Die Probe (German Edition)
unsere Investition wieder Früchte trägt, nach dem Debakel in Brasilien.«
»Die Wirtschaft zieht langsam wieder an nach der großen Rezession. Energie ist gefragt wie nie zuvor, viel Energie«, sinnierte der Besucher. »Gleichzeitig muss man mit allen Mitteln die Abhängigkeit vom Öl reduzieren. Ich denke, die Entdeckung kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Saitou sollte sich auf die Kernenergie konzentrieren.« Nakamura dachte auch in dieser Richtung, aber war sich noch nicht sicher.
»Ich höre die Botschaft, und ich glaube, Sie haben recht. Aber der Bereich Alternative Energy scheint auch rasante Fortschritte zu machen.«
»Solarenergie?«, fragte der Besucher zweifelnd. »Es wird noch lange dauern, bis sie nennenswert zum Gewinn beiträgt.«
»Nicht, wenn ein großer Durchbruch gelingt«, antwortete Nakamura mit hintergründigem Lächeln. Der Besucher fragte nicht nach, das wäre als aufdringlich und unanständig empfunden worden. Nakamura erwartete noch einen Gast, der ihn aus erster Hand über dieses Thema aufklären würde. Er sagte darum nur: »Warten Sie ab.« Kurz darauf erschien ein junger Mann, grüsste ehrfurchtsvoll und flüsterte seinem Herrn etwas ins Ohr. »Unser Informant ist da«, bemerkte Nakamura zum Besucher gewandt. Ein hagerer Mann mit schwarz glänzendem Haar trat mit gesenktem Blick auf Nakamura zu und machte eine tiefe Verbeugung. Ohne den Hausherrn anzusehen, wartete er, bis er angesprochen wurde.
»Suzuki-san, setzen Sie sich«, sagte Nakamura kühl und deutete auf einen Platz zu seiner Linken. Kichi setzte sich dem ersten Gast gegenüber an den Tisch. Er war sichtlich nervös. Man sah ihm an, dass er Angst hatte. »Sie haben interessante Neuigkeiten für uns?«, fragte Nakamura, ohne ihm den anderen Gast vorzustellen.
»Nakamura-san – ich habe – die Büros und das Computernetzwerk durchsucht ...«, begann er mit zittriger Stimme, ohne aufzublicken.
»Die Probe?«, unterbrach er ihn unwirsch.
»Hai, hai ...« - »Ja, ja ...«
»Wo ist sie?«
»Ich habe sie nicht, Nakamura-san. Sie ist verschwunden. Niemand weiß etwas davon, nur Dr. Griffith, und die ist in Europa.« Reglos wartete Kichi auf die gefürchtete Antwort. Der Hausherr warf ihm einen verächtlichen Blick zu und wiederholte spöttisch:
»Verschwunden. Die Probe hat sich in Luft aufgelöst, nehme ich an?« Er wandte sich an den Besucher zu seiner Rechten: »Heute werden wir wohl nichts Neues über den zu erwartenden Durchbruch erfahren, was meinen Sie, Monsieur Vidal?«, und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er Kichi an, der inzwischen noch ein paar Stufen blasser geworden war: »Das sind schlechte Nachrichten, aber ich bin sicher, das nächste Mal bessere zu hören.«
»Hai, hai!«
Nakamura lehnte sich entspannt zurück. Auf seinem Gesicht erschien wieder das verklärte Lächeln. Auf ein Handzeichen erschienen zwei Frauen, eine in knappem, schwarzem Cocktailkleid, die andere trug einen sehr kurzen blauen Faltenrock, eine weiße Bluse und weiße Söckchen. Die Damen nahmen kichernd an seiner Seite Platz.
»Sie haben sicher nichts dagegen, wenn uns Aiko und Keiko zum Essen Gesellschaft leisten.« Er winkte den jungen Diener herbei und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Kurz darauf trugen zwei traditionell gekleidete Dienstmädchen schwarz glänzende Schalen auf. Nakamura schlürfte die heiße Suppe lautstark, und die Tischgenossen taten es ihm gleich. Die Prozedur verhinderte, dass man sich den Mund verbrannte. Der Hauptgang war ein Fischgericht. Als die Mädchen die formvollendet angerichteten Speisen vor die Gäste stellten, nickte der Hausherr wohlgefällig, was seine zwei Begleiterinnen sofort mit einem Kichern hinter vorgehaltener Hand beantworteten.
»Ihr Koch ist ein Meister, Nakamura-san«, sagte Vidal anerkennend nach den ersten paar Bissen. »Ist das Seeteufel?«
»Schmeckt ähnlich«, stimmte Nakamura lächelnd zu. »Aber es ist ein ganz besonderer Fisch.« Er wandte sich an die Frau im schwarzen Kleidchen: »Aiko, willst du unseren Gast nicht darüber aufklären, was wir hier genießen?« Wieder kicherte sie verlegen, dann sagte sie: »Fugu«, und hielt sich schnell die Hand vor den Mund.
»Fugu, das Fleisch des tödlichen Kugelfisches«, nickte Vidal sinnend. »Sie erweisen uns eine große Ehre.« Kichi hatte aufgehört zu essen, als er hörte, was auf seinem Teller lag, aber der Gastgeber schmatzte genussvoll weiter. Als sein Hunger gestillt war, legte er die Essstäbchen befriedigt beiseite und
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