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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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und kosteten daher weniger. Andererseits konnte der Kurs von Saitou leicht wieder in den Bereich um 965 steigen nach Bekanntgabe der Schürfrechte, und dieses Gewinnpotenzial wollte er mit seiner neuen Aktion voll ausschöpfen. Seine Optionen sollten eine Leverage von 500% haben.
    Die Zahlen des Optionsrechners sprachen eine deutliche Sprache. Beim aktuellen Kurs der Aktie von 850 Yen kostete eine solche Option mit Barrier 750, Ausübungspreis 880 und Leverage Faktor 500% 175 Yen oder 1.792 Dollar. Wenn der Saitou Kurs nun während der Laufzeit zum Beispiel auf 980 stieg, was durchaus realistisch war, würde ihm bei Ausübung fünfmal die Differenz 980 – 880, also 500 Yen pro Option ausbezahlt. Er plante 200 Millionen Optionen zu kaufen. Das kostete insgesamt etwas mehr als 358 Millionen Dollar. Das Gewinnpotenzial lag aber bei 200 Millionen mal 500 Yen, also über einer Milliarde Dollar. Reingewinn in diesem Fall: mehr als 650 Millionen Dollar, fast das Doppelte des Einsatzes. Michael liebte solche Aktionen. Es würde wieder eine sehr lange Nacht werden.
     

KAPITEL 5
     
Osaka
    E in strahlend blauer Himmel voll weißer Schäfchenwolken spiegelte sich in den Fenstern gegenüber. In Gedanken versunken schaute Lauren den langsam vorbeiziehenden Wattebäuschen nach. Der strahlende Tag, ein Vorbote des nahenden Sommers, wollte ganz und gar nicht zu dem passen, was sie eben hörte.
    »Ein ziemlicher Schock, nicht wahr?«, sagte Renate mit gedämpfter Stimme, nachdem sie ihren Bericht beendet hatte.
    »Ich weiß nicht.« Lauren zögerte. »Schock ist nicht das richtige Wort. Ich bin wohl einfach enttäuscht. Vielleicht habe ich so was befürchtet. Dass es undurchsichtige Geldströme gibt in vielen großen Betrieben war mir schon klar, aber irgendwie habe ich gehofft, Saitou sei nicht betroffen. Diese Yakuza scheint mehr Einfluss zu haben als ich angenommen habe.«
    »Würde mich nicht wundern, wenn dieser Nakamura direkt die Strategie der Geschäftsleitung festlegte.«
    »Nicht auszuschließen«, stimmte Lauren zu. Die neusten Entscheide deuteten jedenfalls in die Richtung auf kurzfristige Gewinnoptimierung. »Wie es aussieht, scheint den Saitou Managern das langfristige strategische Denken abhanden gekommen zu sein«, sagte sie bitter. »Sie pumpen neuerdings alle Mittel in die Förderung der Kernenergie. Das Budget für alternative Energien ist nur noch Makulatur.«
    »Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht. In Australien richten sie offenbar mit der ganz großen Kelle an, hat mir Daisy gesagt.«
    »Daisy – ihr scheint einen guten Draht zueinander zu haben«, bemerkte Lauren spöttisch. Renate schlug die Augen nieder. Ein Hauch von Röte huschte über ihre Wangen. »Ist sie schon auf dem Gelände?«
    »Nein, sie ist noch in Adelaide, bespricht sich dort mit den lokalen Kontaktleuten.« Renate wechselte abrupt das Thema. Es schien ihr peinlich zu sein, über Daisy zu sprechen. »Was heißt das nun für unsere Arbeit?« Lauren zuckte die Achseln und antwortete zögernd:
    »Es ist noch nicht endgültig entschieden, aber wir müssen damit rechnen, dass wir das Kombinationsmikroskop und den Laserscanner vergessen können.«
    »Was?« Ihre Assistentin schaute sie ungläubig an. »Wie sollen wir denn das Kristallwachstum in Echtzeit messen und kontrollieren ohne den Laserscanner? Das können die nicht machen.«
    »Und Mai und Tommy sollen abgezogen werden«, fuhr sie ungerührt fort.
    »Das ist jetzt aber ein schlechter Scherz, oder?« Renate war wütend. »Auf Tommy könnten wir noch verzichten, aber Mai? Er ist Spitze in der Datenanalyse.«
    »Du sagst es«, seufzte Lauren. »Allerdings ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
    »Wie wahrscheinlich?«
    »Siebzig Prozent, vermute ich – mindestens.« Renate schnaubte verächtlich. Sie selbst hatte genau gleich reagiert, als sie die schlechten Nachrichten stückweise und zum Teil in kaum verständlicher Umschreibung vernommen hatte.
    Es war ihr ohnehin nicht leicht gefallen, ihre alte Heimat in Wales wieder zu verlassen, obwohl nur noch der stets fröhliche Onkel Ed, der Bruder ihrer Mutter, dort lebte. Seither hatte sie manchmal das Gefühl, dort ein anderes, besseres Leben zurückgelassen zu haben. Auslöser war nicht das beschauliche Städtchen im Grünen, auch nicht ihr Elternhaus, das jetzt ein schmuckes Gasthaus geworden war, das wusste sie sehr wohl. Und kaum war sie zurück an der Arbeit in Osaka, begannen sich die Hiobsbotschaften zu häufen, als wollte

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