutete: »Ich sollte mit Lauren sprechen.« Sie musterte ihn überrascht, und als er verlegen den Blick senkte, antwortete sie schmunzelnd:
»Ja, das solltest du zweifellos.«
»Wegen Michael, meine ich.«
»Klar.« Machte sie sich lustig über ihn? Er fühlte sich durchschaut, und das ärgerte ihn. Er wollte eine spitze Bemerkung machen, doch sie kam ihm zuvor. »Hast du sie denn nicht mehr gesehen seit unserem letzten Treffen?« Er deutete nur schweigend auf sein leeres Glas, und sie goss einen großzügigen Schuss nach.
»Sie hält nicht viel von meinen Anrufen, und jetzt ist sie offenbar in Portugal beschäftigt«, sagte er nach einem kräftigen Schluck. Er klang mutlos, doch es kümmerte ihn nicht mehr. Sollte sie ruhig erfahren, wie sehr ihn Laurens Gleichgültigkeit schmerzte. »Ich brauche wieder einen Auftrag, der mich auf andere Gedanken bringt«,seufzte er frustriert. Seine letzte Bemerkung schien sie ungemein zu erheitern. »Was grinst du so blöd?«
»Das muss ein genetischer Defekt sein bei euch Männern. Jedenfalls bestätigst du das gängige Vorurteil wunderbar.« Er glotzte sie verständnislos an. »Ihr seid Weltmeister im Davonlaufen, wenn es um Beziehungen geht.« Er versuchte gar nicht erst, sich zu entrüsten. Auch wenn sie nicht gerade Expertin für das andere Geschlecht war, hatte sie sein Problem doch genau auf den Punkt gebracht. Vielleicht hatte ihn schon damals nicht sein vorbildlicher Charakter daran gehindert, weiter um Lauren zu werben. Vielleicht war er einfach zu träge oder nachlässig gewesen, um seine große Liebe zu kämpfen, an der Beziehung zu arbeiten. Müde fragte er schließlich:
»Und, was soll ich deiner Meinung nach tun?« Ihre Antwort kam so schnell, als hätte sie die ganze Zeit auf diese Gelegenheit gewartet:
»Beides miteinander verbinden.«
»Wie soll das gehen?«
»Lauren arbeitet an einem bahnbrechenden Projekt in Portugal. Die ganze Einrichtung dort ist derzeit die größte und wichtigste Fotovoltaikanlage der Welt. Das sollte doch Grund genug sein für einen fundierten Bericht der UNEP. Der Jahresbericht muss ja nicht nur negative Beispiele enthalten.« Der Gedanke machte durchaus Sinn, aber er kannte die umtriebige Daisy zu gut, um nicht gleich misstrauisch zu werden.
»Ich dachte, du arbeitest nicht mehr für die Organisation«, grantelte er.
»Ich nicht, aber du, und ich habe noch ein paar gute Kontakte in London.« Ihr unschuldiges Gesicht sprach Bände.
»Du hinterlistige Kupplerin!«, platzte er heraus. »Du willst, dass die mich nach Portugal schicken. Du hast doch nicht ...«
»Gar nichts habe ich getan«, wehrte sie lachend ab. »Aber du musst zugeben, die Idee ist nicht schlecht, nicht wahr? Ich denke, mit dem Vorschlag würdest du bei der Organisation offene Türen einrennen.«
Dieses raffinierte Luder. Kopfschüttelnd murmelte er: »Das nennt ihr wohl weibliche Intuition.« In Gedanken hatte er die Koffer schon gepackt.
Amareleja, Portugal
Das schwarze Haus musste es sein. Das einzige schwarze Haus, wie ihm der
Weitere Kostenlose Bücher